Gedenken an Pogromnacht in Rheinbach und Meckenheim Raetz: Mahnung gegen Fremdenfeindlichkeit

MECKENHEIM/RHEINBACH · Mit einer Gedenkstunde am Synagogenplatz erinnerte die Stadt Meckenheim am Sonntag an die Geschehnisse der Pogromnacht 1938. Auch in Rheinbach gedachten die Menschen der Millionen Opfer des Nazi-Terror-Regimes.

 Schüler der Geschwister-Scholl-Schule erinnern an die Schicksale von Meckenheimer Juden.

Schüler der Geschwister-Scholl-Schule erinnern an die Schicksale von Meckenheimer Juden.

Foto: Roland Kohls

MECKENHEIM. "Nur das Erinnern bringt ein tieferes Verstehen, ermöglicht Versöhnung und eröffnet Zukunft", betonte Bürgermeister Bert Spilles in seiner Ansprache und berichtete, was in Meckenheim vor 76 Jahren geschah. Die Synagoge und mehrere Wohnungen jüdischer Bürger, insbesondere die von Benny Mendel an der Bonner Straße und Siegmund Moses an der Tomburgstraße, seien demoliert worden.

"Auf der Straße lag das ganze Bettzeug, selbst das Eingemachte hatte man nach draußen geworfen", zitierte Spilles die Schulchronik, in der die Ereignisse festgehalten wurden. Die Gedenkfeier wurde von Schülern der Geschwister-Scholl-Hauptschule mitgestaltet. Die Zehntklässler Vadim Medwedew, Elvira Deichgraf, Maximilian Klemmer, Tom Kosmowski, Sebastian Thomas, Laura Schäfer und Anke Kirfel trugen ergreifende Texte von Zeitzeugen vor, darunter Charlotte Delbo, Yankel Wiernik, Herman Sachnowitz und Albert Einstein. Kränze legten Bert Spilles sowie Vertreter von CDU und SPD Meckenheim nieder. Gemeinsam sangen am Schluss die etwa 70 anwesenden Bürger, begleitet vom evangelischen Pfarrer Stefan Gottmann auf der Gitarre, das Lied der Moorsoldaten.

RHEINBACH. Der 9. November war nicht nur Anlass, des 25. Jahrestag des Mauerfalls zu gedenken. Es war auch der 76. Jahrestag der Pogromnacht. Am 9. November 1938 begann das umfassende und systematische Pogrom gegen die Juden in Deutschland. Der Millionen Opfer des Nazi-Terror-Regimes unter Juden, Sinti, Roma, Kranken und Andersdenkenden gedachten am Sonntagabend viele Rheinbacher beim Schweigegang "Erinnern - Gedenken Mahnen" im Anschluss an eine Andacht.

Auf dem Weg durch die Innenstadt machte der Schweigegang, zu dem die Organisatoren Willi Oberheiden und Peter Schürkes eingeladen hatten, Halt am jüdischen Friedhof und an der Gedenkstätte im Rathausinnenhof, wo Jugendliche die Namen von aus Rheinbach in die Todeslager transportierten Juden vorlasen. Auch an einigen letzten Wohnstätten von Rheinbacher Juden wurde ihrer gedacht, wie etwa in der Schweigelstraße des Ehepaars Else und Josef Oster, die mit ihrer Tochter Jule am gleichen Tag 1942 in Majdanek ermordet wurden. An der Schweigelstraße standen auch die Synagoge und das jüdische Gemeindehaus.

An der Gedenktafel legte Bürgermeister Stefan Raetz bei der Gedenkveranstaltung der Stadt ein Gebinde nieder und betonte in seiner Ansprache, dass auch 76 Jahre nach der Pogromnacht "noch nicht alles vorbei" sei, denn heute seien anti-semitische und anti-muslimische Äußerungen und Aktionen keine Seltenheit.

"Fremdenfeindlichkeit ist alles andere als überwunden", so Raetz. Er forderte jeden auf, einen "Denk-Zettel" mit dem Datum 9. November 1938 mit sich zu führen als Mahnung, sich stets gegen aktuellen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus zu positionieren. Beim gemeinsamen Abschluss auf dem Lindenplatz kam es zu einem unwürdigen Eklat, als Peter Schürkes Äußerungen aus Kreisen der israelischen Regierung ansprach. Nach Zwischenrufen "Das gehört nicht hier hin!" verließen etliche Personen den Lindenplatz.

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