Rheinbacher und Meckenheimer gedenken der Pogromnacht Die Geschichte darf sich nicht wiederholen

MECKENHEIM · Jude – dieser Schriftzug auf dem so genannten Judenstern führte den Besuchern in der evangelischen Gnadenkirche in Rheinbach den Anlass des ökumenischen Gottesdienstes vor Augen: Das Gedenken an die Pogromnacht des 9. November 1938.

 Am Gedenkstein der ehemaligen Rheinbacher Synagoge spricht Bürgermeister Stefan Raetz.

Am Gedenkstein der ehemaligen Rheinbacher Synagoge spricht Bürgermeister Stefan Raetz.

Foto: Axel Vogel

Pfarrer Diethard Römheld las am Mittwochabend aus den Erinnerungen von Anton Engelhart aus Villach an jenen Tag, als der Lehrer zu den Schülern gesagt habe: „Heute ist kein Unterricht. Heute ist Judenverfolgung.“ Willi Oberheiden, gemeinsam mit Peter Schürkes Organisator des Schweigeganges unter dem Motto „Erinnern – Gedenken – Mahnen“, sagte, dass Gedenken dann fruchtbar werde, wenn neue Wege der Begegnung gesucht und in jedem Menschen das Ebenbild Gottes gesehen werde.

Der Schweigegang durch die Innenstadt machte auch Station an der Gedenkstätte im Innenhof des Rathauses, wo Oberheiden und Bürgermeister Stefan Raetz die Namen von aus Rheinbach in die Todeslager transportierten Juden vorlasen.

Am Gedenkstein der ehemaligen Synagoge legte der Bürgermeister ein Blumengebinde nieder und sagte, dass es auch in Rheinbach Berichte über die zunehmende Ausgrenzung jüdischer Bürger gebe. Auch 78 Jahre danach seien wir noch nicht am Ende des Erinnerns. Erinnern sei notwendig, wenn man auch über die Form unterschiedlicher Auffassung sein könne. In diesem Zusammenhang kündigte Raetz die erste Verlegung von Stolpersteinen in Rheinbach für den 21. Dezember an.

Mit Kranzniederlegungen und einer Gedenkfeier am Synagogenplatz hat die Stadt Meckenheim am Mittwochabend an die Schrecken der Pogromnacht 1938 erinnert. „Wann immer uns Antisemitismus, dumpfe Vorurteile gegen andere Religionen, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus begegnen, müssen wir Nein sagen, in den Familien, im Freundeskreis, in den Schulen, in unserem Alltag“, mahnte Bürgermeister Bert Spilles vor einer Wiederholung der Geschichte.

Schüler verlasen Berichte von Zeitzeugen

Exemplarisch berichtete er vom Schicksal zweier Meckenheimer Juden. Zu den in der Pogromnacht Inhaftierten gehörte Benny Mendel, der an der Bonner Straße lebte. Nach zehn Tagen Haft wurde er als gebrochener, kranker Mann freigelassen, wanderte nach Chile aus und starb dort 1946.

Infolge der Pogromnacht musste die sieben Jahre alte Senta Szymanovicz, die mit ihren Eltern an der Merler Straße wohnte, als letzte jüdische Schülerin die Meckenheimer Schule verlassen. Die Spur der Familie verliere sich in Polen, so Spilles. „Es waren Meckenheimer, die am 9. November 1938 jüdische Wohnungen plünderten, es waren Meckenheimer, die jüdische Häuser für wenig Geld kauften und sich beklagten, es rieche noch nach Juden, nachdem die Besitzer ausgewandert waren. Es waren Meckenheimer, die wie die meisten Menschen im Deutschen Reich der Vernichtung der Juden tatenlos zusahen“, sagte Spilles.

Berichte von Zeitzeugen verlasen Schüler der 10. Klassen der Geschwister-Scholl-Hauptschule. Gemeinsam sangen am Schluss die etwa 80 Anwesenden das Lied der Moorsoldaten.

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