Kommentar zur Einweihung des Mahnmals Keine Zeit für Schlussstrich

Meinung | Rheinbach · Vor 72 Jahren wurden zwischen zwei Eschen im Stadtpark drei junge Zwangsarbeiter von Schergen des Naziregimes hingerichtet. Zu ihrem Gedenken ist ein Mahnmal errichtet worden.

In jedem von uns schlummert die Hoffnung, wichtige Herzensangelegenheiten oder erst recht unangenehme Dinge eines Tages abschließen zu können – einen Haken hinter eine Sache zu machen. In vielen Deutschen schlummert – bewusst oder unbewusst – die heimliche Hoffnung, für die Gräueltaten des Nationalsozialismus keine Verantwortung mehr übernehmen zu müssen – schließlich sind seit der Stunde Null schon 72 Jahre ins mittlerweile wiedervereinigte Land gezogen.

Insbesondere in Rheinbach gibt es viele Orte und Formen des Gedenkens an das, was Nazischergen angerichtet haben. Da gibt es die jüdische Gedenkstätte im Lichthof des Rathauses, die Erinnerungstafeln an der früheren Synagoge, das Ehrenmal im Stadtpark, die im vergangenen Jahr verlegten Stolpersteine, den Schweigegang am 9. November, die Erinnerungen an den Tag der Befreiung des KZ Auschwitz am 27. Januar und – als Rheinbacher Besonderheit – an die Morde an drei ukrainische Zwangsarbeiter.

Die Pflicht zu erinnern

In Zeiten, da populistische Scharfmacher in Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise eine Rückbesinnung auf den Begriff „völkisch“ oder einen grundsätzlichen Stolz auf die Wehrmacht fordern, ist es eine Pflicht, immer wieder aufs Neue an die schlimmen Folgen von Hass, Ausgrenzung und Willkür in unseren Städten und Gemeinden in den 30er und 40er Jahren zu erinnern.

Die fassungslos machenden Schmierereien von Hakenkreuzen auf ein Flüchtlingswohnhaus zeigen nur zu deutlich, wie wichtig es ist, an Ort und Stelle zusammenzukommen, die Geschichten über die Historie vor unserer Haustüre erzählen.

Es ist schlichtweg nicht die Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen. Hinzu kommt, dass Privatleute sowohl die Stelen zum Gedenken an die Ukrainermorde als auch die Stolpersteine finanziert haben. Bei den Stolpersteinen haben auch Schulklassen Patenschaften übernommen. Die Initiativen kamen somit stets aus der Mitte der Gesellschaft. Da die Zeitzeugen der Nazizeit zusehends wegsterben, sind die würdevollen Orte des Gedenkens, wie jetzt an der Ukrainer-Esche im Stadtpark geschehen, so ungemein wichtig.

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