Fall Trudel Ulmen Kriminologe Christian Pfeiffer: "Der gefährlichste Mann ist der eigene Ehemann"

Bonn · Der Fall Trudel Ulmen wirft viele Fragen auf. Zum einen geht es um die Arbeit der Polizei. Zum anderen steht der Ex-Mann des Opfers im Fokus. Wie konnte er all die Jahre mit der Schuld leben? Kriminologe Christian Pfeiffer und Alexander Schmidt, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Sozial- und Rechtspsychologie der Universität Bonn, geben Antworten.

"Der gefährlichste Mann für jede Frau ist der Ehemann", ist Christian Pfeiffer, Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen in Hannover überzeugt. Er hält den Fall Ulmen für "einen stinknormalen Tötungsfall". Ehepartner gehörten in der Regel zu den Hauptverdächtigten. "Verwunderlich ist hier jedoch, dass der Fall nicht früher aufgeklärt wurde", sagte der Experte.

Laut Pfeiffer ist jedoch die Zahl der Menschen, die durch ihren Ehepartner umgebracht werden, deutlich zurückgegangen. "Heute trennen sich die Paare schneller als früher, die Frauen sind finanziell und beruflich unabhängiger", nennt Pfeiffer als Grund. "Die Konflikte schaukeln sich daher nicht so schnell hoch."

Ob Eheprobleme wirklich eine Ursache für den Tod Trudel Ulmens waren, wird jedoch wohl wenn überhaupt erst vor Gericht geklärt werden. Die psychologischen Hintergründe von Tötungsdelikten geben selbst Fachleuten meist Rätsel auf. "Es gibt einfach zu wenige Fälle, in denen ein Täter die Tat über so lange Zeit vertuschen kann, um daraus seriöse Merkmale abzuleiten", sagt Alexander Schmidt, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Sozial- und Rechtspsychologie der Universität Bonn.

Welche psychischen Beweggründe der Tat zugrunde liegen "das könnte allein der frühere Ehemann selber sagen", so Schmidt. Angesichts des kommenden Gerichtsverfahrens sei jedoch "jetzt ein schlechter Zeitpunkt, die wahren Motive herauszufinden". Generell gilt nach Angaben des Experten für die Erforschung der Psyche von Mördern: "Wir sind erschreckend ahnungslos."

Die Wissenschaft beschäftige sich vor allem mit der Frage: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Straftäter wiederholt eine schwere Tat begeht? Kaum Erkenntnisse gebe es dagegen darüber, warum bisher unbescholtene Bürger einen anderen Menschen töten. "Für diese Konstellation gibt es kaum eine Möglichkeit der wissenschaftlichen Untersuchung, etwa durch eine Langzeitstudie."

Nur ein Bruchteil der Morde wird jedoch nach Angaben Schmidts von psychisch kranken Tätern begangen. "Meistens liegen die Motive im normalpsychologischen Bereich", sagt der Experte. Vom Streit unter Alkoholeinfluss bis zum nüchtern geplanten Mord - "es gibt keine Verallgemeinerung, jeder Einzelfall muss als solcher betrachtet werden", so Schmidt. Daher sei es auch für die Mitmenschen und die Ermittler nicht ohne weiteres möglich, einen Täter als solchen zu erkennen. Täuschung gehöre zu den alltäglichen menschlichen Verhaltensweisen, so der Experte.

"Den Serienmörder gibt es fast nur im Fernsehen", sagt der Rechtspsychologe. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Täter mehrere Menschen töte, sei äußerst gering. Auch die in der Öffentlichkeit stark beachteten Fälle von Sexualmorden seien mit etwa 40 Fällen in Deutschland im Jahr eher selten.

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