Bildung in Rheinbach Gespräche zu Gesamtschulfiliale

RHEINBACH/ALFTER/SWISTTAL · Rheinbach und Swisttal denken an einen Zweckverband. Alfter kooperiert bereits.

Ein vollends perfekter Tag für die Schülerschaft der Gesamtschule Rheinbach: Gestern lockte die imposante Aussicht auf den ersten Ferientag heute, die Sonne strahlte vom nahezu blauen Firmament und die erst im August vergangenen Jahres gestartete Schule feierte ihr erstes Schulfest. Dass vier Mädchen und Jungen aus Rheinbach nach dem Anmeldeverfahren keinen Platz an der Schule am Dederichsgraben gefunden haben, ärgert die Fraktionen im Rheinbacher jedweder Couleur.

Grund: Kinder aus Nachbargemeinden mussten bei der Anmeldung berücksichtigt werden, weil in deren Kommune keine Gesamtschule existiert. Der Schulausschuss hat jetzt Gespräche auf den Weg gebracht, wie die Situation an der Gesamtschule mit einer Dependance in Swisttal gelöst werden könnte. Die Rheinbacher Sozialdemokraten hatten die Aufnahme von weiteren Gesprächen mit der Nachbargemeinde beantragt.

Deren Rechnung ist einfach: Wenn Kinder aus Swisttal an der möglichen Gesamtschulzweigstelle, der Georg-von-Boeselager-Sekundarschule in Heimerzheim, unterrichtet werden, verbleiben mehr Schulplätze für heimische Aspiranten. "Wir sehen, dass die Sekundarschule dadurch eine Stärkung erhält", sagte SPD-Fraktionschefin Martina Koch. "Wir haben Geld in die Hand nehmen müssen, um Swisttaler Kinder zu beschulen." Darum sei die Einrichtung eines Zweckverbandes sinnvoll.

Dann nämlich trüge die Gemeinde Swisttal die Kosten für den Unterhalt der Dependance, die Stadt Rheinbach für den Standort Rheinbach. Für CDU-Fraktionschef Bernd Beißel liegt das Problem vor allem in den Vorgaben des Landes: "Mit der Außerkraftsetzung der Grundschulgutachten und der Aufhebung des Probeunterrichts an Gymnasien hat die rot-grüne Landesregierung eine über Jahrzehnte funktionierende Schulstruktur destabilisiert und der Hauptschule den Todesstoß versetzt", erklärte Beißel. Ein Problem: "Bei der Gesamtschule, die auch zum Abitur führt, ist vor allem die Leistungsheterogenität zu beachten. Das heißt, es sind in ausgewogenem Verhältnis Schüler mit Hauptschul-, Realschul- und Gymnasialempfehlung aufzunehmen."

Um jedem Rheinbacher Kind einen Schulplatz in Rheinbach bieten zu können, sei es vonnöten, dass die Landesregierung vor allem zwei Regularien ändert: Zum einen sollten Schüler aus Kommunen mit Sekundarschulen, die nach Gesamtschulkonzept unterrichtet werden, in der Sekundarstufe eins - also bis einschließlich Klasse 10 - keinen Anspruch auf Besuch einer Gesamtschule in einer Nachbarkommune haben.

Zweites solle die Zulässigkeit der Einrichtung von Schuleinzugsbereichen für Gesamtschulstandorte geprüft werden. Die Verwaltung, so Beißel, möge - über die Bezirksregierung - auf die Landesregierung einwirken, diese Regularien für Gesamtschulen zu überarbeiten. "Wir müssen den Ball dem Land zuspielen."

Raffael Knauber, Erster Beigeordneter der Stadt Rheinbach, erinnerte daran, dass die Idee eines Zweckverbandes in der Nachbargemeinde Alfter "mit Verwunderung aufgenommen worden ist", wie Knauber sagte. Hintergrund: Mit Alfter besteht bereits eine Kooperation, in Sachen Gesamtschule zusammen zu arbeiten. "Wir sehen diese Vereinbarung als gegeben an", erinnerte Knauber. Was die Veränderung der Regularien angeht, müssten noch nicht mal das Schulgesetz geändert werden, vermutete der Erste Beigeordnete.

"Das geht auch über Interpretationshelfen." Jörg Meyer (UWG) begrüßte die Aufnahme von Gesprächen mit Swisttal. Auch Ausschussvorsitzender Dietmar Danz (SPD) vertrat die Ansicht, dass die Aufnahme von Gesprächen, nicht als "Affront gegen Swisttal" zu verstehen sei. Einstimmig brachte der Ausschuss den Prüfauftrag zur Gründung eines Zweckverbandes auf den Weg.

Lehrerrat

In der Debatte um eine Dependance der Rheinbacher Gesamtschule an der Georg-von-Boeselager-Sekundarschule hat sich nun der Lehrerrat der Heimerzheimer Schule zu Wort gemeldet. Der wundert sich über die von der Rheinbacher SPD angeschobene Diskussion: "Dass man sich heute über Schüler beschwert, die man vordem noch hochwillkommen hieß, als es darum ging, die Existenzberechtigung einer Gesamtschule in Rheinbach nachzuweisen, ist mit dem Wort unredlich nur ansatzweise beschrieben", erklärte Christoph Wach vom Lehrerrat.Es verwundere nicht, dass "man kurz vor den Sommerferien noch mit kruden Vorschlägen um mediale Restaufmerksamkeit ringt". Es erstaune aber, dass Vertreter ausgerechnet jener Partei, die die Sekundarschule als "kleine Schwester der Gesamtschule" maßgeblich auf den Weg gebracht hat, davon nichts wüssten. Mithin sei die Sekundarschule "anders als behauptet, durchaus eine der Gesamtschule vergleichbare Schulform", so Wach. Das Land habe 2011 viel Geld in die Hand genommen, um sie mit gymnasial befähigten Lehrkräften auszustatten. So sei es auch in Heimerzheim geschehen, wo sich "rund 50 Kollegen in hervorragender Weise für ihre Schüler engagieren". Die Sekundarschule unterhalte Kooperationsverträge mit weiterführenden Schulen, um einen reibungslosen Übergang von der 10. Klasse in die gymnasiale Oberstufe zu ermöglichen. "Von schulpolitisch Akteuren darf man diesen Kenntnisstand erwarten." Ein Fleißkärtchen gebe es für derlei Einlassungen jedenfalls nicht, so Wach.

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