Leuchtturmprojekt für Nachhaltigkeit Kosten für Betriebshof-Neubau in Rheinbach verdoppeln sich
Rheinbach · Dass die Stadt Rheinbach einiges an Geld für Neu- und Umbau des Betriebshofs in die Hand nehmen muss, war absehbar. Einige neue Beschlüsse im Rat und Wünsche zur Nachhaltigkeit haben die Kosten nun aber auf rund 12,5 Millionen Euro steigen lassen. Und es könnte noch mehr werden.
Sonderwünsche kosten: Für Erweiterung und Umbau des Rheinbacher Betriebshofes veranschlagen die Planer nach den aktuellen Kalkulationen rund 12,5 Millionen Euro. Nur knapp die Hälfte, nämlich 6,3 Millionen Euro waren es Stand November 2021. Zahlreiche Anforderungen der Politik zu energetischen Maßnahmen tragen zu dieser Kostensteigerung bei. Eine ebenfalls gewünschte Zertifizierung könnte sogar für weitere Aufschläge sorgen. Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Bauen hat sich jetzt dafür ausgesprochen, das Projekt so fortzuführen.
Neue Beschlüsse seit dem Planungsbeginn
Das Planungskonzept des Büros Beyss Architekten, das Wolfgang Beyß in der Ausschusssitzung noch einmal vorstellte, zeigt vor allem drei Punkte: Neubau Büro, Modernisierung Bestandslager und Umbau Altbau. Die Kostenschätzung Stand 17. November 2021 nannte dafür 5,6 Millonen Euro, zuzüglich 680.000 Euro für die inflationsbedingte Kostensteigerung. Seitdem fassten Rat und Gremien allerdings einige weitere Beschlüsse. Schon im August hatte der Rat zugestimmt, den Betriebshof als Klimaschutz-Modellprojekt zu planen. Genannt waren dafür eine energieautarke Versorgung des Betriebshofs, Solarthermie, PV und Windkraft. Die neu zu errichtenden Gebäude sollen einen deutlich höheren Energiestandard erfüllen, eine spätere Aufstockung der Büro-Neubauten zwei weitere Geschosse zumindest vorbereitet sein. Zudem sollen seit September 2022 städtische Neubauten in Rheinbach in Holzbauweise erfolgen. Insgesamt rund 3,8 Millionen Euro führt die von Beyß vorgestellte Präsentation allein für diese zusätzlichen energetischen Maßnahmen auf.
Und dann spielten in die Planungen noch die Flutschäden hinein. Da es auf dem Betriebshof Wiederaufbaumaßnahmen anstehen, wird die Containeranlage als Zwischenlösung mehr und länger benötigt als erwartet. Sie braucht entsprechend eine höherwertige Ausstattung. Hier sind es unter dem Strich 1,95 Millionen Euro für Container und Sanierung. Dazu kommen fünf Prozent der eingeplanten Gesamtsumme als Puffer für „Unvorhergesehenes“, macht 243.000 Euro. Die Wiederaufbaukosten sollen über den entsprechenden Fonds gedeckt werden, bei den energetischen Maßnahmen können für das Klimaschutz-Modellprojekt rund 1,7 Millionen Euro sowie 110.000 Euro aus dem KfW 40 Förderprogramm beantragt werden. Bleiben allerdings für die Stadt Rheinbach noch immer rund 8,6 Millionen Euro.
Ein Leuchtturmprojekt für Rheinbach
„Wir lassen uns die Nachhaltigkeit schon was kosten“, meinte daher auch der Ausschussvorsitzende Georg Wilmers (SPD). Nicht nur Nils Lenke (Grüne) nannte den geplanten Betriebshof ein „Leuchtturmprojekt“. Konsens über alle Fraktionen war aber mit Blick auf dieses Projekt: „Wir sollten das angehen.“
Mehr Diskussionen gab es zur vorgesehenen Zertifizierung nach Kriterien der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB e.V.). Zum Auftakt der Ausschusssitzung hatte Uta Höhner im Auftrag der Hellinger Zillinger Ingenieure genauer vorgestellt, was dahintersteckt. Für die Zertifizierung, wie sie das Ingenieursbüro begleitet, müssen in unterschiedlichen Bereichen Bauplanung und –durchführung genau vorgegebene Kriterien erfüllen. Das geht über energetische Aspekte hinaus. „Es ist nicht nur ein Energielabel“, stellte Höhner klar. Auch ökonomische, sozio-funktionelle und funktionale Punkte seien zu berücksichtigen. Das fange bei der Barrierefreiheit an, die für Menschen mit Rollstuhl, aber auch für Blinde und Gehörlöse gegeben sein muss. Es werde aber auch beispielsweise auf die Reinigungsfreundlichkeit geschaut. Gibt es Metallgeländer oder Glasscheiben an Treppen, die regelmäßig gereinigt werden müssen? Was ist am Lebensende des Gebäudes: Sind alle eingesetzten Materialien möglichst sortenrein zu trennen und zu recyceln? Sogar die Prozessqualität fließt mit ein – bis zur Frage, ob auf der Baustelle der Lärm reduziert wurde.
Zertifizierung könnten Zusatzkosten bringen
120.000 Euro stehen dafür in der Planung. Allerdings nur für den Auditor, der für die Zertifizierung den Planungs- und Bauprozess begleiten soll. Durch dessen Beratung könnten sich so weitere Punkte ergeben, die zur Erlangung des Zertifikates zusätzlich oder anders gebaut werden müssen. „Ob und in welchem Rahmen Zusatzkosten im Planungs- und Umsetzungsprozess entstehen, wird sich erst im herauskristallisieren“, betonte Beyß. Wie viel das sein werde, können man jetzt auch noch nicht beziffern, „weil es ein laufender Prozess ist“.
Sebastian Ruland (FDP) betrachtete die Zertifizierung daher kritisch. „Ich sehe da keinen Mehrwert drin“, sagte er. Zumal Uta Höhner erklärt hatte, die DGNB-Zertifizierung werde meist von Unternehmen angestrebt, die sich so für Gebäude einen höheren Wiederverkaufswert oder höhere Miteinnahmen versprechen. Bei einem Betriebshof stellte da auch Rheinbachs technischer Beigeordneter Torsten Bölinger den Nutzen infrage. Die Entscheidung des Ausschusses fiel am Ende trotzdem mehrheitlich für die Zertifizierung. Allerdings solle phasenweise überprüft werden, wie sich das auf die Gesamtkosten auswirkt. So können festgelegt werden, ob man weitermacht.
Vorerst stehen im Zeitplan ohnehin zwölf weitere Monate Planungszeit ab Dezember 2022. Gelingt der Baubeginn im Dezember 2023, rechnen die Planer mit einer Fertigstellung Ende 2026.