Windräder in Meckenheim und Rheinbach Lärmrichtwert ist schon erreicht

RHEINBACH/MECKENHEIM · Die hohe Zahl an Zuhörern lässt felsenfest darauf schließen, dass ein Thema auf der Tagesordnung des Ausschusses für Stadtentwicklung: Umwelt, Planung und Verkehr steht, bei dem es mehr als eine Meinung gibt.

Die Windkraft ist so eines, an dem sich die Geister scheiden. Etwa 30 Zuhörer - sonst sind es meist nicht mehr als eine Handvoll - wollten sich die Sitzung nicht entgehen lassen.

Seit den angestoßenen Bürgerinformationen in beiden Kommunen sind einige Anregungen in den Rathäusern von Rheinbach und Meckenheim eingegangen. Bislang scheinen die ausführenden Planer des Ingenieur- und Planungsbüros Lange aus Moers ihre Hausaufgaben gut gemacht zu haben. Denn: "Es gibt keine unüberwindbaren Hindernisse", sagte Margit Thünker-Jansen, Rheinbachs Fachgebietsleiterin Bauverwaltung, Denkmalschutz und Planung.

Besonders sehnsüchtig erwartet wurde ein Brief aus Siegburg: Überraschend schien zu klingen, worauf der Rhein-Sieg-Kreis, konkret das Amt für technischen Umweltschutz, hinzuweisen hatte. Nämlich: In die Schallprognosenberechnungen für jede einzelne Windenergieanlage (WEA) müsse ein "Sicherheitszuschlag" von 2,5 Dezibel aufgeschlagen werden. Durch diese neue Brille betrachtet, sieht das Untersuchungsgebiet an einer Stelle plötzlich anders aus: So zeigten nun die Schallprognosen, dass es sich beim Wohngebiet Siebenswinkel in Meckenheim "um den kritischsten und somit für die Planung maßgebenden Immissionsort handelt", wie Thünker-Jansen erklärte. Denn: Es ist ein reines Wohngebiet, welches südlich an die Grafschafter Krautfabrik angrenzt.

Aber weniger der Bekanntheitsgrad spielt beim möglichen Energiepark eine Rolle, sondern die Geräusche, die die Maschinen der Krautfabrik des Nachts produzieren. Wegen der Nachbarschaft des bekannten Unternehmens sei der "zulässige Immissionsrichtwert von 35 Dezibel nachts in reinen Wohngebieten bereits ausgeschöpft", stellte die Fachgebietsleiterin fest. Für die beabsichtigten WEA heißt dies, dass die Rotoren bei nächtlicher Rotation nicht mehr als 29,4 Dezibel an Lärm erzeugen dürfen.

Eine technische Herausforderung. Eine Überprüfung möglicher Anlagenkonfigurationen, auch mit höheren WEA-Anlagen, kommt zu dem Ergebnis, dass diese schalltechnische Bedingung nur im schall- und leistungsreduzierten Modus in der Nachtzeit zu erfüllen sei. Allerdings: Wie lärmintensiv die Grafschafter Krautfabrik tatsächlich ist, war noch nicht Gegenstand der Prüfung. Konsequenz: Bevor die rotierenden Kraftwerke auf derzeit intensiv acker- oder gartenbaulich genutzten Flächen gebaut werden, müssen zuvor "flächenbezogene Schallleistungspegel" erstellt werden. Schalltechnisch sind somit allenfalls drei bis sechs WEA in dem interkommunalen Energiepark möglich. Den Lärm eines nächtlich drehenden Windkraftrotoren verglich Thomas Finke vom Ingenieur- und Planungsbüro Lange mit dem Surren eines Kühlschranks, was bei einigen Zuhörern zu augenscheinlich starker Heiterkeit führte.

