Geschichte von Rheinbach Der Anfang als Glasstadt

RHEINBACH · Vor 65 Jahren kamen die ersten Künstler aus Steinschönau nach Rheinbach. Ein Aktenvermerk kann als Gründungsurkunde des Glaszentrums Rheinbach angesehen werden.

Die Leuchten-Manufaktur Christoph Palme exportierte 1950 Waren von Rheinbach nach Montevideo.

Die Leuchten-Manufaktur Christoph Palme exportierte 1950 Waren von Rheinbach nach Montevideo.

"Betrifft: Ansetzung der ehemaligen nordböhmischen Glasveredlungsindustrie mit einer Fachschule in Rheinbach. (...) Die Verhandlungen über die im Zusammenhang hiermit stehende Gründung der Fachschule mit den zuständigen Ministerien sind zum Abschluss gebracht worden. Als Standort ist die Stadt Rheinbach, Kreis Bonn-Land, bestimmt worden."

So nüchtern dieser Aktenvermerk des NRW-Ministerpräsidenten vom 20. Dezember 1947 klingt, so groß ist doch die Wirkung bis heute: Dieser Aktenvermerk kann tatsächlich als "Gründungsurkunde des Glaszentrums Rheinbach angesehen werden", wie Susanne Sommer in ihrer 1997 veröffentlichten Dissertation "Die Geschichte der Haidaer-Steinschönauer Glasveredelungsindustrie und ihre Strukturwandel nach der Neuansiedlung in Rheinbach - Vom Verlags- zum Glaskunsthandwerksbetrieb" festhält.

Der langjährige Vorsitzende der Ortsgruppe Rheinbach der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Hans Kreuz aus Steinschönau, schilderte in seinen Aufzeichnungen, wie es zur Ansiedlung der aus ihrer nordböhmischen Heimat vertriebenen Glasveredler kam.

"Wie in allen anderen Städten und Gemeinden bestand für die Stadt Rheinbach auch die Verpflichtung zur Aufnahme von Heimatvertriebenen. Da es hier jedoch kein ausreichendes Angebot an Arbeitsplätzen gab, gingen die Bestrebungen der Verwaltung dahin, möglichst eine Gruppe von Vertriebenen zu finden, die einen eigenen Erwerbszweig mitbringen konnten. (...) Bereits bei der ersten Aussprache zwischen Vertretern der Stadt und einer kleinen Gruppe von Glasraffineuren aus Steinschönau wurde Übereinkunft erzielt, dass ein Teil der ehemals nordböhmischen Glasindustrie in Rheinbach einen neuen Standort finden sollte."

Als erstes wurde damals eine sogenannte Aufbaustelle eingerichtet in den Räumen der ehemaligen Gaststätte Heinrich Mostert an der Hauptstraße. Dort wurde alles koordiniert, von der Werbung um Zuzügler bis zur Beschaffung von entsprechenden Genehmigungen bei der englischen Militärregierung. Parallel wurden in der zerstörten Stadt Unterkünfte hergerichtet und der Aufbau von Glasveredlung und Glasfachschule vorangetrieben.

Im Februar 1948 konnten bereits die ersten Werkstätten eröffnet werden. Ein weiterer Meilenstein der Entwicklung zur "Stadt des Glases" war die feierliche Eröffnung der Staatlichen Glasfachschule, heute "Staatliches Berufskolleg Glas Keramik Gestaltung des Landes Nordrhein-Westfalen", am 1. April 1948 und 20 Jahre später die Eröffnung des Glasmuseums im September 1968.

"Rheinbach ist heute immer noch das Zentrum einer dichten Glasgestalter-Region", stellt dessen Leiterin, Ruth Fabritius, fest. In Rheinbach selbst sind nach ihren Feststellungen zurzeit noch acht Betriebe aktiv, im Umkreis von etwa 50 Kilometern allerdings leben und arbeiten zahlreiche Glaskünstler und Glasveredler, darunter Lehrer und Absolventen der Glasfachschule, zum Beispiel in Meckenheim, Swisttal und Bad Münstereifel. "So gesehen, gehen 'gläserne Impulse' von Rheinbach in die gesamte Region - und darüber hinaus", so Fabritius.

Zeigen wollen dies die Glasgestalter, die im Museumsshop des Glasmuseums vertreten sind, anlässlich "65 Jahre Glas in Rheinbach" bei drei Ausstellungs- und Aktionstagen am Wochenende 16. bis 18. November.

Ausstellungs- und Aktionstage
"Vor 65 Jahren angekommen - Glas aus Rheinbach heute" - Ausstellungs- und Aktionstage im Glasmuseum Himmeroder Wall 6, 16. bis 18. November jeweils von 11 bis 18 Uhr:

  • Freitag, 16. November, 11 Uhr: Festakt zur Eröffnung mit Festansprache "65 Jahre Glas in Rheinbach". 15 Uhr: öffentliche Führung "Nackte Tatsachen: Der Wandel der menschlichen Figur in der Sammlung des Glasmuseums".
  • Samstag, 17. November, 15 Uhr: öffentliche Führung "Barocke Tafelfreuden".
  • Sonntag, 18. November, 15 Uhr: öffentliche Führung "Zwölf Highlights in 30 Minuten".
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