Stadtführung in Rheinbach Unterwegs mit Nachtwächter Rudolf Wehage

Rheinbach · Als Rheinbacher Nachtwächter erzählt Rudolf Wehage beim Stadtrundgang Historie und Histörchen - zum Beispiel die vom Café Mostert.

 „Hört ihr Leut und lasst euch sagen“: Als Nachtwächter führt Rudolf Wehage durch Rheinbach.

„Hört ihr Leut und lasst euch sagen“: Als Nachtwächter führt Rudolf Wehage durch Rheinbach.

Foto: Axel Vogel

Romantik und Geschichtsunterricht mischen sich beim Rundgang durch die Rheinbacher Altstadt mit dem Nachtwächter Rudolf Wehage. Ganz wie seine historischen Vorbilder aus dem Jahre 1816 tritt er aus einer Wirtschaft an der Bachstraße und singt die bekannte Weise: „Hört ihr Leut und lasst euch sagen ...“

Mit seinem Schlapphut, dem schweren Mantel und dem Spieß strahlt Wehage skurrile Abenteuerlust aus. Doch hatte der Nachtwächter im frühen 19. Jahrhundert seine ursprüngliche Rolle als Feuerwache längst eingebüßt. Von den vormals vier Türmen der Stadtbefestigung, von denen aus er nach Flammen und Funkenflug zu spähen hatte, stand nur noch einer, der heutige „Pinkelturm“ an der Polligsstraße.

Die historische Stadtbefestigung war von den französischen Besatzern geschleift worden. Dass von der einstmals acht Meter hohen Mauer wenigstens wieder eine niedrige Andeutung zu sehen ist, verdankt die Stadt der Initiative „Neue Pfade“, die die Mauer vor Jahren unentgeltlich nachbaute.

Die Geschichte von der Laterne

Streift man heute nachts durch die lichtdurchfluteten Gassen des einstmals nur 300 mal 300 Meter großen Städtchens, kann man sich gar nicht vorstellen, wie finster es früher dort gewesen sein muss. Die funzelige Laterne des Nachtwächters hatte da noch eine echte Funktion. Wehage erzählt dazu die Anekdote eines Mannes, der dem historischen Kontrollgänger durch die Gassen nachschlich, bis dieser sich umdrehte und fragte, was er denn begehre.

Der Dialog verlief etwa so: „Ich habe einen Groschen verloren.- Wo denn? - Beim Rathaus. - Aber das ist ja weit weg. - Das weiß ich wohl, aber hier bei der Laterne, kann ich den Boden besser absuchen.“

Zu Beginn des Rundgangs erklärte Wehage in der Bachstraße das historische Entwässerungssystem. Ein System aus Graben und Weihern glich damals Hoch- und Niedrigwasser aus. Außerdem leitete der Mühlengraben das Wasser von der Mühle in der Burg zurück dorthin. Beim Hausbau in der Bachstraße habe man den fein ausgemauerten Graben vor Jahren noch einmal freigelegt – und schnell komplett abgetragen, damit sich nicht der Denkmalschutz verzögernd einschalte, so Wehage.

Ecksteine zum Schutz vor Wagenrädern

Mehrfach erläutert der pensionierte Gymnasiallehrer auch die Herkunft gebräuchlicher Redewendungen. So seien die Ecksteine an der Treppe zum Stadtarchiv zum Schutz vor eisernen Wagenrädern aufgestellt worden, damit diese nicht „anecken“, wenn sie „die Kurve kratzen“. Am Wasemer Turm herrschte oft „Torschlusspanik“. Denn vor den Stadtmauern weideten damals Hirten ihre Tiere. Wenn abends das Hornsignal der Torwache ertönte, mussten sie sich sputen, um noch rechtzeitig vor Toreschluss hereinzugelangen.

Zwischen Spielhalle und Commerzbank an der Martinstraße erblickt man ein Fachwerkhaus mit einem christlichen Taubensymbol über der Tür. Dort, vor der Stadtmauer, befand sich eines von zwei Siechenhäusern, wo hoffnungslos Kranke gepflegt wurden. Dass sich die Patienten in Gemeinschaftsbetten gegenseitig wärmen sollten, hatte bei Seuchen verheerende Folgen, berichtet Wehage.

Historien und Histörchen reihen sich auch an der Hauptstraße aneinander. Etwa die vom Café Mostert, dem heutigen Altstadtcafé. Zum Frühstück trafen sich dort Handwerker, mit denen sich der leutselige Chef gerne unterhielt. Um ihn zu necken, stopften die Burschen bei ihm gekauftes Gebäck in Tüten der Konkurrenz. Bis er den Trug heraushatte, wurde Mosterts Hein darob fuchsteufelswild.

Erzählungen über die Pfarrkirche St. Martin reichen laut Wehage bis in die Zeit Karls des Großen zurück. In der Vorgänger-Kapelle wurde eine Hälfte des Mantels des berühmten St. Martin (später Bischof von Tours) in einer stabilen Truhe aufbewahrt, die der Kaiser als christliche Legitimation mit sich führte.

Die nächste Führung ist am Freitag, 31. März, 21 Uhr. Infos im Stadtarchiv unter 02 22 6/9 17 5 50.

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