Gefängniszelle in Rheinbach Kein Ort, der Menschen willkommen heißt - ein Besuch

Auf der anderen Seite, dem weiten Gefängnisflur, muss der Schlag lange nachgehallt sein. Zumindest so lange, wie der Justizvollzugsbeamte mit seinem schmalen, massiven Schlüssel mit schneller Bewegung das Schloss verriegelt hat. Es ist ein Zweiklang, der hundert-, wenn nicht tausendfach zu hören ist am Tag, in den Hafttrakten der JVA Rheinbach, wenn die Türen hinter den Häftlingen verschlossen werden.

 Der Blick aus dem Fenster: Alles ist grau, sogar der Himmel.

Der Blick aus dem Fenster: Alles ist grau, sogar der Himmel.

Foto: Rosenkranz

In der kargen Zelle ist es jetzt ruhig. Nur das dumpfe Surren einer Lüftungsanlage rauscht sich in den Kopf. Doch das Fenster muss jetzt offen stehen, sonst ist es zu stickig. Vielmehr noch: Es ist muffig, obwohl außer der dunkelblauen und doch irgendwie farblosen Gardine kein Fetzen Stoff in Sicht ist. Nur langsam strömt Frischluft durch das massive Fenstergitter.

Fast alles ist eckig in diesem Raum. Ausnahmen bilden die Sanitäranlagen und die Leuchtstoffröhre, die ein kaltes Licht auf die kahle, beige Wand wirft, die schon so einige Schrammen abbekommen hat. Immerhin kann man den Himmel sehen. Wenn man denn nah genug an das Fenster herantritt. Sonst sieht man nur Grau: eine massive Mauer, Stacheldraht und weitere verrostete Gitter. Es ist ein beklemmendes Gefühl, in diesem Raum, der einen nicht willkommen heißt.

Zwischendurch wird das Surren der Lüftung von einem dumpfen Piepton unterbrochen. Dann dröhnt eine Durchsage durch eine Art Gegensprechanlage. Sie ist von Siemens und das weitaus modernste in der Zelle, gleich neben der Tür angebracht. Hier kann der Gefangene das Licht einschalten - für sich im Raum, oder für den Beamten auf dem Flur ein rotes Lämpchen. Falls etwas nicht stimmt oder es etwas mitzuteilen gibt. Über die Anlage kommt gut alle zehn Minuten eine Durchsage in Funkgerätqualität. Häftlinge beispielsweise, die gewissen Sportgruppen angehören, werden daran erinnert, dass diese nun stattfinden.

Das Mobiliar in der Zelle ist einfach: Meist sind auf Metallrahmen entsprechende Holzkomponenten angebracht, die das Gesamtstück dann zu einem Stuhl oder Tisch machen. Unter der Sitzfläche des Stuhls hat jemand notiert, wie lange er eingesessen hat: "M.B war hier vom 14.11.2001 bis 13.9.2003".

Das Bettgestell ist übel zugerichtet: Der Lack ist abgeplatzt, jede Bewegung ruft ein Knarzen hervor. Die Schaumstoffauflage hat die Bezeichnung Matratze nicht verdient. Auf dem grauen, blau-weiß gesprenkelten PVC-Boden haben sich Quadrate von den Bettpfosten abgezeichnet. Der Rost hat sich hier regelrecht in den Kunststoffboden gebohrt.

Durch das offene Fenster schallt nun russisch herein. Zwei Häftlinge unterhalten sich. Worüber, ist nicht auszumachen. Die Sprache zu fremd, die Unterredung zu kurz. Die russischstämmigen Gefangenen sollen ja eine eingeschworene Gemeinschaft sein.

Auf dem Spiegel über dem Waschbecken, in das nie warmes Wasser läuft, klebt ein Aufkleber. Abgebildet ist eine Hantel. "Du bist stark" steht darauf. Und das muss man auch sein an diesem Ort. Eng, unkomfortabel, heruntergekommen.

Vielen wird wohl erst hier bewusst, was es wirklich heißt, sein neues Zuhause umgeben von hohen Mauern hinter Gittern auf 8,6 Quadratmetern zu finden. Meist für Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Dann, wenn die Tür zum ersten Mal zu und der Mensch ganz bei sich ist.

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