Kommunale Pflegeberatung Rheinbach bietet Hilfe auf dem Weg durch die Pflegebürokratie

Rheinbach · In Pflegesituationen sind Betroffene und Angehörige oft überfordert. Komplizierte Begriffe, umständliche Formulare und teils veraltete Informationen im Internet versperren den Weg zur passenden Hilfe. In Rheinbach weiß dann aber Christine Eschweiler weiter.

Wer Angehörige pflegt oder selbst Pflege benötigt, kann sich mit allen Fragen dazu an Christine Eschweiler wenden. Sie ist als Pflegeberaterin der Stadt Rheinbach angestellt.

Wer Angehörige pflegt oder selbst Pflege benötigt, kann sich mit allen Fragen dazu an Christine Eschweiler wenden. Sie ist als Pflegeberaterin der Stadt Rheinbach angestellt.

Foto: Juliane Hornstein

Was tun, wenn Oma nicht mehr zu Hause wohnen kann? Oder Papa nicht mehr so gut zu Fuß ist? Welche Hilfen gibt es überhaupt? Wer muss sie wo beantragen? Rund um die Pflegesituation im Alter gibt es viele Fragen. Antworten gibt es bei den kommunalen Pflegeberatungen, in Rheinbach beispielsweise bei Christine Eschweiler. Seit Oktober ist sie dafür bei der Stadt angestellt. „Ich bin das menschliche Google“, umschreibt sie den wichtigsten Teil ihrer Arbeit: Wissen sammeln und weitergeben.

Beratungen zur Pflege habe es in Rheinbach bereits vorher gegeben, erklärt Daniela Hoffmann, Leiterin des zuständigen Rheinbacher Fachbereiches, zu dem auch Soziales gehört, im Pressegespräch. Kommunen und Rhein-Sieg-Kreis hätten dazu aber neue Konzepte erarbeitet, sodass die eigene Stelle dafür möglich wurde. Einen Teil der Kosten übernimmt der Kreis. Die Beratung ist für alle Rheinbacher gedacht, die Fragen haben: Pflegebedürftige, Angehörige, aber auch für alle, die sich einfach auf das Alter vorbereiten möchten.

Auch junge Angehörige stoßen schnell an Grenzen

Wobei das nicht immer gelingt. In den rund vier Monaten ihrer Dienstzeit hat Pflegeberaterin Eschweiler in den Gesprächen festgestellt: „Leider ist es oft der Akutfall, wo man schnell handeln muss.“ Dabei kann sie nicht einfach einen Pflegeplatz besorgen. „Wir helfen mit Informationen und schnellen Kontakten.“ Dafür hat Eschweiler die Übersicht, wer in Rheinbach im Pflegebereich mit welchen Angeboten aktiv ist. Meist weiß sie auch, wer gerade voll ist und wo eine Frage lohnen könnte. Außerdem zeigt sie genau, welche Schritte notwendig und wichtig sind.

Denn dabei stoßen selbst junge und fitte Angehörige schnell an Grenzen. „Es ist schwierig, sich durchzusuchen, weil auch veraltete Informationen im Internet stehen und es eine riesige Hürde ist, da durchzublicken“, so Eschweiler. Dazu komme: Manche Senioren haben gar keinen Zugang zum Internet, teils keine E-Mail-Adresse. Dafür müssen Betroffene die teils undeutlichen Fachbegriffe der Krankenkassen verstehen. So ist mit einer „Pflegesachleistung“ gar keine Sache gemeint, sondern ein ambulanter Pflegedienst. „Was da die Sachleistung ist, versteht keiner“, bedauert Eschweiler. Ihre Aufgabe ist es, für andere immer auf dem neuesten Stand zu bleiben. Zweimal im Monat bespricht sie sich dazu in Gruppen, unter anderem mit weiteren Pflegeberatern aus dem Rhein-Sieg-Kreis.

Betroffene wissen oft nicht, welche Hilfen ihnen zustehen

Wo welcher Antrag gestellt werden muss, erklärt sie beispielsweise. Und wofür. Denn meist wissen Betroffene gar nicht, welche, wie Eschweiler es nennt, „versteckten Hilfen“ ihnen alles zustehen: vom Zuschuss bei Umbauten bis zur Entlastungspflege. 125 Euro im Monat „zur Entlastung“, beispielsweise für eine Haushaltshilfe. Und die Summe dürfe angespart werden, wenn man sich lieber einmal im Jahr einen umfangreichen Frühjahrsputz leisten möchte. Die 38-jährige Pflegeberaterin stellt die Möglichkeiten aber nur vor. „Die Entscheidung liegt bei den Senioren selber, die kann ich nicht abnehmen. Ich mache nur die Beratung.“

Die beginne meist mit einer telefonischen Terminvereinbarung. Falls der Weg ins Rheinbacher Rathaus zu umständlich für die Betroffenen ist, kommt Eschweiler auch nach Hause. Für berufstätige Angehörigen können – mit entsprechendem Vorlauf – Termine am Abend angeboten werden. Wer schon ein Pflegegutachten hat, Briefe nicht versteht oder andere Unterlagen besprechen möchte, kann die mitbringen. „Grundsätzlich braucht man erst einmal nur seine Fragen im Kopf.“

Was Eschweiler nicht darf: eine Einordnung in eine Pflegestufe geben. Auch die sogenannte „Pflegeberatung nach Paragraf 37,3“, die in bestimmten Anträgen erforderlich ist, gibt es nicht bei der kommunalen Pflegeberatung. Aber Eschweiler kann die richtigen Ansprechpartner nennen, im Weg durch die Bürokratie zur Seite stehen – und im Zweifelsfall ganz praktisch anpacken: „Wenn keine Angehörigen da sind, rufe ich auch schon mal selbst bei der Krankenkasse an und stelle den Antrag.“

Frühzeitig über Wünsche sprechen

Emotionale Unterstützung gehört dazu. Denn die Beschäftigung mit Fragen rund um die Betreuung und Pflege kann belasten. Eschweiler empfiehlt frühzeitige Gesprächen darüber, wie man im Alter leben möchte. „Auch wenn es immer noch ein Tabu-Thema ist.“ Außerdem sollten Vertrauenspersonen wissen, wo wichtige Dokumente liegen. Sie gibt zu bedenken, dass es bei Demenz oder nach einem Unfall schwierig sein kann, die eigenen Wünsche noch zu artikulieren. „Man merkt immer wieder, dass es den Angehörigen schwerfällt, für die Eltern die Entscheidungen zu treffen“, beschreibt Eschweiler ihre Erfahrung. Auch da könne nur offene und ehrliche Kommunikation helfen – auch darüber, ob man überhaupt Pflege leisten kann.

Auch Daniela Hoffmann appelliert: „Beschäftigen Sie sich frühzeitig, am besten im Vollbesitz der geistigen Kräfte, mit diesen Themen. Sie kommen vielleicht schneller als man denkt.“

Die kommunale Pflegeberatung im Rheinbacher Rathaus ist offen und kostenlos. Sie richtet sich an alle Rheinbacher Bürgerinnen und Bürger. Christine Eschweiler ist erreichbar unter 02226/917141 oder pflegeberatung@stadt-rheinbach.de.

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