Das Beste aus zwei Kulturen Der Schauspieler Nadeem Ahmed lebt in Rheinbach

Rheinbach · Der Schauspieler und Regisseur Nadeem Ahmed arbeitet am Essener Stratmanns Theater und lebt in Rheinbach. Als Gewinn sieht er seine indischen Wurzeln. „Ich kann mir aus beiden Kulturen das Beste heraussuchen“, so Ahmed.

Für denjenigen, der als Zaungast einer Unterhaltung mit Nadeem Ahmed beiwohnt, ist es nicht leicht, anhand des Dialektes des ausgebildeten Schauspielers herauszuhören, wo er zu Hause ist. Die Sprechart, die von rheinischer Mundart in akkurates Hochdeutsch wechselt und immer wieder mit charakteristischen Ausdrücken aus dem Ruhrpott gespickt ist, spiegelt die Lebensweise des gebürtigen Bonners mit indischen Wurzeln wider: Während er in Rheinbach nicht nur an neuen Theaterstücken schreibt, sondern auch seinen privaten Lebensmittelpunkt gefunden hat, pendelt er mehrfach in der Woche nach Essen. Vor sechs Jahren gab Ahmed sein Debüt als Schauspieler am Stratmanns Theater, zwei Jahre später übernahm er dort die künstlerische Leitung. Seitdem setzt er mit zahlreichen eigenen Produktionen Akzente in dem weit über das Ruhrgebiet hinaus etablierten Haus.

Dem Umstand, Privates und Berufliches zu trennen, indem er zwischen der Ruhrpottmetropole und der Glasstadt pendelt, kann Nadeem Ahmed einiges abgewinnen. „Natürlich ist es viel Fahrerei, aber ich liebe die zwei unterschiedlichen Welten – hier in Rheinbach die Ruhe und in Essen eine pulsierende Stadt“, erläutert er sein Lebensmodell und gibt preis, dass er auf dem Rückweg ins Rheinland bis zum Leverkusener Kreuz gerne Hörspiele hört.

„So kann ich abschalten und bekomme den Kopf frei“, erklärt der 42-Jährige und ergänzt, dass er sich auch in der Region zu Hause fühle, weil er hier aufgewachsen sei und seine Mutter und Schwester in Niederdrees leben. Nachdem er seine Ausbildung am Bonner Schauspielstudio im Jahr 2000 erfolgreich beendet hatte, war Ahmed umtriebig und ist für Engagements viel gereist. Schon in seiner frühen beruflichen Laufbahn hat ihn allerdings die Theaterszene in Bochum, Duisburg und Essen angezogen. „Die Direktheit der Menschen und die ganze Arbeitsweise im Pott liegen mir einfach“, erläutert Ahmed. So kam der Kontakt zu Philipp Stratmann zustande, dessen Vater Ludger im Jahr 1994 das Stratmanns Theater als Kleinkunstbühne im Essener Europahaus eröffnet hatte.

Stück läuft in der vierten Saison

Der studierte Mediziner, der das Kabarett und sein Theater für sich zur Herzensangelegenheit gemacht hatte, zog sich im Laufe der Jahre mehr und mehr zurück und übergab das Familienunternehmen an seinen Sohn. „Philipp ist der Intendant und Geschäftsführer“, erklärt Ahmed, der seit dem Jahr 2015 die künstlerische Leitung des mit rund 300 Sitzplätzen renommierten Theaters innehat und die Freiheit genießt, gleichzeitig schreiben, besetzen und inszenieren zu können.

„Außerdem läuft hier alles sehr familiär, und wir sehen uns nicht nur als Künstler, sondern vor allem als Malocher“, charakterisiert Ahmed die Bühnenarbeit mit dem 20-köpfigen Schauspielerteam. „Die Krönung aber ist, dass wir in einem denkmalgeschützten Gebäude, dessen Mauern Geschichte erzählen, arbeiten“, schwärmt der Schauspieler und Regisseur von der Atmosphäre seines Arbeitsplatzes im Herzen Essens. Mit „Welcome Elvis“, der ersten eigenen Produktion für die Stratmanns, startete Ahmed seine Tätigkeit als künstlerischer Leiter, heute läuft das Stück in der vierten Saison. Aktuell schreibt er an einem neuen Werk, das im Frühjahr kommenden Jahres bühnenreif ist. Die Ideen für die Produktionen, für die Ahmed in seiner Rheinbacher Wohnung zur Feder greift, kommen ihm, wenn er mit offenen Augen durch die Welt geht und alltägliche Szenen beobachtet.

Als Gewinn sieht er seine indischen Wurzeln. „Ich kann mir aus beiden Kulturen das Beste heraussuchen“, betont Ahmed, dessen Vater in jungen Jahren aus Delhi nach Godesberg kam und dort Ahmeds Mutter kennenlernte, bevor beide als Selbstständige im Einzelhandel tätig wurden. „Ich bin mit Bollywoodfilmen groß geworden und liebe diesen einmalig überspitzten Witz“, beschreibt Ahmed, „für uns in Essen aber vereuropäische ich den Humor, denn wir legen Wert auf naturalistische und unaufgeregte Inszenierungen.“

Wichtig ist ihm auch, junges Publikum fürs Theater zu begeistern. Dafür müsse man einfach aktuelle Themen aufgreifen – ein Riesenbereich sei vor allem in der Digitalisierung zu finden, hat Ahmed erkannt und die Erfahrung gemacht, Rentner und Jugendliche damit gleichermaßen anzusprechen. Außerdem arbeitet er als Leiter theaterpädagogischer Workshops an Kölner Problemschulen. Das Erfolgsrezept seiner Arbeit scheint aufzugehen, denn das Bonner „Haus der Springmaus“ bringt gleich an vier Abenden Produktionen von und mit Nadeem Ahmed auf die Bühne.

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