EM in Frankreich Der Junge aus Belfast drückt den Deutschen die Daumen

Rheinbach · Der nordirische Musiker und Maler Shay McVeigh, der in Rheinbach Folksongs seiner Heimat singt, lebt seit 1990 in Deutschland. Beim EM-Spiel zwischen Deutschland und Nordirland hält er am Dienstag zum deutschen Team.

 Das Rheinbacher Coachhaus ist Shay McVeighs Wohnzimmer. Der Nordire lebt seit 26 Jahren in Bonn und ist heute für Deutschland.

Das Rheinbacher Coachhaus ist Shay McVeighs Wohnzimmer. Der Nordire lebt seit 26 Jahren in Bonn und ist heute für Deutschland.

Foto: Mario Quadt

Nein, Fußball, so bekundet Shay McVeigh vehement, reißt ihn grundsätzlich nicht vom Barhocker. Sagt es und springt von seiner erhöhten Sitzgelegenheit im Rheinbacher Coachhaus, nur um flink nachzuschauen, warum sein stummes Smartphone gerade in der Hosentasche vibriert hat.

„Oh, 1:0 für Nordirland“, sagt der 61 Jahre alte, in Belfast geborene Multikünstler, der auf Einladung des irischen Tausendsassas Pat D'Arcy zum „Bloomsday“ zur Gitarre aufspielt – während sich das Team von EM-Neuling Nordirland zeitgleich aufmachte, die Ukraine im Parc Olympique Lyonnais mit letztlich 2:0 zu schlagen.

Aber: Wenn am Dienstagabend die Träger des grünen Trikots gegen Jogis Jungs ran müssen, drückt er dem Team mit dem Bundesadler auf der Brust die Daumen.

„Es ist toll, Deutschland spielen zu sehen, weil sie immer gewinnen“, meint Shay McVeigh und lacht wie ein Schelm. Dass er in Belfast, der Hauptstadt von Nordirland im Vereinigten Königreich, das Licht der Welt erblickte und aufwuchs, er aber den Weltmeister unterstützt, sei kein Widerspruch.

„Ich lebe seit 1990 in Deutschland, und meine Freundin ist auch für Deutschland – und für Dortmund“, berichtet er und zupft ein paar Töne auf seiner Gitarre. Seine samtweiche Stimme kann den Raum im Rheinbacher Kutschenmuseum mit Leichtigkeit füllen.

Wenn er nicht gerade bei irischen Kulturfestivals wie jetzt im Coachhaus singend und klampfend vor dem Mikrofon sitzt, erschafft Shay McVeigh Malereien, Reliefs oder kunstvolle Rahmen, die allesamt gemeinsam haben, dass sie McVeighs ganz eigene Handschrift und Bildsprache haben. Angelehnt ist diese wiederum an die irischen Prachthandschriften aus dem sechsten bis achten Jahrhundert, die er umfänglich studiert hat und Elemente daraus in sein Schaffen einfließen lässt.

Freude über grüne Ausweichtrikots der Deutschen

Die Frage nach einem Lieblingsspieler in der mit Weltmeistern gespickten Equipe in Schwarz und Weiß beantwortet der 61-Jährige mit einem Schulterzucken. Der Star sei schließlich die Mannschaft. Umso mehr erfreut es ihn, dass das deutsche Team bisweilen in grünen Ausweichtrikots aufläuft. Diese Farbgebung hat historische Gründe: Grün ist schließlich Teil des Logos des Deutschen Fußball-Bundes.

Sehr betroffen macht ihn hingegen, dass beim Fußballchampionat in Frankreich mit Irland und Nordirland gleich zwei Mannschaften von der grünen Insel auflaufen. „Es ist traurig, dass die Menschen in Irland geteilt sind“, findet der Nordire. Der Friedensprozess auf der ansonsten so friedvollen Insel werde noch Jahre und Jahrzehnte in Anspruch nehmen. „Alle sollten ein grünes Trikot tragen – alle.“

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