Brauchtum Der älteste Martinszug in der Region

Rheinbach · In Rheinbach gibt es ältesten Martinszug in der Region. Nach der diesjährigen Absage hofft man auch dort auf 2021. Früher war das Martinsbrauchtum mitunter recht derb.

 Helles Lichtermeer: Der Sankt-Martinszug in der Rheinbacher Kernstadt im Jahr 2015.

Helles Lichtermeer: Der Sankt-Martinszug in der Rheinbacher Kernstadt im Jahr 2015.

Foto: Axel Vogel

Eigentlich wäre es für Jürgen Esser ein vollgepackter und aufregender Tag geworden. Seit 2013 verkörpert der Feuerwehrmann den Sankt Martin in der Rheinbacher Kernstadt. Und dieser Einsatz beginnt nicht erst abends, wenn sich Kinder und Eltern mit ihren Laternen in der Innenstadt zum großen Umzug treffen. Schon ab 7 Uhr ist Esser mit seinem Team, Regina Esser, Thomas Gundlach und Thomas Knoch, unterwegs, um Kitas und Seniorenheime zu besuchen. 4500 Martinswecken bringen die Mitglieder des Löschzugs Rheinbach der Freiwilligen Feuerwehr an einem solchen Tag unters Volk.

Nicht aber in diesem Jahr. Es sei immer wieder schön, das Strahlen in den Gesichtern der Kinder, aber auch der Seniorinnen und Senioren zu sehen, wenn sie Martinslieder singen und einen Wecken überreicht bekommen, sagt Esser. „Sehr gerne hätten wir an diese Tradition auch in diesem Jahr angeknüpft, aber da hat uns die Pandemie einen Strich durch die Rechnung gemacht“, fügt er hinzu.

Alles beginn mit Louis Pfahl

Und diese Tradition ist bereits richtig alt. Schon 2003 hatte Rheinbachs Stadtarchivar Dietmar Pertz in einem Gastbeitrag im GA erklärt, dass der Rheinbacher Sankt-Martinszug der älteste im heutigen Rhein-Sieg-Kreis ist.

 Jürgen Esser ist sei 2013 der Rheinbacher Sankt Martin.

Jürgen Esser ist sei 2013 der Rheinbacher Sankt Martin.

Foto: Feuerwehr Rheinbach

Alles begann mit Louis Pfahl. Dieser hatte Mitte August 1903 nach einer dreijährigen Vakanz die Leitung der Rheinbacher Feuerwehr übernommen. Unter anderem regte er an, einen geordneten Martinszug zu veranstalten. Zuvor, so berichtet Pertz, habe  es auch in der Gegend um Rheinbach teils ein recht derbes Martinsbrauchtum gegeben. So wurden dem Stadtarchivar zufolge einerseits Menschen, die Kindern beim Schnörzen an der Tür nichts geben wollten, als Geizhälse beschimpft.

Ärger in Lüftelberg

Andererseits wurde das Schnörzen als unerwünschte Bettelei erachtet. Und in Lüftelberg mussten die Einwohner an einem Martinstag um Jahr 1900 in großer Not neues Holz für ein Martinsfeuer organisieren, weil Jugendliche aus Flerzheim den eigentlich dafür vorgesehenen Holzhaufen vor dem großen Tag heimlich angezündet hatten. Ebenso berichtet Pertz von Schlägereien unter Jugendlichen.

Nachdem die Rheinbacher Feuerwehr das Heft in die Hand genommen hatte, zog am 10. November 1903, also vor 117 Jahren, der erste Martinszug gesittet durch die Rheinbacher Straßen. Neben Feuerwehrchef Louis Pfahl spielte Wilhelm Bendermacher dabei eine wichtige Rolle.

Alte Lieder, noch heute bekannt

Dieser war ebenso Feuerwehrmann, aber auch Musiker und Mitgründer der Großen Rheinbacher Karnevalsgesellschaft (Gro-Rhei-Ka) Narrenzunft Prinzengarde. Bendermacher komponierte zudem Martinslieder, unter anderem das noch heute im Rheinland bekannte  „Sank Märte es ad wedde he (Lof, Könde, lof)“.

Nach dem Bericht von Pertz war der erste Rheinbacher Sankt-Martinszug ein voller Erfolg. Martin ritt voran, die Kinder zogen mit ihren Laternen hinterher und sangen Lieder. Und nicht nur bei Jürgen Esser und der Rheinbacher Feuerwehr hofft man darauf, dass 2021 ein ebenso erfolgreicher Zug stattfinden wird.

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