Neue Regelung nach Hochwasser Flerzheimer bleiben auf Bauschutt sitzen

Rheinbach-Flerzheim · Bauschutt darf im Rhein-Sieg-Kreis nach der Flutkatastrophe mittlerweile weder vor der Haustür noch auf Sammelplätzen abgeladen werden. In Flerzheim wurden Helfer am Montagmorgen abgewiesen, weil es keinen Platz für feuchten Estrich und Putz gab. Die Stadt Rheinbach bot später einen Kompromiss an.

 Koordinieren die Hilfe in Flerzheim: (v. l.) Cecile Poirot, Michael und Marion Faust, Daniela Bornstein und Dennis Beicht.

Koordinieren die Hilfe in Flerzheim: (v. l.) Cecile Poirot, Michael und Marion Faust, Daniela Bornstein und Dennis Beicht.

Foto: Matthias Kehrein

Die Flerzheimerin Marion Faust war schockiert, als sie vergangene Woche aus dem Urlaub zurückkehrte und feststellte, wie wenig die Fluthilfe in ihrem Ort organisiert war. „Es ist ein bisschen so, als ob unser Dorf vergessen worden wäre“, sagt sie dem GA auf Anfrage. Also setzte sie einen privaten Hilferuf über Facebook ab. Am Freitag kamen tatsächlich die ersten Helfer: „Weit über 100“ seien es am Wochenende insgesamt gewesen, unter anderem aus Bremen, Bayern, Bielefeld, Dresden und Morsbach.

Doch am Montag musste die Koordinationsgruppe um Faust die Helfer wegschicken. Der Grund: Der Bauschutt, den sie aus den Häusern holen wollten, konnte nirgendwo gelagert werden. Denn die Rhein-Sieg-Abfallwirtschaftsgesellschaft (RSAG) hatte am Donnerstag mitgeteilt, dass Bauschutt, Estrich und Fußböden nicht mehr vor den Häusern oder an Sammelstellen gelagert werden dürfen.

Alle Sammelstellen für Sperrmüll im Rhein-Sieg-Kreis, die nach der Flut an vielen Stellen zwangsweise eröffnet werden mussten, sind mittlerweile geschlossen. Betroffene müssen den Abfall laut der RSAG selbst zu einer der Entsorgungsanlagen bringen oder einen Container über einen entsprechenden Dienst mieten – beides ist kostenpflichtig.

Viele Häuser in Flerzheim noch unbewohnbar

Teilweise habe ausgelaufenes Heizöl die Häuser verseucht, viele Gebäude seien unbewohnbar, schilderte Faust. Die Anwohner hätten zur Beurteilung der Schäden erst auf Gutachter warten müssen. So hätten sie erst jetzt damit beginnen können, feuchten Putz, Estrich und kaputte Fußböden aus ihren Häusern abzutragen.

Faust organisiert die Hilfe vor Ort mit Dennis Beicht aus Meckenheim sowie der Polizistin Cecile Poirot, die mit einem ihrer Kollegen im Urlaub extra aus Hamburg angereist war. Zusammen waren sie durch die Straßen gegangen, um herauszufinden, wo die Anwohner Hilfe benötigen, hatten Mittagessen für Menschen organisiert, die nach dem Unwetter ohne Küche und Auto dastehen. „Wir haben kein Geschäft im Ort. Die Menschen sind auf Essensausgaben angewiesen, die wir auch nur über Spenden von verschiedenen Stellen erhalten haben“, sagte Faust.

Die beschädigten Materialien aus den Wohnungen abzutragen, macht laut den Helfern momentan gut 90 Prozent der Arbeit aus. Als am Montagmorgen dann die Ansage der Stadt kam, Bauschutt und Sperrmüll dürften weder in den Straßen noch auf den Sammelplätzen gelagert werden, „wurde uns der Boden unter den Füßen weggerissen“, beschrieb Faust. „Die Helfer sind weitergezogen, weil ihnen die Hände gebunden waren.“

Stadt bietet Flerzheimern Kompromiss an

Unter den betroffenen Flerzheimern seien auch Senioren und Menschen mit Gehbehinderung, die sich nicht mehr selbst helfen können. Vielen fehle schlicht das Geld, auch noch für die Entsorgung des Mülls zu zahlen. „Es tat mir unglaublich weh, den Leuten sagen zu müssen: Es kommt keine Hilfe mehr. Natürlich gibt es Regionen, die stärker betroffen sind als wir, aber es macht mich fassungslos und sprachlos, dass man Menschen, die Hilfe brauchen, die Hilfe verwehrt.“

Die Kritik kam auch der Stadt zu Ohren. Am Nachmittag besuchte Bürgermeister Ludger Banken mit Vertretern des Bauhofs die Hilfsstelle vor der Kirche in Flerzheim. „Die Bürger waren natürlich alle aufgelöst und wütend, aber wir haben es geschafft, einen Kompromiss zu finden“, berichtete Dennis Beicht anschließend.

Ihm zufolge übernimmt die Stadt die Kosten, wenn Bürger ihren Schutt zur RSAG-Entsorgungsanlage in Miel fahren. Wer versichert ist, solle die Rechnung an seine Versicherung schicken. Die Regelung gilt laut Beicht bis Donnerstagabend. Die Stadt Rheinbach beantwortete eine Anfrage zum Thema bisher nicht.

Für Beicht und Faust bedeutete das: Weitermachen. Für Montag war es zu spät, da die Helfer bereits abgereist waren. Aber zumindest bis Donnerstag habe das Team nun eine Perspektive.

Die RSAG-Entsorgungsanlage in Miel, Lützermiel 1, ist montags bis freitags von 8 bis 17 Uhr und samstags von 8 bis 13 Uhr geöffnet. Bei Sperrgut können Betroffene aus den Hochwassergebieten sich an 02241/306-444 wenden.

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