Rheinbach Classics Wolfgang Niedecken kommt nach Rheinbach

RHEINBACH · Der BAP-Sänger sprach mit unserer Redaktion über das Konzert am 13. Juli, den Schlaganfall und seine Schulzeit.

Verdamp lang her, dass BAP in Rheinbach gespielt hat. Das war im Herbst 1999 in der Stadthalle. Am Freitag, 13. Juli, kehrt Wolfgang Niedecken mit seiner Band zurück in die Stadt, in der er einen Großteil seiner Kindheit und Jugend verbrachte.

Das Konzert auf dem Himmeroder Wall, mit dem die Rheinbach Classics eröffnet werden, ist längst ausverkauft. 4900 BAP-Fans werden da sein - neuer Konzert-Rekord für Rheinbach. Und das Wichtigste: Wolfgang Niedecken ist wieder fit.

Wie geht es Ihnen nach Ihrem Schlaganfall?
Wolfgang Niedecken: Besser denn je. Das habe ich im Mai festgestellt, als wir die ausgefallenen Konzerte nachgeholt haben. Ich bin sehr dankbar für die unzähligen Genesungswünsche - auch aus Rheinbach. Das hat mir Kraft gegeben und zur Heilung beigetragen.

Haben Sie Ihren Rhythmus verändert?
Niedecken: Die Lebensweise musste ich nicht ändern, denn der Schlaganfall war nicht die Folge von unsolidem Lebenswandel oder hohem Blutdruck. Ich ernähre mich vegetarisch, rauche nicht und habe im Jubiläumsjahr auf Alkohol verzichtet. Der Schlaganfall wurde verursacht durch ein Blutgerinnsel in der Halsschlagader, das sich nach chronischem Husten gelöst hatte.

Allerdings hätte der ersatzlos gestrichen werden können, wenn ich die Abwehrkräfte wie gewohnt durch Sport gestärkt hätte. In dem Trubel um die neue CD, das Buch und meinen 60. Geburtstag hatte ich mir nicht mehr die Zeit für Frühsport genommen. Das war ein Fehler. Heute fahre ich wieder Rad, schwimme oder gehe auf den Hometrainer.

Hat sich Ihre Einstellung zum Leben verändert?
Niedecken: Ich will nicht mehr auf zu vielen Hochzeiten gleichzeitig tanzen und mehr auf mich achten. Ich hatte doch vor meinem 60. Geburtstag gar nicht über mein Alter nachgedacht. Das hatte ich vermutlich zum letzten Mal am 30. Juni 1974 getan. An dem Tag, an dem ich mein Kunstexamen gemacht hatte, stand für mich fest, dass ich als freier Künstler leben würde. Der Schritt in die Selbstverantwortung, in die Erwachsenenwelt.

Ist es denkbar, dass Sie Ihre Erfahrungen nach dem Schlaganfall textlich verarbeiten?
Niedecken: Das steht zu befürchten, alles ist Material für Songtexte, besonders intensiv Erlebtes.

Mit welchen Gefühlen kommen Sie nach Rheinbach? Die Jahre im Konvikt Sankt Albert waren ja nicht einfach.
Niedecken: Die positiven Erinnerungen überwiegen bei Weitem. Als wir die Beatles, die Stones, die Kinks und die Who entdeckten, tat sich für uns ein neuer Kosmos auf. Nach etlichen Umbesetzungen habe ich mit Hein Pelzer und Wilfried Hennig bei "The Troop" gespielt. Mal sehen, ob wir die am 13. Juli auf die Bühne kriegen.

Was bekommen die Rheinbacher zu hören?
Niedecken: Natürlich das volle Programm mit den Klassikern wie "Verdamp lang her", "Kristallnaach", "Do kanns zaubere", "Aff un zo" und "Nix wie bisher".

Sie können nach 17 Studioalben auf ein Repertoire von gut 300 eigenen Songs zurückgreifen. Nach welchen Kriterien wählen Sie die 25 Stücke für ein Konzert aus?
Niedecken: Ein Drittel Songs, die garantiert jeder kennt. Ein Drittel, die jeder wahrscheinlich kennt, und ein Drittel neue und entlegenere Stücke. Damit sind dann hoffentlich alle zufrieden, denn wir wollen nicht in die Oldie-Falle tappen und nur noch Hits aus der Doppelplatinzeit spielen. So haben wir die Qual der Wahl, und wir entwickeln uns weiter. Stillstand gibt es bei BAP nicht.

Mit welchem Song eröffnen Sie das Konzert?
Niedecken: Das wird vermutlich "Halv su wild" sein. Bei einem Open-Air-Konzert, das bei Tageslicht beginnt, muss beim ersten Stück die Post abgehen. Es sei denn, es regnet, dann müssen wir auf die Sicherheitsvariante umsteigen. Lasst Euch überraschen!

Wie bauen Sie ein Konzert dramaturgisch auf?
Niedecken: Ich bin ja ein Geschichtenerzähler. Ich versuche, die Songs als Episoden einer größeren Geschichte zusammenzufügen. Die Stücke bilden einen erzählerischen und musikalischen Bogen. Ein Konzert sollte keine Kneipp-Kur mit ständigen Rhythmus-Wechseln sein.

Am 1. September spielen Sie wieder auf der Loreley, 30 Jahre nach dem legendären Rockpalast-Festival, bei dem auch Rory Gallagher auftrat.
Niedecken: Da freue ich mich besonders drauf. Wir waren 1982 noch unbekümmert, fast naiv. Ich war aus dem Urlaub eingeflogen, wir haben da ungeprobt die neuen Stücke von "Vun drinne noh drusse" gespielt. Peter Rüchel vom WDR hat mich mit Rory Gallagher bekannt gemacht, einem der größten Gitarristen und ein unheimlich netter Kerl, der viel zu früh gestorben ist.

Er hat mich sogar auf seiner legendären Fender Stratocaster spielen lassen. Zur Erinnerung an ihn werden wir auf der Loreley die BAP-Version seines Songs "A million miles away" spielen.

Was haben Sie sonst noch vor in diesem Jahr?
Niedecken: Mit dem Loreley-Konzert schließen wir die Tournee ab. Dann treten wir am 9. November beim Arsch-huh-Konzert gegen Rassismus in Köln auf. Und ich arbeite mit Oliver Kobold am zweiten Teil meiner Autobiografie, die im Herbst 2013 erscheint.

Gibt es 2013 eine neue CD?
Niedecken: Wahrscheinlich erst mal nicht. Platten sind wie Babies. Solange das eine nicht abgenabelt ist, denkt man nicht über ein neues nach. Und "Halv su wild" ist noch nicht wirklich abgenabelt.

Reisen Sie nochmals in den Ostkongo, wo Sie mit Ihrem Projekt "Rebound" vom Krieg traumatisierte Kinder unterstützen?
Niedecken: Ob ich dieses Jahr wieder reisen kann, hängt von der Sicherheitslage ab. Schließlich habe ich meiner Frau versprechen müssen, dass ich mich keinen unkalkulierbaren Gefahren aussetze. Über das, was wir da tun, informiert man sich am besten auf www.bap.de/start/aktuell/aktuell/project-rebound.

BAP auf der Loreley

Das BAP-Konzert in Rheinbach ist ausverkauft. Karten für das BAP- Konzert auf der Loreley am Samstag, 1. September, gibt es noch in allen GA-Zweigstellen und unter www.bonnticket.de. Außerdem spielen Stoppok und Hubert von Goisern. Stehplätze kosten 39 Euro, Sitzplätze 45,60 Euro plus Vorverkaufsgebühren.

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