Aufblasbare Wände Feuerwehr Rheinbach schafft Gafferschutz an
Rheinbach · Mit einer mobilen Wand schützt die Rheinbacher Feuerwehr seit Kurzem Unfallopfer und Wehrleute. Und das ist bitter nötig: Seit etwa fünf Jahren nimmt das Problem mit Schaulustigen an Unfallstellen zu.
Diese Menschen stehen oft teilnahmslos an größeren Unfallstellen, etwa auf Autobahnen. Fast schon reflexartig zücken sie ihre Smartphones und filmen hemmungslos all das, was eigentlich kein ethisch denkender Mensch festhalten sollte: Wie Einsatzkräfte aus verformten Blechkarossen Schwerstverletzte herausschneiden, wie Notärzte an der Unfallstelle Opfer reanimieren, oder wie blutüberströmte Verletzte konfus und schreiend über die Fahrbahn laufen.
Beliebt ist diese rücksichtlose Filmerei besonders bei Autoinsassen, die solche sensiblen Unfallstellen passieren. Im Internet präsentieren diese Chronisten des Unheils dann das Ergebnis einem Millionenpublikum. Gaffer sind mittlerweile auch für manche Feuerwehr im Rhein-Sieg-Kreis zu einem echten Problem geworden, weil sie mit ihrem Drang, das Leid anderer möglichst aus nächster Nähe zu beobachten, oft den Rettungskräften im Weg stehen und diese regelrecht behindern.
Gaffern zukünftig ihr Treiben erschweren will die freiwillige Feuerwehr in Rheinbach. Um Unfallopfer vor aufdringlichen Blicken und Filmerei zu schützen und gleichzeitig den eigenen Wehrleuten risikoreiche Schutzmaßnahmen zu ersparen, hat Wehrleiter Laurenz Kreuser eine 21 Meter lange, mobile Gafferwand angeschafft.
Diese gehört zur Ausrüstung eines von drei neu angeschafften Fahrzeugen. Kostenpunkt: 2500 Euro. Aus Sicht von Kreuser und seines Stellvertreters Jörg Kirchhartz ist das gut angelegtes Geld. Nach der Lohmarer und der Sankt Augustiner Feuerwehr sind die Rheinbacher eine weitere Wehr im Rhein-Sieg-Kreis, die auf diese Entwicklung reagiert.
Dass die aufblasbare Gafferwand den Wehrleuten allein durch ihre einfache Handhabung die Arbeit zukünftig deutlich einfacher machen dürfte, lässt sich bei einer Demonstration auf der Rheinbacher Wache erahnen: Jörg Kirchhartz trägt die zusammengerollte Wand, welche in etwa die Größe eines Golfsacks hat, ins Freie.
Das Ganze wird dann ausgerollt und an eine überdimensionale elektrische Luftpumpe angeschlossen. Dann drückt Kirchhartz auf den Knopf: Nach nicht einmal einer Minute steht die Wand auf ihrer kompletten Länge von 21 Metern und einer Höhe von rund zwei Metern.
Für Gaffer ist hier künftig an einer Unfallstelle etwa auf der A 61 Schluss. Warum, können diese dann auf der aufgeblasenen Wand nachlesen: „Wir schützen Unfallopfer!“ steht dort in großen Lettern. Ihren ersten Einsatz hat die Neuanschaffung bereits hinter sich: An Weiberfastnacht war auf der A 61 ein Laster umgekippt. Es gab zwar keine Verletzten, aber Diesel musste umgepumpt werden, was viele Schaulustige verfolgen wollten – und dieses Mal nicht konnten.
Gedacht ist die Wand in erster Linie für schwere Unfälle mit Personenschäden, weil das aller Erfahrung nach die meisten Gaffer auf den Plan ruft: „Bislang mussten die Kameraden sich hier auf der Autobahn aufreihen und mit Decken einen Sichtschutz bilden, um die Rettung und Versorgung der Unfallopfer vor neugierigen Blicken zu schützen“, erklärt Kreuser. „Das kann aber oft für meine Leute gefährlich werden, weil diese vom nachfolgenden Verkehr möglicherweise übersehen und daher geschützt werden müssen.“
Die Gefahr besteht bei der durchweg mit Reflektoren und Warnfarben ausgerüsteten Gafferwand nicht; sie ersetzt den menschlichen Sichtschutz. Die Gafferwand schützt somit die Wehrleute und die Privatsphäre der Unfallopfer. Ein weiterer Vorteil: „Wir brauchen keine Man-Power mehr, um einen Sichtschutz aufzubauen, sondern können die Kameraden direkt an der Einsatzstelle einsetzen, wo sie dringend gebraucht werden“, betont der stellvertretende Wehrleiter Kirchhartz.
Wehrleiter Kreuser, der die mobile Gafferwand bereits bei der Lohmarer Feuerwehr gesehen hatte, entschied sich im vergangenen Jahr für ihre Anschaffung. Auf der Rettungsmesse „RETTmobil“ konnte er sich die mobile Absperrung im Frühjahr aus der Nähe ansehen. Da ohnehin die Anschaffung neuer Einsatzfahrzeuge anstand, bestellte er die Gafferwand vor einem Jahr gleich mit.
Für Wehrleiter Kreuser ist das mittlerweile ein Muss: „Seit etwa fünf Jahren müssen wir registrieren, dass Probleme mit Gaffern immer mehr zunehmen.“ Es ist mittlerweile gelebte Praxis, ergänzt Katarina Knoch, Sprecherin der Rheinbacher Feuerwehr, „das gefühlt 30 Prozent der Autofahrer mit einem Smartphone filmend an einer Unfallstelle vorbeifahren“.
Auch Gespräche würden da wenig helfen. „Es gibt es oft nur pampige Antworten“, berichtet Kirchhartz. Er ist noch aus einem weiteren Grund heilfroh über die Neuanschaffung: „Für solche Gespräche haben wir eigentlich auch gar keine Zeit und Befugnis an der Unfallstelle.“