Prozess am Bonner Landgericht Familienvater wurde von Missbrauchsvorwurf freigesprochen

Bonn/Weilerswist · Von dem Vorwurf, seine Adoptivtochter vor rund 20 Jahren mehrmals missbraucht zu haben, ist ein 51-Jähriger am Donnerstag am Bonner Landgericht freigesprochen worden. Die Beweislage reichte für eine Verurteilung nicht aus.

 Die Türen des Bonner Landgerichts mit Paragrafen-Symbolen. (Symbolfoto)

Die Türen des Bonner Landgerichts mit Paragrafen-Symbolen. (Symbolfoto)

Foto: dpa/Oliver Berg

„Wir glauben, dass die Geschädigte diese Bilder tatsächlich im Kopf hat“, sagte Volker Kunkel in der Urteilsbegründung. Auch, dass die heute 29-jährige Frau als Kind sexuellen Missbrauch erfahren habe, sei durchaus glaubwürdig.

„Was aber vor rund 20 Jahren tatsächlich im Einzelnen passiert ist, konnten wir nicht feststellen“, sagte der Vorsitzende Richter der 8. Großen Strafkammer am Bonner Landgericht. Insbesondere, wer der Täter war, wenn es denn einen gegeben hat, konnten die Richter nicht sicher sagen und so sprach die Kammer den 51-jährigen Angeklagten gemäß dem Grundsatz „in dubio pro reo“ vom Vorwurf frei, seine Adoptivtochter sexuell missbraucht zu haben.

Das genaue Geschehen bleibt unklar

Was sich zwischen Oktober 2000 und Oktober 2001 in der Familie in Weilerswist ereignet hatte, ließ sich eben nicht mehr mit letzter Sicherheit rekonstruieren. Letztlich waren nämlich nur zwei Menschen bei den möglichen Vergehen zugegen – der Täter und die heute 29-jährige Adoptivtochter des Angeklagten, die in dem Verfahren zunächst als Nebenklägerin aufgetreten war.

Die junge Frau hatte die Übergriffe allerdings erst vor zwei Jahren zur Anzeige gebracht. Der Angeklagte, ein früherer Soldat, wies die Vorwürfe vehement von sich und sah in der Anklage das Ergebnis eines Erpressungsversuchs seiner Ex-Frau und leiblichen Mutter seiner Adoptivtochter.

Frau macht von Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch

Tatsächlich scheint es auch dem Gericht nicht ausgeschlossen, dass die 29-Jährige von einem Teil ihrer Familie zur Klage gedrängt wurde. Bis in den frühen Abend des zweiten Prozesstages war die Adoptivtochter als Zeugin gehört worden; dennoch hätte die Verteidigung des Angeklagten „noch Fragen für einen weiteren halben Tag“ gehabt. Als die Zeugenvernehmung dann am nächsten Morgen fortgesetzt werden sollte, machte die Frau allerdings plötzlich von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch und lehnte jede weitere Auskunft ab. Dazu hatte sie auch jedes Recht, denn der Angeklagte ist noch immer ihr Adoptivvater.

Bereits im Vorfeld war die Frau zwei Mal von einer Sachverständigen untersucht worden: Ihre insgesamt vier Aussagen (wenn man die polizeiliche Vernehmung und die Zeugenaussage mitrechnet) waren allerdings nicht in sich schlüssig: „Es gab keine Konstanz in den Aussagen“, so Kunkel. So hatte die Frau als Zeugin überhaupt nur noch von vier der insgesamt sechs angeklagten Taten berichtet und die Details der Schilderungen wichen häufig voneinander ab.

Im Verlauf des Verfahrens war laut geworden, dass es in der Familie seit Langem immer mal wieder Gerüchte gegeben hatte, der Großvater oder ein weiterer Verwandter hätten sich womöglich an dem Kind vergangen.

Noch am dritten Verhandlungstag zog sich die Adoptivtochter als Nebenklägerin zurück und sowohl Anklage als auch Verteidigung plädierten für den Freispruch. 

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