Flüchtlingshelferkreis Rheinbach Von den Notunterkünften auf den Wohnungsmarkt

Rheinbach · Immer mehr anerkannte Flüchtlinge verlassen die Notunterkünfte und drängen auf den Wohnungsmarkt. Der Flüchtlingshelferkreis hatte zu einem Infoabend und Austausch für Bürger und potenzielle Vermieter geladen.

 Anerkannte Flüchtlinge drängen aus Notunterkünften zunehmend auf den Wohnungsmarkt.

Anerkannte Flüchtlinge drängen aus Notunterkünften zunehmend auf den Wohnungsmarkt.

Foto: picture alliance / dpa

Auf seine Untermieter lässt Wilfried Bode aus Rheinbach-Oberdrees nichts kommen. Mit dem Flüchtlingspaar hat er nur „allerbeste Erfahrungen gemacht“, berichtete Bode jüngst im Himmeroder Hof. Der Flüchtlingshelferkreis hatte eingeladen. Thema: Chancen für neue Nachbarn – Zugang von Flüchtlingen zum Wohnungsmarkt.

Bevor er der Stadt ein Appartement für ein Ehepaar mit Kind angeboten hatte, befürchtete Bode eine ablehnende Haltung der Nachbarn gegenüber seiner Idee. Deshalb schrieb er ihnen und wurde überrascht: Schon zwei Stunden später stand Hausrat vor der Tür, wurde Hilfe angeboten. Bei anderen löste sich Distanz bald auf. Mazen und Tahani aus Damaskus, deren Kind im Juni zur Welt kam, schildert Bode als „fleißig und sauber“. Beide wollten sich in Deutschland integrieren, eine Voraussetzung für gelingendes Miteinander. Mittlerweile betrachteten die beiden ihn und seine Frau Gabriela Sartorius als ihre deutschen Eltern.

Bei der Betreuung erlebte er neue Überraschungen. „Formulare wie nie zuvor“ waren auszufüllen, Belege zu beschaffen. Ein Antrag der Kreisverwaltung Siegburg sei „fast fremdsprachlich formuliert“ gewesen. Bode warnte jedoch auch vor der Gefahr, „dass man sich zu sehr einbinden lässt“. Ab und zu müsse er sich zurücknehmen.

Auch Mechthild Schimmelpfennig hat mit Kani und Tarek, die in ihrem Haus wohnen, gute Erfahrungen gemacht. Schnell habe man sich aneinander gewöhnt und die jeweiligen Rauchgewohnheiten auf dem Balkon synchronisiert. Vertrauen, Offenheit und Respekt seien wichtig. Sie habe nun das Gefühl, nicht mehr „allein abends furchtbare Dinge im Fernsehen“ zu sehen, sondern etwas zu tun und ein wenig Geborgenheit zu vermitteln.

Doch das Miteinander gelingt nicht immer, wie ein Mann aus dem Publikum berichtete. In dem Acht-Parteien-Haus, in dem er wohnt, sei ein Pärchen „eingezogen worden“. In deren Wohnung seien alle Rollos ständig heruntergelassen, die Fenster geschlossen. Drei bis vier Paar Schuhe stünden vor der Tür. Gequalmt werde „auf Deubel komm raus“ – und gekocht. Nachbarn litten unter dem Knoblauchgeruch. Als er einmal angeklopft habe und vorschlug „Let the sunshine in“, wäre erwidert worden: „Haben Sie Probleme?“

Sonntags morgens um acht würde gehämmert und gesägt. Den Rauchmelder, der wohl wegen des Qualms angesprungen sei, hätten die Leute mit einem Besenstiel „ausgeschaltet“. Es müsse sichergestellt werden, dass Hausordnung und Örtlichkeiten bekannt sind. Dirk Frankenberger vom Flüchtlingshelferkreis stimmte zu. Eine Wohnung zu beschaffen, sei nicht genug. Helfer müssten moderieren.

Keine beliebten Mieter

Johannes Klein vom Jobcenter Rhein-Sieg führte aus, für Asylbewerber sei die Stadt, für anerkannte Flüchtlinge seine Behörde zuständig. Sie bekämen wie alle Hartz-IV-Empfänger Regelleistungen und Miete. Seine „Kunden“ sollten Selbstverantwortung über ihr Geld behalten. Miete könne auf deren Wunsch direkt an Vermieter ausgezahlt werden. Damit sei jedoch keine Garantie verbunden, denn trete ein Hartz-IV-Bezieher beispielsweise einen Minijob an, würden Leistungen und Miete gekürzt. Höchstmiete und -größe seien festgelegt.

Für Einzelpersonen sind das in Rheinbach 50 Quadratmeter zu 320 Euro. Zwei Personen stehen 65 Quadratmeter mit einer Miete von bis zu 400 Euro zu, drei Personen 80/460, vier 95/560 und fünf 110/600. Nebenkosten werden in Höhe bis zu 1,81 Euro pro Quadratmeter übernommen. Vermieter sollten zuerst die Zustimmung des Jobcenters einholen, das über angemessene Kosten entscheidet.

Nach Erfahrung der Maklerin Sabine Brunner sind Flüchtlinge bei Vermietern wenig erwünscht. Diese legten drei Wunschkriterien an: 1. regelmäßige Mietzahlung; 2. wenig Reparaturen; 3. Frieden im Haus. Beamte, Vollzeitbeschäftigte und Rentner seien die beliebtesten Mieter, Leute vom Jobcenter die letzten in der Reihe. Um die Chancen für Flüchtlinge zu verbessern, regte sie einen „Mietführerschein“ an, wie es ihn für Jugendliche gebe.

Kontakt: Linda Hönigl von der Stadt Rheinbach, 0 22 26/91 74 50

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