Ebenso sagte Lange, dass die artenschutzrechtlichen Untersuchungen "keine Verbotstatbestände" ergeben hätten. Was Schattenwurf angehe, sei die Anlage technisch in der Lage, sich selbst abzuschalten, wenn das Kontingent von 30 Minuten am Tag oder 30 Stunden im Jahr überschritten sei. Mit Blick auf die Wahrnehmbarkeit der WEA seien alle Anlagen, die größer sind als 150 Meter, wegen der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes ausgeschlossen. Zum Vergleich: Der Kölner Dom misst bis zur Spitze des Kathedralenturms 157 Meter.

Verblüffend: Den höchsten Ertrag an Megawattstunden verspricht nicht die Variante mit den meisten Rädern. Am lukrativsten ist nach Planeransicht die Annahme, vier 150 Meter hohe WEA (drei in Rheinbach, eine in Meckenheim) aufzustellen, die binnen eines Jahres 23 878 Megawattstunden produzieren. Sechs WEA von 100 Meter Höhe - davon vier in Rheinbach und zwei in Meckenheim - schaffen hingegen nach Expertenmeinung nur 14 007 Megawatt. Dass die Lärmmessungen der Fabrik nicht vorliegen, kritisierte Nils Lenke, sachkundiger Bürger der Grünen: "Wenn Sie ihre Hausaufgaben gemacht hätten, wüssten sie, wie laut die Krautfabrik ist", sagte er. Die Hausaufgaben seien gemacht, so Lange. Ein Gutachter sei eingeschaltet.

SPD-Ratsfrau Ute Krupp freute sich, dass die Zeit der "Bauverhinderungsplanung" in Sachen Windkraft, wie anno 2004 in Rheinbach geschehen, offenbar passé sei. Mithin habe sie vernommen, dass sich viele Flächenbesitzer auf den Energiepark freuten - und seinen möglichen Geldsegen durch Pachtzahlungen. "Wir betreiben Städtebaupolitik, keine Bodenaufwertungspolitik", sagte Wirtschaftsförderer Robin Denstorff. Zwar seien die Potenzialflächen für Windkraft noch nicht im Besitz der Stadt, er mache sich "aber keine Sorgen, dass wir die Flächen nicht bekommen."

Dass die ausgeguckten Parameter für den Windpark "eine seriöse Lösung" darstellten, machte CDU-Ratsherr Bernd Beißel deutlich, der gleichzeitig darauf pochte, dass ein möglicher Investor eine Rückbauverpflichtung zu tragen habe. Dies sei im Bebauungsplan auch so festgelegt, unterstrich Denstorff. "Wir haben zwölf Jahre diskutiert und sind alle etwas klüger geworden", sagte Günter Zavelberg (CDU) - wohl im Hinblick auf die von Ute Krupp angesprochene "Bauverhinderungsplanung". "Ich stelle fest, dass sich alle freuen", fand FDP-Ratsherr Lorenz Euskirchen. Einstimmig votierte der Ausschuss dafür, die Höhe der WEA auf 150 Meter zu begrenzen und Schallleistungspegel festzulegen.

Das soll zwischen Meckenheim und Rheinbach realisiert werden

Geplant ist eine sogenannte Konzentrationsfläche für Windenergieanlagen (WEA) an den Landstraßen L 158 und L 163 zwischen Rheinbach und Meckenheim, die bereits seit 2004 in den Bebauungsplänen "Auf dem Höchst" (Meckenheim) und "Bremeltal" (Rheinbach) verankert sind.

Sechs bis maximal neun Räder von 100 bis 200 Meter Gesamthöhe könnten - nach dem ersten Stand der Dinge - bald auf den unbebauten Grünflächen rotieren. Ein Investor sitzt noch nicht mit im interkommunalen Boot, denn beide Städte erstellen erst eine Planung, um die Rahmenbedingungen eines möglichen Energieparks festzuzurren. Klar ist aber auch: Die Erzeugung von regenerativem Strom unter kommunaler Trägerschaft ist nicht vorgesehen.

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