Kommentar Fall Trudel Ulmen - Drängende Fragen

Region · Der Fall Trudel Ulmen ist gelöst - nach 16 Jahren. Ihre bereits damals gefundene Leiche konnte jetzt identifiziert und damit dem Vermisstenfall Ulmen zugeordnet werden. Der mutmaßliche Täter - ihr früherer Ehemann - hat in der Nacht zu Dienstag ein Geständnis abgelegt. Zuletzt ging alles ganz schnell, nachdem 16 Jahre lang Gras über die Sache gewachsen war.

Die Angehörigen der Toten können nun endlich Frieden finden, so schmerzlich die Gewissheit auch sein mag. Das ist nur möglich, weil die Kriminalpolizei seit Anfang des Jahres akribisch gearbeitet und noch einmal jeden Stein umgedreht hat. Auch solche, die bisher noch völlig unberührt lagen. Das brachte letztlich den Ermittlungserfolg.

Und der wirft nun auch unangenehme Fragen auf. Die richten sich insbesondere an die handelnden Personen vor 16 Jahren. Ist es tatsächlich so einfach: Einen Menschen umbringen, ihn vermisst melden, nach ein paar Tagen Entwarnung geben - und gleich wird die Akte geschlossen? So fest, dass schon vier Monate später, als wenige Kilometer Luftlinie eine unbekannte Leiche gefunden wird, keine Querverbindung mehr gezogen wird, obwohl viele Merkmale das zugelassen hätten?

Wie kann es sein, dass die Kriminalpolizei viel Energie in die Identifizierung der unbekannten Leiche von Aegidienberg steckt, inklusive aufwendiger Recherche für die Fernsehsendung "Aktenzeichen XY... ungelöst", ohne die naheliegenden Schlüsse zu ziehen? Das rührt an die grundsätzliche Frage des Vertrauens in den Rechtsstaat.

Es stimmt, jeder Erwachsene darf grundgesetzlich verbrieft seinen Aufenthaltsort frei wählen. Und es ist der Polizei geradezu verboten, seinen Wohnort für dessen Angehörigen zu ermitteln. Das gilt allerdings nur, solange keine akute Gefahr für Leib und Leben angenommen werden kann. Da ist Interpretationsspielraum vorhanden.

Wie war das damals mit Trudel Ulmen? Hätte die Polizei Widersprüche des mutmaßlichen Täters erkennen müssen? Hat sie den Aktendeckel zu früh zugeklappt? Wurden die Akten zu leichtfertig nach fünf Jahren vernichtet? Oder ist das die Perspektive derer, die 16 Jahre danach über viel mehr Informationen verfügen und sich zu einem ungerechten Urteil verführen lassen?

Es stimmt, in Deutschland werden rund 100 000 Menschen pro Jahr vermisst gemeldet, in Bonn sind das immerhin 2000. Statistisch gesehen lösen sich 80 Prozent der Fälle innerhalb eines Monates in Wohlgefallen auf. Lediglich ein Prozent der Vermissten ist Opfer eines Gewaltverbrechens geworden. Das klingt zunächst einmal nach wenig, macht aber deutschlandweit 1000 Menschen pro Jahr. Genug, um als feste Größe ernst genommen und mit Sorgfalt gesucht zu werden.

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