Fall Trudel Ulmen Tag fünf im Prozess - Wo ist das Cabriolet abgeblieben?

BONN/RHEINBACH · "Sie haben 16 Jahre lang alle hinters Licht geführt. Aber Sie sollten nicht versuchen, auch noch das Gericht hinters Licht zu führen." Mit einem eindringlichen Appell wendet sich der Vorsitzende des Bonner Schwurgerichts, Josef Janßen, an diesem fünften Verhandlungstag im Prozess um den gewaltsamen Tod von Trudel Ulmen an deren wegen Totschlags angeklagten Ehemann.

Im Zuschauertrakt, in dem auch an diesem Tag wieder viele Bekannte und Freunde der getöteten Trudel Ulmen sitzen, herrscht gebanntes Schweigen, als Janßen immer deutlichere Worte findet, um dem Angeklagten klar zu machen, dass er das Gericht mit seiner Version des angeblichen Tatablaufs nicht überzeugt hat.

"Es gibt nichts, was Trudel Ulmen wieder lebendig macht", sagt der Richter. "Aber wenn es stimmt, dass die leeren Augen Ihrer Frau Sie nicht in Ruhe lassen, dann können Sie wieder was in Ordnung bringen, indem Sie sagen, wie es wirklich war."

Der Angeklagte zeigt keine Regung, als der Richter ihm laut und deutlich vorhält, welches Bild sich nach der Vernehmung zahlreicher Zeugen für das Gericht ergibt: "Ihre Ehe war in Wahrheit am Ende, und Ihre Geschichte, wie Trudel zu Tode kam, stimmt hinten und vorne nicht."

Der Angeklagte schüttelt den Kopf. Er hatte erklärt, seine Ehe mit Trudel sei wieder in Ordnung gewesen, nachdem sie beide eine andere Beziehung gehabt hätten. Am Abend des 20. März 1996 aber sei es zu einem heftigen Streit wegen dieser früheren Affären gekommen. Und, weil Trudel am bevorstehenden Wochenende etwas allein hätte unternehmen wollen.

Und plötzlich sei sie völlig ausgerastet und habe ihn so gewalttätig attackiert, dass er sie mit einem Kissen auf dem Gesicht habe ruhigstellen wollen. Und genau diese Geschichte hält das Gericht, wie der Richter nun erklärt, für nicht nachvollziehbar. Denn, so der Richter: "Die heile Welt, die Sie uns hier weismachen wollen, gab es schon lange nicht mehr."

So habe er dem Gericht nicht berichtet, dass Trudel ihn vorher schon einmal samt Koffer vor die Tür gesetzt und ihm gesagt habe, beim nächsten Fremdgehen sei endgültig Schluss. Und ob nicht genau diese Situation zur Tatzeit eingetreten sei, fragt ihn der Richter. Denn Zeugen zufolge sei er trotz der angeblich intakten Ehe weiter hinter der Frau her gewesen, mit der er im Jahr zuvor eine Beziehung gehabt habe.

"Und als Sie die nicht haben konnten, war die Nächste dran." Denn es sei deutlich geworden, dass er mit seiner späteren zweiten Frau bereits zur Tatzeit eine Beziehung gehabt habe, hält ihm der Richter vor. Als der Angeklagte versichert, das sei nichts Intensives gewesen, sagt der Richter nur: "Hören Sie doch auf, das stimmt doch nicht."

Und noch etwas hält das Gericht für unglaubwürdig: Dass der Angeklagte den Ort im Wald in der Nähe von Asbach, wo er die Leiche vergrub, zufällig wählte und nicht etwa, weil dort der Mann wohnte, der Trudel zuvor aufs Übelste verfolgt, belästigt und auch tätlich angegriffen hatte. Und so fragt ihn das Gericht eindringlich: "Wenn ich in Rheinbach wohne, warum fahre ich dann mit einer Leiche im Kofferraum 45 Minuten lang einmal um ganz Bonn herum in Richtung Asbach, wo ich doch direkt hinter Rheinbach genug Wald habe, um sie zu vergraben?"

Außerdem stelle sich, so das Gericht, die Frage, warum der 57-Jährige im Prozess unaufgefordert erklärt habe, er habe bei der Wahl des Ortes keineswegs an den Stalker gedacht. "Wenn das mit dem Verstecken der Leiche System hatte, könnte man auf die Idee kommen, da hatte anderes vielleicht auch System", sagt Richter Janßen und appelliert noch einmal an den Angeklagten: "Da ist vieles, was Sie klarstellen könnten."

Doch der bleibt bei seiner Geschichte. Dabei wird immer fraglicher, was bei ihm Wahrheit und was Lüge ist. Was geschah zum Beispiel wirklich mit Trudels Cabriolet, nachdem er seine Frau vermisst gemeldet und nach drei Tagen überall verbreitet hatte, sie habe ihn angerufen und erklärt, sie sei mit einem anderen Mann auf und davon?

Hatte er es im Sommer 1996 an einen Mayener Autohändler verkauft, wie er der Familie geschrieben hatte, oder hatte er es Trudels angeblich bester Freundin gegeben, wie er an anderer Stelle gesagt haben soll? Der Mayener Händler hat Trudel Ulmens Bruder, der als Nebenkläger am Prozess teilnimmt, nun schriftlich versichert, er habe das Auto nicht gekauft. Und die angeblich beste Freundin, die der Angeklagte zur Vermisstenanzeige mit zur Polizei genommen hatte, beteuert am Donnerstag im Zeugenstand: Sie habe vom Angeklagten kurz nach Trudels Verschwinden zwar deren Nerzmantel und andere Dinge bekommen, aber kein Auto.

Sie habe Trudels Sachen nur angenommen, weil der Angeklagte gesagt habe, er werfe sie sonst weg. Sie muss am Donnerstag noch einmal in den Zeugenstand, weil ihr Auftritt am zweiten Prozesstag beim Gericht Fragen aufgeworfen hatte. Und, wie Richter Janßen ihr nun vorhält: "Bei keinem anderen Zeugen hat der Angeklagte so angespannt gewirkt wie bei Ihnen."

Hinweis: Der Prozess wird am 13. Dezember um 13 Uhr mit den Plädoyers fortgesetzt.

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