Projekt der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg Hunde erschnüffeln Coronaviren in Rheinbach
Rheinbach · An der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg machen sich Spürhunde in einem Doppelblind-Test auf die Suche nach Coronaviren. Ihre Trefferquote ist erstaunlich hoch.
Dass Hunde dank ihres ausgeprägten Geruchssinns Krankheiten wie Krebs oder Diabetes erkennen können, ist bekannt. Seit Jahren forscht die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (HBRS) am Institut für Sicherheitsforschung (ISF), wozu Hundenasen fähig sind. Auf dem Rheinbacher Campus der HBRS haben sich nun Spürhunde in einem Doppel-Blindversuch auf die Suche nach SARS-CoV-2-Viren begeben. Das Braunschweiger Unternehmen AWiAS hat das Projekt „Track dog“ initiiert und treibt die Studie gemeinsam mit der HBRS und der Universitätsmedizin der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz voran.
An langer Leine begibt sich der rund drei Jahre alte Schäferhund-Mix namens Drago selbstsicher von Röhre zu Röhre, hält kurz an Metallrohr Nummer drei inne, schreitet die Reihe zügig zu Ende ab und kehrt dann zu dem bereits anvisierten Rohr zurück. Optisch wirken die rund 15 Zentimeter langen Metallröhren, die auf kleinen Metallplatten an einer Wand in der Mensa der HBRS aufgereiht nebeneinanderstehen, unscheinbar.
Doch in einer dieser Konstruktionen befinden sich inaktivierte Covid-19-Viren, vier Röhren sind mit negativen Proben bestückt, eine ist leer. Derjenige, der die positive Probe positioniert hat, befindet sich nicht im Raum, um eine Einflussnahme auszuschließen. Auch Hundeführer Daniel Jannett weiß nicht, wo der spezifische Geruch zu finden ist.
Hund kann tricksen
„Das ist purer Stress für mich, denn wir beide bilden ein Team“, sagt Jannett und beschreibt den Unterschied zum alltäglichen Training, bei dem er seinen vierbeinigen Partner genau im Blick hat und spürt, wenn der Hund unkonzentriert ist und er den Lauf abbrechen muss. „Drago ist auch schon mal ein Kartenzinker und orientiert sich gerne daran, wo er beim letzten Mal angezeigt und geschleckt hat“, berichtet Dragos Trainer.
Die sensiblen Nasen mit dem ausgeprägten Geruchssinn erklären den hohen Trainingsaufwand, bei dem es zu beachten gilt, dass die Konstruktionen regelmäßig aufwendig gereinigt und auch in unterschiedlichen Reihungen aufgestellt werden. Im Rahmen des Doppel-Blindversuchs stellt die Detektionsforschung vom ISF auch sicher, dass in der Umgebung nach den Tests keine Gerüche mehr nachgewiesen werden können. Das ermöglicht, die zweitägige Studie in demselben Raum stattfinden zu lassen.
„Die Auswertung wird erst in ein paar Tagen vorliegen“, sagt Peter Kaul, Direktor des ISF. Das Virus selbst gebe keinen Geruch ab, erläutert der Professor für Physik, Statistik und Messtechnik. Bei einer Infektion verändern sich allerdings die Zellen im Körper. „Das ist unsere einzige Chance, über den Geruch analytisch etwas zu bekommen“, weiß Kaul.
Viren haben spezifischen Geruch
Ziel des Doppel-Blind-Tests ist es, herauszufinden, ob die Ausbildung mit dem Trainingsmaterial funktioniert hat. Durch chemisch-analytische Untersuchungen flüchtiger Stoffe aus den Proben können sie bestimmen, welche dieser Stoffe für den spezifischen Geruch inaktivierter SARS-CoV-2-Viren verantwortlich sind. „Ich hatte von derartigen Studien in Großbritannien gehört und kam dann zu Beginn der Pandemie im letzten Jahr auf die Idee, Sprengstoffhunde in diese Richtung auszubilden“, erläutert Annette Wiedemann als Geschäftsführerin von AWiAS. Dass das RKI und die Bundesregierung damals kein Interesse an ihrer Initiative zeigten, habe sie nicht davon abgehalten, das Projekt zu realisieren.
Ihr Unternehmen für Luftfahrtdienstleistungen mit einem Schwerpunkt im Sicherheitsbereich fand in der HBRS und der Universitätsmedizin Mainz die passenden, wissenschaftlichen Kooperationspartner, um das Projekt medizinisch, analytisch und konditionierend aufeinander abgestimmt zu verwirklichen. Auch die Ethikkommission Rheinland-Pfalz hat ihren Segen für die Forschungen gegeben.
Erfolgsquote: Mehr als 90 Prozent
Erst seit zwei Monaten haben sich die beiden unternehmenseigenen Hundeführer Markus Holtmann und Daniel Jannett täglich damit beschäftigt, die ausgebildeten Sprengstoffhunde namens Rebell und Drago für den Geruch von Coronaviren zu sensibilisieren. „Da geht es erstmal viel um Konditionieren und Rekonditionieren, denn auch das Abstrichmaterial sondert natürlich Gerüche ab“, gibt Jannett zu bedenken. „Das müssen die Hunde erst einmal differenzieren“, sagt der Hundeführer und erläutert das ausgeklügelte Training, bei dem die Tiere auf den Geruch des positiven Materials konditioniert werden.
Nachdem die Spürnasen in der ersten Phase rund 200 Mal Kontakt mit positiven Proben hatten, beinhaltetet die Phase zwei die Differenzierung. Die Erfolgsquote lag laut Wiedemann bei mehr als 90 Prozent. Im Doppel-Blindversuch der Phase drei wurden die Hunde nun mit positiven und negativen Proben konfrontiert.