Gegen den Rat des Försters 20 Prozent des Rheinbacher Stadtwaldes bleiben sich selbst überlassen

Rheinbach · Der Rheinbacher Umweltausschuss stimmt für einen Antrag, 20 Prozent der Stadtwaldfläche nicht mehr zu bewirtschaften. Und damit gegen den Rat der Forstamtsexperten.

 Der Rheinbacher Stadtwald ist als Naherholungsziel beliebt. Für den Naturschutz bleibt ein Teil der Fläche demnächst sich selbst überlassen.

Der Rheinbacher Stadtwald ist als Naherholungsziel beliebt. Für den Naturschutz bleibt ein Teil der Fläche demnächst sich selbst überlassen.

Foto: Axel Vogel

Eine Teilfläche des Rheinbacher Stadtwaldes soll in Zukunft aus der Bewirtschaftung herausgenommen werden. Auf „möglichst 20 Prozent“ der Waldfläche, rund 160 Hektar, bleiben dann Bäume und Pflanzen sich selbst überlassen. Mit den Stimmen von CDU und Grünen sprach sich der Ausschuss für Umwelt und Mobilität damit für einen Antrages der beiden Fraktionen. Sie stimmten damit entgegen den Empfehlungen des als Experten eingeladenen Forstamtsleiters Stephan Schütte vom Regionalforstamt Rhein-Sieg-Erft und von Rheinbachs Stadtförster Sebastian Tölle.

In einem Vortrag zu Beginn der Ausschusssitzung hatte Schütte dem Rheinbacher Stadtwald ein gutes Zeugnis ausgestellt. Er hob unter anderem die außergewöhnlich hohe Artenvielfalt und den großen Bestand an Eichen hervor. 48 Prozent der Flächen liegen in Naturschutz- oder Fauna-Flora-Habitat-Gebieten (FFH-Gebieten). Schütte empfahl allerdings eine naturnahe und nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes. Zum einen schütze die Nutzung von heimischem Holz davor, dass Hölzer aus anderen Erdteilen importiert und dort beispielsweise aus Regenwäldern entnommen werden. Zum anderen seien Pflegemaßnahmen erforderlich, um den Wald an den Klimawandel angepasst zu erhalten.

Neupflanzungen brauchen in den ersten Jahren Pflege

Stadtförster Tölle nannte in diesem Zusammenhang die Zurücknahme von Buchen, damit die Eichen Platz zum Wachsen haben. Denn: „Die Eichen kommen am besten mit dem Klimawandel klar.“ Das habe sich in den vergangenen Trockenjahren gezeigt. Ohne Pflegeeingriffe, besonders bei Neupflanzungen, würden sich seiner Erfahrung nach hauptsächlich Buchen und Brombeeren ausbreiten. „Die Bäume brauchen in den ersten Jahren Pflege“, betonte er. Außerdem wies er darauf hin, dass bei unbewirtschafteten Flächen auch Maßnahmen zur Verkehrssicherung wie die Herausnahme kranker Bäume entfallen würden. Dann müssten je nach Lage Wanderwege gesperrt werden.

Tölle lehnte nicht grundsätzlich ab, einige Bereiche aus der Bewirtschaftung herauszunehmen. In einigen Hanglagen sei  ohnehin bisher nichts gemacht worden. Er bat aber darum, von dem 20-Prozent-Ziel abzuweichen. Das sei fachlich nicht umsetzbar. Stattdessen bot er an, eine Übersicht zu erstellen, wie viele Flächen bereits nicht bewirtschaftet würden und diese zu erhalten.

Stellungnahmen von BUND und Nabu

Zusätzlich zu Schüttes Vortrag waren Stellungnahmen von BUND und Nabu geplant, die allerdings angesichts der Pandemie nur schriftlich eingereicht wurden. Beide Naturschutzvereinigungen sprachen sich für die Pläne von CDU und Grünen aus, vor allem mit Blick auf die Biodiversität.

FDP, UWG und SPD lehnten den Antrag nach Schüttes Ausführungen ab. Die antragstellenden Fraktionen von CDU und Grünen änderten das Ziel nach Diskussion in insgesamt zwei Sitzungsunterbrechungen allerdings nur auf „möglichst“ 20 Prozent ab. Damit und mit der Ergänzung, eine Zertifizierung des Waldes nach FSC statt nach den bisher üblichen PEFC-Vorgaben zu prüfen, wurde der Antrag angenommen.  Beides sind Zertifizierungssysteme für Nachhaltigkeit und Umweltschutzmaßnahmen bei Wäldern mit teilweise unterschiedlichen strengen Vorgaben.

Der Antrag umfasste außerdem die Aufhebung des 30-Prozent-Zieles für Nadelbäume im Waldbestand, die Bevorzugung der stofflichen Nutzung der Holzerträge gegenüber einer Nutzung als Brennmaterial und den Verzicht auf die Beimischung nicht heimischer Baumarten in den FFH- und Naturschutzgebieten.

Es folgen noch Beratungen im Hauptausschuss und eine Ratsentscheidung.

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