"Konfetti-Slam" in Rheinbach Karneval für „aspekte“-Zuschauer

Rheinbach · Mit dem „Konfetti-Slam“ schlägt der Verein „Rheinbach liest“ die anspruchsvolle Seite der fünften Jahreszeit auf. Dabei brachten der bekannte Fernseh- und Radiojournalist Jörg Thadeusz und seine Bühnengäste reichlich Glanz ins Pfarrzentrum am Lindenplatz.

 R-"Konfetti-Slam" mit Jörg Thadeusz in der Stadtbücherei; hier; Parodistisches Talent bewies Julius Esser mit Glatzen-Kappe in seiner Rolle als Marcel Reich-Ranicki

R-"Konfetti-Slam" mit Jörg Thadeusz in der Stadtbücherei; hier; Parodistisches Talent bewies Julius Esser mit Glatzen-Kappe in seiner Rolle als Marcel Reich-Ranicki

Foto: Axel Vogel

Wenn eine GangsterRap-Oma das Kommando an sich reißt, ein berühmter Literaturkritiker eine deftige Anti-Büttenrede hält und „Mademoiselle Karneval“ zwar eine Liebeserklärung, aber doch einen Korb bekommt, und wenn ein Grimme-Preisträger höchstpersönlich mit all diesen schillernden Wortbeiträgen jongliert, dann machen sich selbst eingefleischte Karnevalsmuffel gern zu Narren – zu Bücher-Narren: Mit dem „Konfetti-Slam“ schlug der Verein „Rheinbach liest“ nicht nur die anspruchsvolle Seite der fünften Jahreszeit auf, sondern auch ein ganz neues Format mit hochkarätiger Besetzung. „Karneval für ‚aspekte‘-Zuschauer“, nannte Moderator Jörg Thadeusz die Premiere im Pfarrzentrum am Lindenplatz.

Und in diese Hütte brachten der bekannte Fernseh- und Radiojournalist Thadeusz und seine Bühnengäste reichlich Glanz. Mit viel Schmelz in der WDR-erprobten Stimme und Witz in den Anmoderationen bat der 48-Jährige unterschiedliche Künstler aus der Poetry-Slam- und Musikszene ans Mikro. Bühnenmultitalent Ella Anschein bezog das Publikum in ihren Gangster-Rap als Oma mit ein und stellte in einer flammenden Rede klar, dass sie kein „girl“, sondern eine Frau ist.

Parodistisches Talent bewies Julius Esser mit Glatzen-Kappe in seiner Rolle als Marcel Reich-Ranicki, der die Jecken in einer gereimten Karnevals-Schmähung verunglimpfte. Einen wehmütigen Abgesang auf den Karneval, dem „die Seele ausgetrieben“ wurde, nahm Esser auf die eigene Kappe.

Keine Kappe, aber wechselnde exzentrische Roben flankierten den genialen A-capella-Auftritt von Christian Padberg alias „Dad‘s Phonkey“. Mit nichts als seiner Stimme und einer Loop-Station zur Verdoppelung derselben entführte der Sänger das verblüffte Publikum in die irrwitzige Welt der Vokalakrobatik und Stimmpercussion von Operngesang und Trompetenimitation über Jodeln und Jazz bis hin zu babylonischem Sprachgewirr.

Während Florian Kalff Erotikmessen aufs Korn nahm, nahm „Rheinbach liest“-Tausendsassa Gerd Engel sich selbst auf die Schippe und plauderte aus dem Nähkästchen der Vorbereitungen zum „Konfetti-Slam“. Keine Mühen und Peinlichkeiten hatte der bekennende Karnevalsmuffel demnach gescheut, um auch für sich selbst zehn Minuten Redezeit auf der begehrten Slam-Bühne rauszuschlagen. Dazu galt es vor allem, Initiatorin Steffi Scherer zu bezirzen: Die Vereins-Allrounderin hatte gemeinsam mit Ehemann Harald Scherer den prominenten Moderator für ihr Konzept gewonnen. Der wiederum forderte das Publikum erfolgreich zu „euphorischem Dankbarkeitsapplaus“ fürs Orgateam von „Rheinbach liest“ auf.

Den karnevalistischen Übergang zur Tanz-Party der rund 160 literarischen Jecken lieferten die Bönnsche Band „Bulle Wuh“ sowie die Süd-Kölner Famillisch „De Breiköpp“.

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