Prozess vor dem Landgericht Bonn Sechs Jahre Haft für Vergewaltiger aus dem Kreis Euskirchen

Bonn/Euskirchen · Weil er eine Schutzbefohlene mehrfach vergewaltigt hatte, ist ein 44-Jähriger aus dem Kreis Euskirchen vor dem Bonner Landgericht zu einer Haftstrafe von sechs Jahren verurteilt worden.

Ein Fall von Missbrauch wurde vor dem Bonner Landgericht verhandelt.

Ein Fall von Missbrauch wurde vor dem Bonner Landgericht verhandelt.

Foto: dpa/David-Wolfgang Ebener

Sechs Jahre Haft! Das saß. Der Angeklagte (44) zuckte, als der Dolmetscher ihm übersetzte, was der Vorsitzende Richter der 2. Großen Strafkammer das Bonner Landgerichts gerade verkündet hatte: Der Gabelstaplerfahrer war schuldig der Vergewaltigung und des sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen in zehn Fällen.

Das Lächeln wich aus dem Gesicht des Mannes, der sich bei den Aussagen des Opfers noch „köstlich amüsiert“ hatte, so das Gericht. Der am ersten Verhandlungstag mit einem kleinen Geständnis eine Bewährungsstrafe bekommen wollte, dann aber, als die Richter nicht darauf eingingen, in einer Kehrtwende alle Vorwürfe abstritt.

So stieg die Kammer in die ausführliche Beweisaufnahme ein, hörte die Betroffene und gewann am Ende die Überzeugung, dass der Angeklagte der Täter war. Die Urteilsbegründung wurde eine Abrechnung mit ihm – und mit seiner Partnerin, der Mutter des Opfers.

An der Tochter der Partnerin vergangen

Er war 2010 in Euskirchen bei der Frau eingezogen, die zwei Mädchen und einen Jungen allein erzog; aus dieser Beziehung gingen zwei gemeinsame Kinder hervor. Am 16. April 2016 soll er sich das erste Mal an der damals 13-jährigen Tochter seiner Lebenspartnerin vergangen haben; das letzte Mal am 8. August 2020. Das Opfer, das in dem Freund der Mutter einen Vaterersatz sah, habe sich anfangs gewehrt, aber dann alles über sich ergehen lassen, es habe sich in seinem eigenen Körper „eklig“ gefühlt. „Das kennen wir aus vielen Missbrauchsverfahren“, sagte Kammervorsitzender Wolfgang Schmitz-Justen. Einmal geschah der Sex auf einer Couch, während die Mutter daneben lag, die davon angeblich nichts bemerkt haben will.

Der große Knall kam am 15. August 2020: Der Mutter passte der Freund der nun 17-jährigen Tochter nicht, sie gerieten darüber in Streit, die Frau drohte ihr mit Rauswurf. Als der Angeklagte eingriff, wollte das Mädchen - laut Gericht - herausschreien, dass er ihr seit Jahren Gewalt antue, brachte aber kein Wort heraus. Daraufhin tippte sie in ihr Handy: „Ey, der fasst mich an, der missbraucht mich.“ Diese Nachricht schickte sie an die Mutter.

Ein Nachbar schützt das Mädchen

Die, so der Richter weiter, glaubte ihr nicht; das Mädchen schrie den 44-Jährigen an: „Gib das zu!“. Mittlerweile hatte sich der Streit vor die Wohnung verlagert, ein Nachbar schritt ein und zog das Mädchen in sein Haus. Gegen 2.30 Uhr wurde die Polizei informiert, die am anderen Morgen die 17-Jährige vernahm. Die Beamten sicherten als Beweismittel ein Bettlaken, auf dem am 8. August der letzte Übergriff stattgefunden haben soll, denn es wurden Sperma des Stiefvaters und DNA-Spuren des Opfers, nicht aber von der Mutter gefunden.

Die junge Frau zog zunächst zu ihrer Patentante, dann für anderthalb Jahre in ein Frauenhaus, danach wurde sie in eine Klinik gebracht. Mittlerweile lebt sie in einer Pflegefamilie. Schmitz-Justen an den Angeklagten: „Wie groß muss der Leidensdruck bei ihr sein? Und Sie sitzen hier und grinsen. Zum Kotzen, kann ich nur sagen!“

Die Aussage des Mädchens sei absolut glaubwürdig gewesen, das habe auch eine Gutachterin bestätigt. „Und Sie“, wandte sich der Richter an die im Saal sitzende Mutter, „haben Ihre eigene Tochter mit Dreck beschmissen, haben plumpe Lügen erzählt“: Da platzte es aus der Frau heraus: „Das stimmt nicht! Meine Tochter hat mein Vertrauen missbraucht“, rief sie. Der Richter ermahnte sie zur Ruhe.

Am Ende der Sitzung hatte der Angeklagte seine Gelassenheit verloren; schluchzend wankte er zu seiner ehemaligen Freundin und suchte ihre Hand. Sie verweigerte sie ihm.

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