An der Bürokratie verzweifelt Warum eine gefragte Fachkraft aus Syrien nicht in Rheinbach arbeiten darf

Rheinbach · Hani Khouli ist verzweifelt: Er möchte seiner Schwester und ihrem Mann zu einem besseren Leben verhelfen, indem er seinem Schwager eine Arbeit in Deutschland sucht. Im Weg steht die Bürokratie.

 Hani Khouli möchte ein Visum für seinen syrischen Schwager beantragen. Dafür recherchiert er und sammelt Unterlagen.

Hani Khouli möchte ein Visum für seinen syrischen Schwager beantragen. Dafür recherchiert er und sammelt Unterlagen.

Foto: Felizia Schug

Vor sieben Jahren ist der heute 24-jährige Hani Khouli aus Syrien nach Deutschland gekommen. Er lebt im Haus von Mechthild Schimmelpfennig in Rheinbach und arbeitet als Groß- und Außenhandelskaufmann. Der junge Mann spricht heute fließend Deutsch und hat seine Ausbildung „mit Bravour abgeschlossen“, wie seine einige Jahre ältere Mitbewohnerin berichtet. Er hat sich gut integriert – jetzt jedoch verzweifelt er an der deutschen Bürokratie.

Denn vor wenigen Monaten fragte ihn sein Schwager, ob es möglich sei, für ihn eine Arbeit in Deutschland zu finden. „Der Mann meiner Schwester arbeitet in Katar zwölf Stunden täglich, er hat kein Wochenende und keinen Urlaub. Er verdient schlecht und wird ausgenutzt“, erklärt Khouli. Der 34-Jährige habe in Syrien Ökonomie studiert und sei Buchhalter von Beruf. In dem arabischen Land müsse er jedoch völlig unterqualifiziert arbeiten.

Das Ziel ist ein deutsches Arbeitsvisum

Khouli befragte einen Anwalt, ob es eine Arbeitsmöglichkeit für seinen Schwager gebe. „Ich erhielt die Antwort: Ja, mit einem Arbeitsvisum. Heute weiß ich: Das ist so gut wie unmöglich“, sagt der 24-Jährige. Die Beteiligten sind inzwischen gründlich frustriert: Hani Khouli, seine Schwester und sein Schwager, ihre zahlreichen Cousins sowie Unterstützer Berthold Noll und Mitbewohnerin Mechthild Schimmelpfennig haben in den vergangenen Wochen versucht, die bürokratischen Hürden zu überwinden. Sie haben zahlreiche Dokumente aufgetrieben und in verschiedenen Ländern beglaubigen lassen, eine Krankenversicherung abgeschlossen, eine Unterkunft organisiert, ein Konto eingerichtet und eine Arbeitsstelle gefunden. „Wir haben alles mühselig selber im Internet recherchiert und dann zusammengesucht“, berichtet Khouli. Die Helfer seien immer wieder auf neue Schwierigkeiten gestoßen: „Ich wurde ständig telefonisch weitergeleitet und an andere Stellen verwiesen. Es hat ewig gedauert, an Informationen zu kommen.“

Dann endlich hatten sie alles beisammen: Ein Sperrkonto mit 6000 Euro Guthaben war eingerichtet, Mechthild Schimmelpfennig hatte angeboten, den 34-Jährigen samt seiner Frau in ihrem Haus aufzunehmen, und der Chef von Hani Khouli hatte dessen Schwager einen Arbeitsvertrag angeboten. „Es war alles organisiert, ohne den deutschen Staat irgendwie zu belasten“, betont Schimmelpfennig.

Inländische Fachkräfte sollen nicht benachteiligt werden

Doch es folgte die nächste Enttäuschung: Ein Betrieb, der Personen aus Drittstaaten beschäftigen möchte, muss gewisse Voraussetzungen erfüllen. Es muss beispielsweise eine Vorrangprüfung geben: „Die Bundesagentur für Arbeit (BA) muss prüfen, ob für den konkreten Arbeitsplatz bevorrechtigte inländische oder ihnen gleichgestellte Bewerberinnen und Bewerber zur Verfügung stehen“, heißt es in einem Dokument der BA. Außerdem gilt für akademische Berufe ein spezieller Mindestlohn, den das Unternehmen zahlen muss. Man wolle verhindern, dass Akademiker aus Entwicklungsländern abgeworben und hier als Geringverdiener angestellt werden, obwohl sie in ihrer Heimat dringender gebraucht würden, erklärt ein Sprecher des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF).

Im Fall von Hani Khoulis Schwager heißt das: „Die Firma müsste 3400 Euro brutto im Monat zahlen können. So ein Angebot ist absolut unrealistisch, weil mein Schwager die Sprache noch nicht gut kann“, erklärt Hani Khouli. Es sei zudem schwierig, sich in Deutschland einen Job zu suchen. „Das ist Wahnsinn. Man soll am besten für ein Bewerbungsgespräch herfliegen. Sowas muss man ja auch erst mal finanzieren können“, empört sich Schimmelpfennig. Das Finanzielle sei sehr belastend in diesem Prozess: „Wir müssen den Anwalt bezahlen, das Konto einrichten, und wir mussten alle Unterlagen beglaubigen lassen, was pro Dokument im Schnitt 70 Euro gekostet hat.“

Was bleibt, ist Unverständnis

Der gebürtige Syrer beteuert, er akzeptiere die Gesetze in Deutschland, doch seien sie für ihn in diesem Fall alles andere als logisch. Ein BAMF-Sprecher sagt auf GA-Nachfrage, im Bereich Arbeits- und Asylpolitik sei „einiges im Wandel“ und das Innenministerium plane Änderungen. Bei Hani Khouli bleibt vorerst nur Unverständnis: „Warum wird so ein Visum angeboten, wenn es dann fast unmöglich ist, es zu bekommen?“ Er sei über die aktuelle Situation enttäuscht und habe kaum mehr Hoffnung, seiner Schwester und seinem Schwager zu einem besseren Leben verhelfen zu können. Doch er will nicht aufgeben und versucht weiterhin, einen Arbeitgeber zu finden, der die Bedingungen erfüllt. Immerhin haben er und die Menschen, die ihn unterstützen, bereits viel Zeit und Geld investiert.

Zudem dränge die Zeit: In Katar könne Khoulis Schwester mit ihrem Mann nicht bleiben, und in Syrien hätten die beiden – ebenso wenig wie ihr Kind, das in Kürze geboren wird – auch keine sichere Zukunft.

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