Gespräch am Wochenende Rheinbacher Katholikinnen äußern sich zu "Maria 2.0"

Rheinbach · Birgit Keil und Gudrun Jülich zu Maria 2.0, den Forderungen an die Amtskirche und zur Stellung der Frauen in der katholischen Kirche. Eine Mahnwache soll am Sonntag vor der Pfarrkirche St. Martin stattfinden.

Ihre Mahnwache in Rheinbach findet zeitversetzt zur Aktion Maria 2.0 statt. Was ist der Grund?

Birgit Keil: Mit Rücksicht auf den Auftritt des Kinderchores und den Familiengottesdienst, die beide an den betreffenden Sonntagen stattfanden, haben wir die Mahnwache auf den letzten Sonntag im Mai gelegt.

Was hat Sie bewogen, sich in Form der Mahnwache an Maria 2.0 zu beteiligen?

Gudrun Jülich: Die Frauen aus Münster sprechen uns aus dem Herzen. Wir treffen uns zur Mahnwache draußen vor der Kirche, nicht, weil wir unsere Kirche nicht wertschätzen, sondern um deutlich zu machen, dass wir Frauen immer noch „draußen“ sind, wenn in der Kirche wichtige Entscheidungen gefällt oder Ämter vergeben werden. Der große Teil der Bewegung sind Frauen, die in der Kirche wirken und sagen, dass genau jetzt die Zeit ist, die berechtigten Forderungen zu stellen: Wir Frauen wollen Zugang zu allen kirchlichen Ämtern und wir wollen auf Augenhöhe in der Kirche mitarbeiten. Wir stehen auch für alle, die seit Jahren streiken, die nicht mehr kommen, weil sie sich in der Kirche nicht mehr beheimatet fühlen.

Erzählen Sie doch mal, wie sie zurzeit als Frauen in der Kirchengemeinde mitarbeiten.

Keil: Wir sind beide überzeugte kfd-Frauen. Die kfd ist eine Gemeinschaft von Frauen jeden Alters, die trägt. kfd-Frauen engagieren sich vielfältig, in sozialen Bereichen etwa für das Müttergenesungswerk, in der Unterstützung von Frauen, die von Altersarmut betroffen sind, im fairen Handel und nicht zuletzt im Besuchsdienst, der gerade für die älteren Frauen unter den kfd-Mitgliedern ein wichtiger sozialer Kontakt ist.

Jülich: Als kfd bieten wir für alle interessierten Frauen Veranstaltungen im bildungspolitischen, sozialen und geselligen Bereich an. Wir bereiten für die Pfarrgemeinde Gottesdienste vor und halten Andachten. Dazu nutzen wir Texte von Frauen, deren Inhalt konkret etwas mit unserem Leben zu tun hat.

Fühlen Sie sich und Ihr Engagement in der Kirche wertgeschätzt?

Keil: Nein. Oder doch: Jein. Denn es kommt drauf an, von wem. Die Frauen und unsere Mitglieder schätzen sehr, was wir tun. Das gilt auch für die Gemeinde. Aber eben nicht für die Amtskirche. Da wird das ehrenamtliche Engagement häufig einfach nur als selbstverständlich angesehen. Was würde aber in der Kirche überhaupt noch passieren ohne ehrenamtliche Männer und Frauen?

Was möchten Sie konkret verändern in der katholischen Kirche?

Jülich: Wir möchten einen Dialog in Gang setzen, damit sich etwas verändert. Wir fordern eine geschwisterliche Kirche für alle Frauen und Männer, Zugang der Frauen zu allen Berufungen in der Kirche, Aufhebung des Pflichtzölibats sowie Aufklärung aller Missbrauchsfälle und juristische Verfolgung der Täter.

Aus einem Bistum wurde schon gesagt, dass die Forderung nach der Weihe von Frauen zu Diakoninnen, Priesterinnen und Bischöfinnen der „Tradition und Lehre unserer Kirche“ entgegenstehe. Was sagen Sie dazu?

Keil: Diese Traditionen sind doch von Menschen gemacht. Hat Jesus jemanden von seinem Tisch verwiesen? Standen nicht Frauen an seinem Grab? Die frohe Botschaft Jesu, die keine Unterschiede zwischen Frauen und Männern macht, muss im Mittelpunkt stehen.

Es gibt die Sichtweise, dass der Priestermangel den Missionsauftrag der Kirche hemmt. Frauen-Diakonat oder Frauen-Priestertum also als Mittel gegen Priestermangel?

Keil: Wir sind alle zum Priestertum berufen, Frauen und Männer. Wir als Frauen möchten aber nicht Lückenbüßer sein in einem Mangelberuf. Wir möchten, dass Frauen gleichberechtigt Zugang zu allen Berufungen haben. Die kfd hat sich schon vor Jahren für die Ausbildung von Diakoninnen eingesetzt. Diese ausgebildeten, aber nicht geweihten Diakoninnen stehen in den Startlöchern.

Denken Sie, dass Sie in Ihrer Generation noch eine Veränderung erleben werden?

Jülich: Wir träumen davon. Die Aktionen „Macht Licht an“ und jetzt „Maria 2.0“ sind Schritte in Richtung Veränderung und lassen uns hoffen! Auf jeden Fall ist eine Bewegung von unten da, die sich oben Gehör verschafft. Wichtig ist jetzt, dranzubleiben.

Maria 2.0 wird auch als das vorletzte Mittel vor dem Kirchenaustritt gesehen. Ist Ihre Aktion auch ein solches vorletztes Mittel? Oder sehen Sie das so wie die Münsteranerinnen: „Maria 2.0, das sind alle, denen ihre Kirche zu sehr am Herzen liegt, als dass der stillschweigende Austritt eine Alternative wäre“?

Keil: Wir sehen das genau wie die Münsteranerinnen. Das Motto der kfd heißt ja nicht umsonst „leidenschaftlich glauben und leben“.

Werden Sie über diese Mahnwache hinaus weitergehende Aktionen durchführen?

Jülich: Es wird auf jeden Fall eine öffentliche Aktionswoche der kfd unter dem Stichwort „Macht euch stark für eine geschlechtergerechte Kirche“ geben. Auch das „Gebet am Donnerstag“, ein weltumspannendes Gebetsnetz, aus einer Klostergemeinschaft entstanden, kann allen, die daran teilnehmen, Mut und Zuversicht geben, den Weg der Veränderung in der Kirche weiter voranzubringen. Texte aus dem Donnerstagsgebet werden in die Mahnwache einfließen.

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