Hochschule Bonn-Rhein-Sieg Am Campus Rheinbach sind Millionenschäden entstanden

Rheinbach · Der Starkregen hat sämtliche Gebäude der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg in Rheinbach beschädigt. Die meisten Keller stehen noch unter Wasser, doch schon jetzt geht die Hochschule von Schäden von rund 50 Millionen Euro aus.

 Der Leiter des Bauteams der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, Thomas Himmerich, steht im immer noch überfluteten Hörsaal 1/2 am Campus in Rheinbach.

Der Leiter des Bauteams der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, Thomas Himmerich, steht im immer noch überfluteten Hörsaal 1/2 am Campus in Rheinbach.

Foto: Axel Vogel

Auf einer Tafel steht noch „Herzlich Willkommen an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg!“. Ansonsten haben die Hörsäle 1 und 2 nichts Einladendes mehr an sich. Der untere Teil des abgestuften Raums ist komplett geflutet, das massive Pult steht schief im trüben Wasser, ein Over-Head-Projektor ragt gerade noch über die Wasserkante. Es riecht nach Sumpf. Der Starkregen hat den Rheinbacher Standort der Hochschule vergangenen Mittwoch hart getroffen.

Einen ersten Überblick über die Schäden hat sich der Leiter des hochschuleigenen Bauteams, Thomas Hümmerich, verschafft. Das Wasser kam in der Nacht zu Donnerstag von der Stadt her und breitete sich auf dem gesamten Gelände aus. „Vorne stand es ungefähr 30 Zentimeter hoch, auf dem tiefergelegenen Platz im Innenhof eher 80 Zentimeter“, berichtet er. Auch der Teich lief über. Die Wassermassen flossen dann weiter Richtung Gewerbegebiet – jedoch nicht ohne vorher sämtliche Kellerräume der Hochschule zu fluten. „Jeder Gebäudeteil ist betroffen.“ Selbst in den Gebäudeteilen ohne Keller habe das Wasser im Erdgeschoss mindestens zehn Zentimeter hoch gestanden.

Seit Mittwoch, 17 Uhr, sei der Strom ausgefallen, berichtet Hümmerich. Die Gebäudeteile E und F seien mittlerweile grob gereinigt, sodass ein Notbetrieb mit Stromaggregat vor Ort wieder möglich ist. Weiter geht es am Mittwoch im Gebäudeteil B: Der Gebäudereiniger der Hochschule legt eine Sonderschicht ein, um Böden von Pfützen und der feinen Schlammschicht zu befreien, die sich überall ausgebreitet hat. Aber: „Unter dem Estrich sind Kabelschächte verlegt. Gutachter beurteilen nächste Woche, ob man es trocknen lassen kann oder der Boden raus muss.“

4300 Quadratmeter Keller überflutet

Vergleichsweise sind das noch kleine Schäden. „Das eigentliche Drama findet im Kellergeschoss statt“, sagt Hümmerich. Rund 4300 Quadratmeter Keller seien noch überflutet – Heizzentrale, Lüftung, Gebäudeleittechnik, Labore und die Neutralisationsanlage für Laborabwässer. Weil die Kellerräume der einzelnen Gebäudeteile miteinander verbunden sind, aber unterschiedlich hoch liegen, müsse an mehreren Stellen gleichzeitig abgepumpt werden. Sonst könne der einseitige Druck auf die Brandschutztüren zu groß werden. „Wir suchen gerade nach einer Firma, die dafür Kapazitäten hat.“ Bis die Keller nicht wasserfrei sind, sei es schwer, den Gesamtschaden zuverlässig einzuschätzen. Von 40 bis 50 Millionen Euro geht Hümmerich aktuell aus.

Nicht zu beziffern ist der Schaden, der der Forschung an der Hochschule entstanden ist. Durch die Lichtschächte ist von außen teilweise zu sehen, wie die Labore aussehen. Ordner und Messgeräte treiben im trüben Wasser, Kühlschränke und Bildschirme hat es umgeworfen. Selbst die trockengebliebenen Laborgeräte im Erdgeschoss haben gelitten, weil sie eigentlich langsam heruntergefahren werden müssen. Ob sie den Stromausfall überlebt haben, werde sich zeigen. Selbst wenn, müssten sie für viel Geld neukalibriert werden. Einige Forschungsprojekte seien unwiederbringlich dahin, ist sich Hümmerich sicher. Eine Katastrophe für die Wissenschaftler, die sie für ihre Doktorarbeiten brauchen.

 Am Donnerstag war das gesamte Gelände der Hochschule überflutet.

Am Donnerstag war das gesamte Gelände der Hochschule überflutet.

Foto: Xuan Tung Do

Was die Mitarbeiter nach dem Abpumpen erwartet, davon gibt Gebäude H einen Eindruck. Es liegt ein wenig abseits des quadratischen Gebäudeensembles der Hochschule und beherbergt Hörsäle im Untergeschoss. Die Feuerwehr hatte die bis obenhin vollgelaufenen Kellerräume bereits leergepumpt. Was zurückbleibt, ist Chaos: Das Wasser kam mit einer solchen Wucht, dass es die Eingangstür zersplitterte, sie aus den Angeln hob und mehrere Meter ins Gebäude spülte. Der Boden ist bedeckt von Schlamm und Glassplittern. Aus in den Zwischenwänden klaffenden Löchern baumeln Kabel. Quer auf den dreckigen Klappstuhlsitzreihen liegen umgestürzte Pinnwände.

Lehre wird online fortgesetzt

Bis zum Semesterstart im Oktober wird die Hochschule dem Bauleiter zufolge nicht saniert sein; er geht eher von einem Jahr aus. Sorgen, dass sie ihr Studium nicht weiterführen können, sollen die Studierenden sich aber nicht machen, sagt Pressesprecherin Eva Tritschler. „Die Online-Lehre hat sich durch Corona bewährt. Wir werden sie im neuen Semester fortführen.“ Einige Wirtschaftsveranstaltungen könnten am Standort Sankt Augustin stattfinden, alle Veranstaltungen dorthin zu verlagern sei aber nicht möglich.

Überschwemmungen an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg
16 Bilder

Überschwemmungen an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg

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Foto: Axel Vogel

Versichert sind das Hauptgebäude von 1999 und der Neubau von 2017, die dem Land NRW gehören, übrigens nicht. „Es gilt das Selbstversicherungsprinzip des Landes“, erklärt Sandra Scheermesser vom Kultur- und Wissenschaftsministerium des Landes. Das heißt: Das Land versichert nicht, kommt aber für Schäden auf. Wie der Wiederaufbau finanziert wird, sei zu diesem Zeitpunkt aber noch offen.

Eine gute Nachricht: Nach jetzigem Stand sind Tritschler und Hümmerich zufolge alle Studenten und Mitarbeiter der Hochschule körperlich wohlauf.

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