Aktion gegen Hunger und Kummer Wie ein Koch aus Rheinbach seinen Nachbarn hilft

Rheinbach-Flerzheim · In Flerzheim bereitet der gelernte Koch Stephan Kübbeler jeden Tag ehrenamtlich rund 250 kostenlose Mahlzeiten für Hochwasseropfer zu. „Das gibt mir die Möglichkeit, den Menschen hier zu helfen“, sagt der 37-Jährige.

 Eine warme Mahlzeit am Tag: Koch Stephan Kübbeler behält nach dem Hochwasser die Betroffenen in seiner Heimat Flerzheim im Blick.

Eine warme Mahlzeit am Tag: Koch Stephan Kübbeler behält nach dem Hochwasser die Betroffenen in seiner Heimat Flerzheim im Blick.

Foto: Stephan Stegmann

Einen Moment der Besinnung bei einem leckeren Teller Kartoffelsuppe – das beschert Stephan Kübbeler den Betroffenen der Hochwasser-Katastrophe in Flerzheim. Jeden Tag holt der gelernte Koch frische Zutaten aus der Bonner „KostBar“ ab, schnippelt Gemüse, brät Fleisch an oder steht stundenlang am Grill. „Das gibt mir die Möglichkeit, den Menschen hier zu helfen“, sagt der 37-Jährige.

Als Kübbeler davon erfährt, was das historische Unwetter in seiner Heimat angerichtet hat, bricht der Flerzheimer kurzentschlossen seinen Urlaub ab und fährt zurück nach Hause. „Auf dem Rückweg habe ich bereits überlegt, was ich tun kann“, sagt er. Kurze Zeit später stand für ihn fest: „Die größte Hilfe bin ich, wenn ich hinter dem Herd stehe. Denn viele im Ort haben seit der Katastrophe weder Strom noch Elektrogeräte oder andere Dinge, die man zum Kochen braucht.“

Die Caritas unterstützt den Koch

Kübbelers Gasherd funktioniert einwandfrei. „Deshalb kam mir der Gedanke, die Versorgung mit warmem Essen vor Ort sicherzustellen. Essen ist schließlich gut für Leib und Seele.“ Sein kulinarisches Konzept stößt auch bei Ortsvorsteherin Ellen Schüller auf offene Ohren.

Weil die Rheinbacher Ratsfrau einen guten Draht zur Caritas in Bonn hat, ist schnell die Trägerschaft für die notwendige Versorgung mit frischen Lebensmitteln geklärt. „Stephan war da, aber die nötigen Zutaten haben gefehlt. Also habe ich ein wenig nachgefragt, um zeitig helfen zu können“, sagt Schüller, die anfänglich Bedenken hatte, ob die Leute das Angebot auch annehmen. „Einige haben auch jetzt, selbst in der größten Not, noch Scheu, von anderen Menschen Hilfe anzunehmen. Diejenigen kann ich nur ermuntern, es auszuprobieren.“

Auch beim Caritasverband stieß die Initiative auf viel Wohlwollen. „Wir sind in Kooperation mit unserem Projekt KostBar sofort bereit gewesen, mitzuhelfen“, sagt Caritas-Sprecherin Mechthild Greten. „Wir kaufen die Lebensmittel oder lagern sie ein. Stephan kommt jeden Tag zu uns und holt die frischen Zutaten ab und kocht für die Menschen. Dreimal pro Woche unterstützen wir ihn dabei und bereiten bei uns Eintopf und Suppen zu, die vor Ort ausgegeben werden.“

Viele nutzen das Angebot

„Und die Resonanz ist überwältigend“, sagt Kübbeler, während er auf seinem zum gemütlichen Treffpunkt umfunktionierten begrünten Grundstück an der Bonner Straße steht und behutsam Hähnchenfleisch auf dem Grill wendet. „Meine Mutter hatte nebenan selbst das Wasser 1,5 Meter hoch im Keller, mein Haus blieb weitestgehend verschont“, sagt der ehrenamtliche Küchenchef, der anfänglich etwa 50 Personen aus der unmittelbaren Nachbarschaft bekochte. Doch das sollte sich schnell ändern. „Mittlerweile stehen wir auch auf dem Kirchplatz und geben täglich zur Mittagszeit deutlich mehr Mahlzeiten aus.“

Vor 20 Jahren habe er den Beruf als Koch erlernt. „Ich weiß daher auch, wie Profiküchen funktionieren.“ Seine Expertise als Küchenchef ist auch erforderlich, denn Kübbeler bereitet in der heimischen Küche rund 250 Portionen zeitgleich zu. „Hier kochen wir wie in einer Großküche. Danach will bestimmt niemand sehen, wie mein Gasherd aussieht.“

Ein voller Magen ist Kübbeler zufolge „immer noch die beste Grundlage zur Bewältigung der anstehenden Aufräumarbeiten“ vor Ort. „Ohne Benzin läuft der beste Motor nicht, ohne gutes Essen funktioniert auch der Mensch nicht.“

Die Gäste erfahren einen Moment der Ruhe

Dabei sei der nahrhafte Aspekt allein nicht alles. Was der freiwillige Helfer aus Flerzheim sowie viele Organisatoren in der Region mit ihren spontan errichteten Stätten der Einkehr schaffen, geht weit darüber hinaus. „Die Menschen kommen hierher, weil sie einen Moment Ruhe genießen wollen – sie möchten bei einem gemütlichen Essen einfach abschalten. Dann gibt es dazu auch mal ein kaltes Bier. Schließlich sollen sich Gäste und Freunde doch wenigstens einen Moment lang wohlfühlen.“

Als Dank spende der ein oder andere „einen Zehner“ für die Trinkgeldkasse. Kübbeler beschafft davon Getränke für den nächsten Tag. Thema Nummer eins des Tischgesprächs in Kübbelers kleinem Garten­idyll ist nach wie vor das Unwetter und dessen Folgen. „Das beschäftigt die Leute selbstverständlich seit fast einer Woche tagein, tagaus“, sagt Helfer Kübbeler.

Sicherlich sei auch Flerzheim schwer vom Hochwasser betroffen, für die meisten sei das ein herber Schlag. Allerdings hätten einige auch Verwandte, Freunde oder Bekannte an der Ahr. „Und wenn wir Bilder von dort sehen, steht allen der Schrecken ins Gesicht geschrieben. Gemessen daran werden hier viele wahrscheinlich feststellen, dass sie mit einem blauen Auge davongekommen sind“, sagt Kübbeler.

Wie lange der ehrenamtliche Gastronomiebetrieb in Flerzheim noch aufrechterhalten werden muss, weiß Kübbeler nicht genau. Solange es nötig sei – er richte sich allerdings auf mehrere Wochen ein. „Und der Speiseplan für die nächste Woche steht bereits. Viele haben sich Grillspezialitäten gewünscht, und die gibt es dann auf jeden Fall.“

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