Enttäuschung statt Erholung „Die Steinbachtalsperre ist nur noch ein mit Unkraut bewachsenes Loch“

Euskirchen · Bei schönem Wetter strömten früher die Massen an die Steinbachtalsperre. Schattige Wanderwege und das große Freibad lockten zur Naherholung. Am vergangenen Wochenende war es jedoch ruhig um den ehemaligen See. Die wenigen Besucher, die kamen, waren von dem, was sie vorfanden, oft enttäuscht.

 Der Wanderweg rund um die Steinbachtalsperre ist unterbrochen, der See verschwunden. Die Besucher, die überhaupt noch kommen, sind oft von dem Naherholungsgebiet enttäuscht.

Der Wanderweg rund um die Steinbachtalsperre ist unterbrochen, der See verschwunden. Die Besucher, die überhaupt noch kommen, sind oft von dem Naherholungsgebiet enttäuscht.

Foto: Axel Vogel

„Traurig, traurig.“ Für Anton aus Meckenheim, der nur seinen Vornamen in der Zeitung lesen möchte, fiel das Wiedersehen mit seinem Lieblingsfreizeitort am Samstag eher bedrückend aus: Die Steinbachtalsperre, jener Ort, wo der 41-Jährige vor der Flutkatastrophe mit der Familie gefühlt „jedes Wochenende“ im Sommer „abgehangen“ hat, ist für ihn kaum wiederzuerkennen: Bis auf einen kümmerlichen Tümpel ist kein Wasser mehr im einst eindrucksvollen Stausee. Gras hat die Fläche erobert, und zwar soweit das Auge reicht. Auch dort, wo sonst hunderte Besucher die Uferbereiche bevölkerten, war es am Samstag bei 36 Grad höchst einsam in der Natur. Lediglich eine Gruppe Radler in der Nähe der Staumauer und ein Wanderer-Paar, das verbotswidrig die üppig überwucherte Seefläche durchquerte, ließen sich am Weg noch kurz blicken.

Anton dagegen war trotz drückender Hitze auf seinem Motorroller extra aus Meckenheim zur Steinbachtalsperre gekommen. Dahin, wo die Starkregenfluten am 14. Juli 2021 schwere Schäden an der Staumauer angerichtet hatten. Tagelang hielt damals ein drohender Dammbruch die Region in Atem. Tiefer gelegene Ortschaften mussten evakuiert werden. „Ich bin zum ersten Mal seit der Flutkatastrophe hier, um mir anzusehen, was hier passiert ist“, erzählt Anton. Auch aus beruflicher Neugier: Der Baggerfahrer wollte sich die weiterhin gesperrte Staumauer ansehen. In einem mutigen Einsatz hatte hier ein Baggerfahrer, Hubert Schilles aus Mechernich, im vergangenen Juli den Abfluss freigelegt und den Damm so entlastet.

Früher kamen bis zu 800 Besucher an einem schönen Wochenende

Anton ist nicht der einzige Besucher, der sich den alten Zustand der Talsperre zurückwünscht. Jonas Reese und Marcel Lünebach sind, wenn man es so will, die Chronisten der Krise in Sachen Tourismus vor Ort. Denn sie arbeiten im Auftrag der Euskirchener Caritas als Parkwächter. Für zwei Euro können Autofahrer auf bei ihnen auf dem Parkplatz am Endes des Stausees ihr Gefährt abstellen. Nur macht von dem Angebot derzeit kaum jemand Gebrauch- Gerade eine Handvoll Autos parkten am Samstagmittag dort, wo vor der Flut längst alles besetzt gewesen wäre. „An einem schönen Wochenendtag im Sommer hätten wir hier zwischen 400 und 800 Besucher gehabt“, berichtete Reese.

Weil der Rundweg fehlt, durchqueren Wanderer immer wieder den ehemaligen Seengrund der Steinbachtalsperre, obwohl es verboten ist. Trampelpfade zeigen, wo.

Weil der Rundweg fehlt, durchqueren Wanderer immer wieder den ehemaligen Seengrund der Steinbachtalsperre, obwohl es verboten ist. Trampelpfade zeigen, wo.

Foto: Axel Vogel

Hauptanziehungspunkt sei natürlich das Waldfreibad gewesen, das seit der Flutkatastrophe ebenso geschlossen ist wie der Imbiss „Aus dem Häuschen Steinbach“. „Das Schwimmbad kann erst wieder betrieben werden, wenn auch das Hauptbecken voll ist“, so Reese. Jetzt locke höchstens noch die benachbarte Grillhütte, so die beiden Parkwächter. „Und vereinzelt kommen auch noch Besucher, um Mini-Golf zu spielen.“

Der Rundweg fehlt den Wanderern

Gekommen, um zu wandern, war an diesem Tag dann immerhin Roswitha Theis. Sie hatte ihr Auto bei Reese und Lünebach abgestellt und traf gegen 13 Uhr wieder am Parkplatz ein. Sie sei rund vier Kilometer um die Talsperre gewandert, so die 53-Jahre alte Kölnerin. „Es war echt schön und ich würde es wiedermachen“, betonte sie. „Auch wenn es schade ist, dass kein Wasser in der Talsperre war.“

Dafür sei sie durch eine ungewöhnliche Perspektive von der anderen Seite des Staubeckens aus entschädigt worden. „Hier gab es eine Panoramabank, von der man einen tollen Blick auf die Natur hatte. Das sah ein wenig so aus wie in Südfrankreich“, schwärmte sie. Fehlendes Wasser im Staubecken hin oder her - was Roswitha Theis eher vermisst: einen begehbaren Rundweg um das Staubecken. „Alles andere wäre ja Blödsinn“, betont sie. Damit spielt sie auf die unterbrochene Staumauer an. Wo einst Spaziergänger über die Deichkrone liefen, ist nun eine Scharte, die verhindert, dass die Talsperre auf alter Höhe angestaut werden kann. Der Deich wäre dafür nicht mehr standsicher genug. Eigentlich müssen Besucher hier umdrehen und zurückgehen oder einen weiten Bogen über Schweinheim in Kauf nehmen. Aber am Samstag umgingen einige Wanderer die Lücke, indem sie trotz Verbots den trocken gefallenen Seegrund durchquerten.

Ein enttäuschender Besuch an der Steinbachtalsperre

Für den 84 Jahre alte Antonius Klinkhammer ist der gesamte Zustand vor Ort ein Ärgernis. „Die Steinbachtalsperre ist nur noch ein mit Unkraut bewachsenes Loch, das man nicht passieren kann. Das ist Unfug“, ereiferte sich der rüstige Senior aus Bad Münstereifel, als er nach einer Runde Nordic Walking auf einem weiteren Parkplatz oberhalb der Talspeere eintraf. „Vor der Flut sind meine Frau und ich hier immer mit dem Rad um den Stausee gefahren. Das geht jetzt nicht mehr.“ Daher sei seine Frau jetzt alleine ein paar Schritte mit dem Rollator an der Talsperre unterwegs gewesen.

Enttäuscht kehrte auch eine Odendorferin zum Parkplatz zurück. Zusammen mit einer 78 Jahre alten Dame, die sie betreut, sei eigentlich ein kleiner Ausflug inklusive einer Einkehr beim „Häuschen Steinbach“ geplant gewesen. „Aber der hat ja auch geschlossen“, stellte die Odendorferin vor Ort bedauernd fest. Derweil hatte Baggerfahrer Anton aus Meckenheim ebenfalls genug gesehen und machte seinen Roller wieder startklar. Er zog sein Fazit: „Der See fehlt mir total.“

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