Heinz-Jürgen Binnenbruck Leiter der JVA Rheinbach geht in den Ruhestand

Rheinbach · "Knast", "Gefängnis" - für ihn gab es nur die "Anstalt". Heinz-Jürgen Binnenbruck war 15 Jahre Leiter der Rheinbacher Justizvollzugsanstalt. Am Donnerstag hatte der 63-jährige Jurist seinen letzten Arbeitstag.

 Nach 15 Jahren als Anstaltsleiter verlässt Heinz-Jürgen Binnenbruck am Donnerstag die Rheinbacher JVA.

Nach 15 Jahren als Anstaltsleiter verlässt Heinz-Jürgen Binnenbruck am Donnerstag die Rheinbacher JVA.

Foto: Axel Vogel

Nicht selten passt das, was die vergangenen Jahre ausmachten, in einen Jutebeutel oder einen Rucksack auf dem Rücken. Wenn sich dann die mächtige Außenpforte der Justizvollzugsanstalt (JVA) Rheinbach hinter einem gerade entlassenen Gefangenen schließt, so bedeutet dies nicht, dass der ehemalige Straftäter plötzlich im Wortsinn allein auf der Straße steht: Ihm soll ein Weg gewiesen werden, wohin seine Reise nach dem Gefängnisaufenthalt geht. „Er wird nicht einfach vor die Tür gesetzt“, sagt Heinz-Jürgen Binnenbruck, seit 2004 Leiter der JVA Rheinbach, im Gespräch mit dem General-Anzeiger. Das sogenannte Übergangsmanagement ist nur eine der vielen Neuerungen, die der Leitende Regierungsdirektor miterleben und mitgestalten darf. Apropos Tür: Am Donnerstag schreitet Binnenbruck zum letzten Mal als Chef der Anstalt durch die gut gesicherte Eingangspforte und tritt kurz vor seinem 64. Geburtstag in den Ruhestand.

Worte wie Knast oder Gefängnis kommen dem 63 Jahre alten Volljuristen nicht über die Lippen. Der gebürtige Westfale spricht lieber von „Anstalt“. Nach 15 Jahren an der Spitze der JVA mit bald 617 Gefangenen und 250 Mitarbeitern hat Binnenbruck Bleibendes hinterlassen - nicht nur, was die Gebäude auf dem etwa sechs Hektar großen, von mehreren hohen Mauern umgebenen Gelände angeht. Am Montag, 30. September, reist Justizminister Peter Biesenbach (CDU) nach Rheinbach, um den Neubau und die Erweiterung des C-Flügels der JVA in Augenschein zu nehmen und seiner Bestimmung zu übergeben.

Die Kapazität der JVA erweitert sich dank des aufwendigen Neubaus von 550 auf 617 Gefangene, wie Binnenbruck berichtet. Doch auch wenn diese Baustelle mit eigenem Baustelleneingang und hohen Sicherheitsvorkehrungen passé sein wird, bedeutet der Ministerbesuch nicht das Ende der Bautätigkeiten im 1914 als Zuchthaus erbauten Kreuzbau. „2022 wird voraussichtlich das letzte Gebäude fertiggestellt“, sagt Binnenbruck. Derzeit wird an neuen Werkhallen und der neuen Küche plus Wäscherei intensiv gearbeitet, um mehr neue Jobs für mehr Gefangene zu schaffen.

Jura-Studium in Bonn

„Mehr als 800 Menschen unter einem Dach – da ist immer irgendwas los“, sagt der Behördenchef. Binnenbruck sieht sich indes nicht als Baumeister, der sich in Steinen verwirklichen will. „Mein Anliegen war es immer, den Gefangenen unter den Bedingungen eines menschlichen Vollzugs möglichst viel für ihren weiteren Weg mitzugeben“, sagt der Vater von zwei erwachsenen Söhnen. Dass ihn sein Arbeitsleben hinter Gitter führen würde, zeichnet sich für Binnenbruck schon während seines Jura-Studiums in Bonn ab, als er im Hauptstudium die Wahlfachgruppe Kriminologie, Jugendstrafrecht und Strafvollzug wählt. Nach dem Zweiten Staatsexamen 1986 beginnt er als Abteilungsleiter in der JVA Geldern. Auch in Remscheid, Duisburg-Hamborn, Rheinbach und Wuppertal übernimmt er Abteilungsleitungen. Nach einer dreijährigen Station als stellvertretende Anstaltsleitung der JVA Köln kommt er 2004 nach Rheinbach.

„Mich hat immer die Frage fasziniert, was Menschen dazu bringt, kriminell zu werden“, erklärt Binnenbruck seine Motivation, in den Vollzugsdienst zu gehen. In den 15 Jahren seiner Leitung erlebt die JVA nicht nur bauliche, sondern vor allem strukturelle Neuerungen: So entstehen im Sinne des modernen Behandlungsvollzuges mehrere Wohngruppen mit offenen Türen für gewalttätige, suchtmittelabhängige und lebensältere Inhaftierte. Auch die Einrichtung von nicht überwachtem Langzeit- und später auch Kinderbesuch zur Festigung der sozialen Bindungen gehört nun zum Resozialisierungs-Repertoire.

Er stellt die Einkaufsmöglichkeiten für die Gefangenen auf neue Füße und schafft so die Möglichkeit, dass die Inhaftierten unter 1500 Artikeln wählen können – keine Luxusaccessoires oder Rauschmittel. „Das schafft mehr Zufriedenheit.“ Immanent wichtig ist ihm, dass es für jeden Insassen einen Vollzugsplan gibt, in dem etwa die Möglichkeit zur Therapie, Berufsausbildung oder Schuldnerberatung beschrieben sind. Dank modernster Technik sind nun auch „Skype-Besuche“ in der Rheinbacher JVA möglich. Der Gefangene kann etwa mit einem Familienmitglied per Videobild kommunizieren, auch wenn dieses Tausende Kilometer entfernt ist.

Selten trifft Binnenbruck auch außerhalb der Gefängnismauern ehemalige Gefangene wieder. „Das sind immer positive Erlebnisse“, sagt er. Der frühere Straftäter berichtet dann, wie es ihm nach der Strafe ergangen ist. „Es hat in 33 Jahren nie eine kritische Situation gegeben.“ Im Gegenteil: Nicht selten kommen „Dankschreiben aus aller Welt“, so Binnenbruck, bei der Anstaltsleitung an. Das zeuge von einer gewissen Verbundenheit mit der Anstalt und von Stolz auf die eigene Entwicklung.

Einen Sehnsuchtsort von ihm möchte Binnenbruck nach 33 Jahren im Gefängnis nun häufiger aufsuchen: die Costa Blanca an der Ostküste Spaniens. „Ich habe mir fest vorgenommen, einen Spanisch-Kursus zu machen“, sagt er. Und noch einen Plan hat er für die Zeit nach dem Vollzugsdienst: Er möchte das Gleitschirmfliegen erlernen.

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