„Prison Slam“ in der JVA Rheinbach Dichterwettstreit hinter Gittern

Rheinbach · Sieben Gefangene beteiligen sich am ersten „Prison Slam“ in der Anstaltskirche der Rheinbacher Justizvollzugsanstalt, den „Street Poetin" Jessy James LaFleur organisiert hat.

 Jessy James LaFleur mit Gewinner Easy bei der Übergabe des Gewinns – einem Glas Kaffee.

Jessy James LaFleur mit Gewinner Easy bei der Übergabe des Gewinns – einem Glas Kaffee.

Foto: Inga Thulfaut

Kann ein von Gewalt gezeichneter Mensch doch noch Vertrauen aufbauen und Hindernisse überwinden? In Ronnys Geschichte vom Rückzug in einen Kokon und der Verwandlung wie von der Raupe zum Schmetterling gelingt das jedenfalls – so wie Ronnys Auftritt beim ersten „Prison Slam“ in der Justizvollzugsanstalt Rheinbach.

Er und sechs weitere Gefangene stellten sich beim Dichter-Wettstreit „Angeprangert“ in der Anstaltskirche nach zweitägigem Workshop ihrem Publikum und der Jury. Der ungewöhnliche Kopf hinter der ungewöhnlichen Veranstaltung hinter Gittern heißt mit Künstlernamen Jessy James LaFleur.

Die „Street Poetin“ hat ein Konzept eigens für Gefangene entwickelt, die eigenen Gedanken und Gefühle ins Wort zu bannen und mittels Gestik und Stimme eindrucksvoll zu untermalen. Rheinbach ist nach Wolfenbüttel und Celle ihre dritte Wirkungsstätte.

„Meiner Erfahrung nach gehen viele Aggressionen und Gewalt oft auf die pure Frustration zurück, sich nicht verständlich ausdrücken zu können. Dagegen möchte ich meinen Schülern ein neues Sprachrohr in die Hand drücken“, umreißt sie ihren Ansatz, der neben Schreibübungen auch Spiele aus dem Improtheater und Performance umfasst. Der einzige ihrer Rheinbacher Schüler, der bereits über Vorerfahrungen aus der Musik verfügt, war Easy.

Gedanken und Gefühle in Worte fassen

Mit entsprechender Souveränität in Reim und Gestik ließ er das Publikum am Kampf um seine Identität und mit der Anstaltsleitung bei einer früheren Jugendstrafe teilhaben – und gewann den „Prison Slam“ damit für sich. Während Micha in einem poetischen Spaziergang durch die verschneite Natur seine Freiheit erträumte, äußerte Thomas in seinem Beitrag die „Angst, sich zu verlieren“ und fragte sich: „Was macht den Thomas hinter den Masken aus?“ Auch Selbsthass dafür, die Menschenwürde anderer verletzt zu haben, sprach aus seinem Beitrag.

Für ihn war der Dichterwettstreit absolutes Neuland, das weiter zu betreten er sich fest vorgenommen hat. „Man braucht solche Kontakte und Pläne, um nach der Haft aus dem Teufelskreis rauszukommen“, bekräftigte auch Easy.

JVA-Leiter Heinz-Jürgen Binnenbruck lobte den frischen Wind und die ungewöhnlich vollen Kirchenbänke, die Jessy James LaFleur mit dieser Premiere ins Haus brachte. Eine Premiere nicht nur für die Gefangenen: „Zumeist organisieren wir Ein-Tages-Veranstaltungen wie Zaubershows, Lesungen oder Vorträge. Der dreitägige Workshop musste natürlich kontinuierlich begleitet werden. Das war nur dank des Engagements vom Sozialdienst möglich“, dankte Initiator Rudolf Armbruster, Sport- und Freizeitkoordinator der JVA.

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