Interview mit Pfarrverweser Hermann-Josef Zeyen "Die Blockade aufbrechen"

RHEINBACH · Es gibt sicherlich einfachere Aufgaben für einen Geistlichen, als die Risse zu kitten, die im vergangenen Jahr in der Pfarrgemeinde Sankt Martin in Rheinbach entstanden sind.

 Vor Sankt Martin: Pfarrverweser Hermann-Josef Zeyen.

Vor Sankt Martin: Pfarrverweser Hermann-Josef Zeyen.

Foto: Wolfgang Henry

Auf der einen Seite standen die Befürworter der Patres des Deutschen Ordens, auf der anderen Seite deren Kritiker. Jetzt sind die Patres weg, und der Wachtberger Pfarrer Hermann-Josef Zeyen soll als Pfarrverweser den Neuanfang managen. Mit ihm sprach Hans-Peter Fuß.

Sie sind als Pfarrer in Wachtberg für sieben Kirchorte zuständig und füllen jetzt das Vakuum, das durch die Abberufung der Patres in Rheinbach entstanden ist. Wie schaffen Sie das?
Hermann-Josef Zeyen: Ich bin dankbar, dass das Team in Wachtberg meine geringere Präsenz dort mit erhöhtem Einsatz ausgleicht. Es gibt dort keine Einschränkungen. Der Schwerpunkt meiner Arbeit liegt momentan deutlich in Rheinbach. Zum neuen Jahr wird sich die Situation entspannen, wenn die beiden neuen Kapläne in Rheinbach anfangen.

Wie lange werden Sie in Rheinbach bleiben?
Zeyen: Das kann ich nicht genau sagen. Bis ein neuer Pfarrer ernannt ist, wird es aber laut Aussage des Erzbistums Köln mindestens ein Jahr dauern.

Wie haben Sie die Abschiedsmesse für die drei Patres erlebt?
Zeyen: Es waren sehr viele Menschen aus beiden Gruppierungen dabei. Ich schließe mich dem Dank des Weihbischofs an die Patres an, die in Rheinbach vieles bewegt haben: Erwachsenentaufe, Erwachsenenfirmung, die Aktion Night Fever. Letzteres ein Novum im ländlichen Bereich. Die Patres waren nah an vielen Menschen dran.

Wie haben Sie den Konflikt aus der Perspektive einer benachbarten Kirchengemeinde wahrgenommen?
Zeyen: Ich habe immer wieder mal was gehört und mir gedacht: Schade, warum spricht man nicht miteinander. Persönlich verstehe ich mich mit allen vier Patres des Deutschen Ordens, die in Rheinbach tätig gewesen sind, gut. Ferner habe ich hier in Rheinbach bei meinen bisherigen Gesprächen mit den ehrenamtlich in der Pfarrei Tätigen noch niemanden kennengelernt, der nicht am Miteinander interessiert ist. Umso mehr bin ich verwundert, dass der Konflikt so eskaliert ist.

Wäre der Konflikt aus Ihrer Sicht auch anders zu lösen gewesen?
Zeyen: Er ist durch den Weggang der Patres ja nicht gelöst. Man kann jetzt nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.

Auf Sie kommt angesichts der gegenseitigen Vorwürfe zwischen Befürwortern und Kritikern der Patres eine schwere Aufgabe zu. Wie wollen Sie die beiden Gruppen wieder zusammenführen?
Zeyen: Es kann nur einen Weg geben: Durch Gespräche wieder Vertrauen schaffen und zueinander finden. Wir sollten uns gegenseitig als Bereicherung ansehen, nicht als Bedrohung. Wir sind gemeinsam unterwegs. Ich bin guter Hoffnung, dass dies auch klappt. Alle Beteiligten sind nach meinem Eindruck aufrichtig.

Was sind die ersten konkreten Schritte, die Sie unternehmen?
Zeyen: Ich werbe dafür, sich auf das Wagnis des Vertrauens einzulassen. Der Raum für Vielfalt in der Gemeinde besteht. Der Rahmen ist gesetzt, in dem jeder, der den Glauben leben will, willkommen ist. Ich werde bald die Messdiener, die Kommunionhelfer und die Lektoren zu Gesprächen einladen. Vielfalt ist aber nicht Beliebigkeit. Basis ist das gemeinsame Vertrauen in Jesus Christus. Konkret schwebt mir vor, dass man die Sternsinger-Aktion in der Stadt gemeinsam vorbereitet. Wunderschön wäre, wenn einmal im Rahmen einer Night-Fever-Aktion das Friedensgebet gehalten werden könnte und die organisierenden Gruppen gemeinsam die Heilige Messe feiern würden.

Das vergangene Jahr hat bei allem Streit gezeigt, dass vielen ihre Gemeinde nicht egal ist. Ist das nicht auch positiv zu bewerten? Zeyen: Ja. Ich bin sehr beeindruckt über die vielen engagierten Christen in Rheinbach. Da steckt sehr viel Potenzial hinter. Diese Energie ist leider in den Konflikt eingegangen. Es geht jetzt darum, diese Energie wieder freizusetzen, die Blockade aufzubrechen. Der Neuanfang ist auch eine Chance.

Die Führungen des Kirchenvorstands und des Pfarrgemeinderats von Sankt Martin vertraten in dem Konflikt unterschiedliche, ja fast unversöhnlich anmutende Positionen. Kann es wieder eine gedeihliche Zusammenarbeit geben?
Zeyen: Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderat werden einen gemeinsamen Brief an das Generalvikariat schreiben mit der Bitte, die Lücke im Pastoralteam zu schließen. Ich bin überzeugt, dass eine Zusammenarbeit notwendig und auch möglich ist. Nur gemeinsam können wir etwas bewegen.

Wie sieht die Aufgabenverteilung unter dem neuen Team der Geistlichen aus?
Zeyen: Der Fokus wird auf der Jugendarbeit liegen. Die Messen werden von mir, Pater Bruno Kremsler, den Pallottiner-Patres und auswärtigen Pfarrern zelebriert. Bis Weihnachten müssen wir uns so über Wasser halten. Am 11. Januar beginnen dann die Kapläne Ulrich Eßer und Abbé Thibault ihren Dienst.

Wo setzen Sie Schwerpunkte Ihrer seelsorgerischen Arbeit?
Zeyen: Es wird zunächst eine neue Gottesdienstordnung geben, die Messverlegungen mit sich bringt, aber keine Streichungen. Es sollen weniger Messen gleichzeitig stattfinden. Auf Dauer sollte man dann eine nachhaltige Lösung anstreben. Ich kümmere mich um die Liturgie, führe Gespräche und besuche Gruppen.

Wie wird sich die Gemeinde bei der Visitation von Weihbischof Ansgar Puff Ende Januar präsentieren?
Zeyen: Ich hoffe sehr, dass wir dem Bischof zeigen, welches Potenzial, welche Kraft in der Gemeinde steckt und wo wir stehen.

Zur Person

Hermann-Josef Zeyen (42) stammt aus Wipperfürth. Abitur 1990, danach Studium der Theologie in Bonn und Würzburg. 1999 Priesterweihe. Diakon und Kaplan in Neuss, Much und Grevenbroich. Seit 2006 Pfarrer in Wachtberg. Seit 2014 Dechant im Dekanat Rheinbach-Meckenheim, zu dem auch Wachtberg und Swisttal gehören

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