Theatersommer Rheinbach So wollen junge Darsteller in Rheinbach alle Altersgruppen ansprechen

Rheinbach · Junge Leute ins Theater locken gilt als schwierig. Das Team des Sommertheaters Rheinbach nimmt die Herausforderung an: Wie das Kunststück gelingen soll, und warum die Darsteller trotz Corona und Theaterkrise nicht an ihrem Beruf zweifeln.

 Christina Stephan (v.l.), Vera Gobetz, Sasha Bornemann, Andrea Schyboll und Raoul Migliosi proben im Freizeitpark Rheinbach für die neue Saison des Theatersommers, die am 5. August startet.

Christina Stephan (v.l.), Vera Gobetz, Sasha Bornemann, Andrea Schyboll und Raoul Migliosi proben im Freizeitpark Rheinbach für die neue Saison des Theatersommers, die am 5. August startet.

Foto: Alexander C. Barth

Das Amphitheater im Freizeitpark Rheinbach ist ein Ort der Ruhe. Halbkreisförmige Sitzreihen laden im Schatten zwischen Bäumen zum Verweilen ein. Doch gegen Mittag erwacht die Bühne derzeit zum Leben: Der Verein Rampenwutz probt seit einigen Tagen für den Auftakt des diesjährigen Sommertheaters am Freitag, 5. August. Zu sehen und zu hören gibt es ab dann gleich mehrere Stücke, darunter die neue Musicalkomödie „Eis Eis Baby – Sommer, Songs, Sonnenstich“, eine ironisch-trashige Hommage an die 1990er Jahre.

„Als erstes Abendstück wollten wir etwas, das knallt“, erklärt Rampenwutz-Gründerin Christina Stephan. Die 32-jährige Rheinbacherin und ihre Mitstreiter betreten damit Neuland: Bislang konzentrierten sie sich auf Kinderstücke als Besuchermagnet. Auch in den Pandemiejahren konnten die jungen Theaterprofis damit verhindern, dass ihr Herzensprojekt zum finanziellen Ruin führt. „Wir sind immer bei null rausgekommen“, sagt der 33-jährige Raoul Migliosi, der sich im Vorstand des Vereins engagiert. Nicht Profit sei das Ziel, sondern der vernachlässigten Freilichtbühne in Rheinbach neues Leben einzuhauchen.

Das Ensemble ist gewachsen

Bis Ende August werden Schauspieler dort täglich proben, spielen und ihr Publikum unterhalten. 17 Darstellerinnen und Darsteller aus ganz Deutschland sind für die neue Saison engagiert. Eine von ihnen ist Andrea Schyboll (31) aus Witten, die schon seit der Geburt des Theatersommers vor vier Jahren zum Team gehört. „Chrissi und ich haben damals zusammen in Oberhausen gespielt, da hat sie mich gefragt, ob ich Bock hätte“, erinnert sie sich.

Obwohl mit Rampenwutz ein Verein hinter dem Theatersommer steht, kommen ausschließlich professionelle Schauspieler und Schauspielerinnen zum Einsatz. „Wir haben letztes Jahr versucht, ein paar Laien einzubinden, da haben wir gemerkt, wie viel zeitintensiver das ist“, berichtet Schauspielerin Stephan. Weil die Hauptberuflichen Rücksicht auf ihre sonstigen Engagements nehmen müssen, ist die Truppe darauf angewiesen, die Stücke in drei Wochen einstudieren zu können.

So viel Programm gab es noch nie

 Schon 2020 gab es beim Theatersommer das Stück „Die kleine Stadthexe“ im Rheinbacher Freizeitpark. Auch dieses Jahr steht sie wieder auf dem Spielplan.

Schon 2020 gab es beim Theatersommer das Stück „Die kleine Stadthexe“ im Rheinbacher Freizeitpark. Auch dieses Jahr steht sie wieder auf dem Spielplan.

Foto: Axel Vogel/AXEL VOGEL

Das Programm kann sich sehen lassen: Neben dem bekannten Rheinbach-Märchen „Die kleine Stadthexe“ und „Eis Eis Baby“ bringt das Ensemble ein Familienmusical zum Kinderbuch „Urmel aus dem Eis“ sowie das Improvisationstheaterstück „Werwölfe von Rheinbach“ auf die Bühne. Dabei würden Kontakte helfen, verrät Stephan. Das Urmel-Musical sei eine Kooperation mit dem Weyher Theater, wo sie in der Winterspielzeit das grüne Urzeitwesen verkörperte: „Der Intendant hat mir angeboten, das Stück mit Kostümen und Bühnenbild komplett nach Rheinbach zu nehmen.“

Der Vorverkauf für die Kinderstücke laufe gut, nicht zuletzt dank der Zusammenarbeit mit heimischen Schulen. Auch die Stadt Rheinbach sei ein guter Partner, sagt Migliosi: „Finanziell gefördert werden wir nicht, aber wir können die Bühne günstig mieten und den Stromkasten nutzen.“ Eine Herausforderung sei das gesteckte Ziel, dieses Mal nicht nur mehr Eltern, sondern auch junge Leute zum Theatersommer zu locken. Deshalb sei die Entscheidung auf „Eis Eis Baby“ gefallen, erklärt Stephan: „Das Musical stammt von einem jungen Autor. An die 90er Jahre haben wir selbst noch Kindheitserinnerungen, da finden sich viele in unserem Alter wieder.“ Auch das Impro-Stück am Abend soll junge Leute ansprechen.

Das Theater steckt in einer Krise

Die jungen Bühnenprofis machen sich Sorgen um die Zukunft des Theaters. „Die Älteren bleiben wegen Corona weg, und die Jüngeren kommen nicht nach“, fasst Stephan die Misere zusammen. Fachkollegen würden dasselbe berichten, egal ob diese gerade aus Hamburg oder aus Hanau kämen: „Zum Teil spielen die vor zehn Leuten am Abend, das ist frustrierend.“ Auch das Rampenwutz-Ensemble hat harte Zeiten hinter sich. Schyboll berichtet von ausgefallenen Shows bei ihrer Frühjahrstour. In den schlimmsten Pandemiemonaten habe sie als Aushilfe Brötchen verkauft, um sich über Wasser zu halten. „Das war aber nur, um die Miete zu bezahlen. Ich habe mir bewusst nie einen festen Nebenjob gesucht“, betont die 31-Jährige.

Migliosi hatte im Lockdown das Glück, vom Würzburger Theater in Kurzarbeit weiter beschäftigt zu werden. Ernsthaft gezweifelt habe er aber nie: „Als ich dieses halbe Jahr auf dem Sofa verbracht habe, kam mir nie der Gedanke, mir etwas anderes zu suchen. Für mich war klar, dass ich nur warte.“ Stephan sei jedoch ins Grübeln gekommen: „Ich habe erst im Lockdown so richtig gemerkt, wie sehr ich mich über den Beruf definiere. Man hat wenig Privatleben, weil man ja zu 100 Prozent fürs Theater brennt.“

Aufführung Open Air ohne Corona-Auflagen

Erst tags zuvor sei sie von ihrem letzten Engagement aus Hamburg angereist, um nun im Rheinbacher Freizeitpark zu proben. Jetzt freut sich das Ensemble auf die Aufführungen im Freizeitpark. Im Vergleich zu den beiden Vorjahren erwarte die Besucher unter freiem Himmel ein normaleres Theatererlebnis: „Letztes Jahr mussten wir die Zahl der Sitzplätze noch drastisch reduzieren und brauchten Sitzplatzanweiser. Das brauchen wir dieses Jahr Gott sei dank nicht mehr.“

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