Rheinbacher Geschichte Das Flamersheimer Hexenprotokoll

RHEINBACH · Claudia Kauertz spricht am 9. März in Rheinbach über ein wichtiges Dokument zur Hexenverfolgung in der Region, das sie in einer New Yorker Bibliothek ausfindig gemacht hat

 Die Abbildung zeigt den Urteilstein, der auf dem Marktplatz vor dem Dinghaus stand und an dem die Urteile des Flamersheimer Schöffengerichts – und damit auch die Todesurteile gegen die als Hexen verurteilten Frauen – öffentlich verkündet und damit rechtskräftig wurden.

Die Abbildung zeigt den Urteilstein, der auf dem Marktplatz vor dem Dinghaus stand und an dem die Urteile des Flamersheimer Schöffengerichts – und damit auch die Todesurteile gegen die als Hexen verurteilten Frauen – öffentlich verkündet und damit rechtskräftig wurden.

Foto: Claudia Kauertz

Obwohl das historische Dokument 1859 von dem katholischen Pfarrer Everhard Decker geborgen wurde, sollte seine transatlantische Odyssee mehr als 150 Jahre dauern: Das Flamersheimer Hexenprotokoll ist ein wertvolles Manuskript. Dank Claudia Kauertz von der Archivberatung des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) ist es zurück ins Rheinland gekehrt – zumindest digital.

In einem Vortrag wird Kauertz am Donnerstag, 9. März, um 19 Uhr im Rheinbacher Glasmuseum die Geschichte des Flamersheimer Hexenprotokolls rekonstruieren und einen Einblick in die frühneuzeitlichen Hexenverfolgungen geben, bei denen vom 15. bis zum 18. Jahrhundert in Deutschland etwa 60.000 Menschen ermordet wurden.

Im Zuge des Projektes „Herren und Hexen in der Nordeifel“ hatte sich Kauertz auf die Suche nach Quellen gemacht, die helfen können, die Hexenprozesse im Rheinland aufzuarbeiten. Der Geschichtsverein des Kreises Euskirchen und der Lehrstuhl für Geschichtliche Landeskunde in Trier hatten das Projekt organisiert, das der LVR finanzierte.

Im Spätsommer 2014 fand Kauertz das Flamersheimer Hexenprotokoll in der Bibliothek der Universität Cornell in New York. Wie Kauertz berichtet, ist es eine der wenigen überhaupt erhaltenen Quellen zur Hexenverfolgung im Rheinland und gibt Auskunft über den Ablauf der Prozesse und die lokalen Rahmenbedingungen der Verfolgungen.

Über die Hexenprozesse in Rheinbach während des Höhepunkts der europäischen Hexenverfolgung im 17. Jahrhundert gibt es dank Hermann Löher detailliertes Wissen. Er war selbst Schöffe bei Prozessen, flüchtete 1636 nach Amsterdam und schrieb im Alter von 80 Jahren seine Erinnerungen an die Rheinbacher Hexenverfolgung auf. Er schätzte, dass diese in Rheinbach und Umgebung etwa 130 Menschen das Leben kostete.

Die Angeklagten waren alleinstehend, verwitwet oder verlassen worden

Mit dem Flamersheimer Protokoll ist eine wichtige, weitere Quelle wiederentdeckt worden. Das Manuskript dokumentiert die Prozesse, die in den Jahren 1629/30 gegen mindestens fünf als Hexen angeklagte Frauen im benachbarten Flamersheim, dem Hauptort der damaligen Herrschaft Tomburg, geführt wurden, so Kauertz.

Die Angeklagten waren alle alleinstehend, verwitwet oder von ihren Männern verlassen worden. Drei der Frauen fanden laut Protokoll den Tod. Bei zweien ist ungewiss, was mit ihnen geschah. Den Frauen wurde unter anderem vorgeworfen, einen Pakt mit dem Teufel geschlossen zu haben oder zum Hexentanz geflogen zu sein.

Faszinierend ist neben dem Inhalt des Protokolls auch seine eigene Geschichte: Nachdem der Pfarrer das Buch geborgen hatte, gab er es seinem Cousin, einem Lateinlehrer in Köln und Sammler von Quellen zur regionalen Geschichte. Er vermachte es seinen Söhnen, die die gesammelten Dokumente allerdings an Antiquariate verkauften.

Der amerikanische Hexenforscher George Lincoln Blurr stieß in einem davon auf das Protokoll und hinterließ es nach seinem Tod der Cornell Universität. Wie Kauertz berichtet, fand sie es dort und ließ die 54, doppelseitig beschriebenen Blätter digitalisieren, auch wenn der Zustand der Dokumente dies kaum noch zuließ.

Vortrag zum Flamersheimer Hexenprotokoll, Donnerstag, 9. März, um 19 Uhr im Rheinbacher Glasmuseum, Eintritt frei

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