Rheinbach Classics Zurück in die Welt der Petticoats

RHEINBACH · Waren das noch Automobile! Individuell im Design, jedes Modell mit eigenem Charakter, ausgestattet mit chromglänzenden oder lackpolierten Attributen, jenseits von Aerodynamik und Einheitslook!

 Die coolste Sonnenbrille seit den Blues Brothers trug ein Spitz.

Die coolste Sonnenbrille seit den Blues Brothers trug ein Spitz.

Foto: Roland Kohls

Seien es die berühmten "Heckflossen" am 62er Cadillac, die wie Düsentriebwerke geformten Heckleuchten der Thunderbirds oder die hinten angeschlagenen "Selbstmördertüren" am Opel.

Eintauchen in die 50er und 60er Jahre, hieß es am Wochenende wieder bei der fünften Auflage der "Rheinbach Classics - Musik, Motoren, Petticoats", die sich zu einem großen Volksfest entwickelt hat. Obwohl es damals mit Sicherheit nie so viele gepunktete Petticoat-Kleider, Elvis-Tollen, Boogie-Woogie-Bands und chromglänzende, liebevoll und fachmännisch restaurierte Fahrzeuge gleichzeitig in der Stadt gegeben haben dürfte.

Nicht nur die Akteure kleideten sich im Stil der Zeit passend zu ihren Oldtimer-Modellen. Auch die Tausenden von begeisterten Zuschauern schlüpften oft in die Outfits der Zeit von Buddy Holly, Elvis Presley, Peter Kraus und Co. Wie das Ehepaar Monika und Lutz Krupinski aus Köln.

Original war nicht nur ihr Ford Taunus 12 M, Baujahr 1959, mit dem sie zum vierten Mal an der Rheinbach Classics teilnahmen. Original war auch das Outfit der 50-jährigen Kölnerin: Ein 60 Jahre altes Petticoat-Kleid, natürlich mit ebenso alten Handschuhen und Nylon-Strümpfen mit deutlich sichtbarer Naht.

Ehemann Lutz, Jahrgang 1943 und als "Lutz Lager" unter anderem Elvis Interpret, trug ein nachgeschneidertes Fünfziger Jahre-Outfit - weil es die als Originale aus der Zeit nur für ganz dünne Männer gibt, wie das Paar schmunzelnd verriet: "Die Männer waren damals ganz dünn, die kamen ja aus dem Krieg."

Wer noch kein stilechtes Outfit besaß, konnte an einem der vielen Marktstände gleich eines erwerben. Auch Accessoires oder originale Zeitungen und Zeitschriften aus den Sechzigern gab es zu erstehen. Zum Beispiel eine Boulevard-Zeitung von Montag, 25. November 1963, die mit dem Titel "Attentat auf Attentäter: Oswald erschossen!" aufmachte, dem Tod des angeblichen John F. Kennedy Mörders.

Für den Rheinbach Classics Co-Vorstand Jens Hoffmeister hatte der Markt in diesem Jahr deutlich an Qualität zugelegt: "Wir hatten noch nie so viele Stände und vor allem noch nie so gute Qualität, das ist jetzt wirklich ein klassischer Markt."

Rund um die Classics##ULIST##

Hochzeit: Den Rahmen der Rheinbach Classics suchten sich die Rheinbacherin Anke Wilmers und Eric Lartz aus, um sich von Bürgermeister Stefan Raetz trauen zu lassen. Nach der Zeremonie fuhr das Paar in einem Ford A im Korso, gleich hinter Bürgermeister Stefan Raetz und Ehefrau Birgitta in einem Thunderbird.

  • Das älteste Auto: Ein Ford A Baujahr 1931, gefahren von Christa und Klaus Stähler, bestaunt von Tausenden von Oldtimer-Fans.
  • Das älteste Team: Fahrer Werner Baumann, Beifahrer Fred Klein und ihr Aston Martin LeMans aus dem Jahr 1933, zusammen 232 Jahre alt.
  • Die weiteste Anreise: Ernst Hüni, der mit seinem Morris 1 100, Baujahr 1964, aus dem 589 Kilometer entfernten Einsiedeln in der Schweiz nahe Luzern anreiste.
  • Aufkleber-Text: "Mein Auto verliert kein Öl, es markiert lediglich sein Revier", stand auf einer chromblitzenden Schönheit.

Am Samstag zogen nicht nur 160 Oldtimer verteilt in der gesamten Innenstadt die Aufmerksamkeit auf sich. 110 Fahrzeuge nahmen auch an der Orientierungsrallye teil. Dabei hatten die Teams einige Aufgaben zu lösen, wie auf einer Strecke von acht Kilometern alle Geschwindigkeitsschilder aufzuaddieren, wie Organisator Wilfried Bode erläuterte.

Auch an der Strecke hatte die Rallye Volksfest-Charakter. Bestes Beispiel: In Ramershoven, wo am Dorfweiher ein offizieller Streckenkontrollpunkt eingerichtet war, erwarteten mehr als 100 Oldtimer-Freunde aller Altersgruppen die Teilnehmer. Versorgt wurden sie unterdessen vom Team Rolf Heck mit seinem "Catering"-Fahrzeug Marke Eigenbau, ausgestattet unter anderem mit Gyros-Grill, Backofen, Kühlschrank, Zapfanlage und Computer.

Vorfinanziert wurde der Service von einer Gruppe um Dieter Krakor, abgegeben wurden Speisen und Getränke für einen Spendenobolus.

Am Sonntag konnten die Besucher beim auf den Wällen oder im Korso mehrere hundert Oldtimer bewundern, ebenso fachmännisch wie humorvoll erläutert von Jens Hoffmeister und Jürgen Cüpper, Oldtimer-Experte beim ADAC. Dabei war Familie Schoen aus Swisttal mit ihren Thunderbirds ebenso wie ein Protos Rennwagen von 1920, die legendäre "Badewanne" Ford 17 M, Aston Martin, Jaguar E-Type, Heinkel-Roller, Lotus im John Player Design, Corvettes, Cadillacs und historische Feuerwehr-Fahrzeuge, unter anderem aus der belgischen Partnerstadt Deinze.

Ein besonderer Hingucker auch der VW T1 von Jahr 1957 mit der verstärkten 1200 Kubikzentimeter-Maschine von 30 PS, den das Freilichtmuseum Kommern vom Westfalia-Werksmuseum übernommen hat, wie Michael Faber erläuterte. Das Modell mit der Camping-Box und schon fest eingebautem, mit Gasflaschen betriebenem Kocher und Kleiderschrank über dem Motorraum war als Exportmodell ein besonderer Erfolg in den USA.

Eine Besonderheit auch das Kennzeichen "R67-4456": "Es handelt sich um ein Besatzungszonen-Kennzeichen, welche Zone, können wir nicht sagen."

Dazu erklang in der gesamten Rheinbacher Innenstadt und ihren Plätzen Live-Musik, die viele Fans nicht nur zum Zuhören, sondern zum Mittanzen verführte. Denn welcher Peter Kraus-Fan in entsprechendem Outfit kann schon zu "Tutti Frutti, oh Rudy" still stehen bleiben.

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