Prozessbeginn im Sommer Staatsanwaltschaft Bonn klagt 27-Jährigen wegen Geiselnahme in Euskirchen an

Euskirchen/Bonn · Die Bonner Staatsanwaltschaft klagt einen 27-jährigen Mann wegen einer Geiselnahme im April 2021 in Euskirchen an. Die Anklage geht davon aus, dass der Mann die Tat im Zustand verminderter Schuldfähigkeit begangen hat.

 Der Angeklagte hatte in Euskirchen eine Hotelmitarbeiterin als Geisel genommen. (Archivbild)

Der Angeklagte hatte in Euskirchen eine Hotelmitarbeiterin als Geisel genommen. (Archivbild)

Foto: dpa/Sebastian Klemm

Am 1. April 2021 betrat gegen 18.45 Uhr ein 27-jähriger Mann die Lobby eines großen Business-Hotels unweit des Euskirchener Bahnhofs. Wenn es zutrifft, was die Anklage der Bonner Staatsanwaltschaft annimmt, dann zog der Mann wenige Minuten später ein mitgeführtes Filetiermesser und bedrohte an der Rezeption einen 22-jährigen Angestellten mit der 21 Zentimeter langen Klinge dieser Waffe. Der Übergriff entwickelte sich schnell zu einer Geiselnahme, die mit einem SEK-Einsatz endete. In dessen Verlauf konnte der Täter mit einem Schuss ins Bein gestellt und das Opfer befreit werden. Nun hat die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Geiselnahme und gefährlicher Körperverletzung gegen den mutmaßlichen Täter erhoben. Das Verfahren soll im Sommer beginnen. Trotz einer Lösegeldforderung in Höhe von zwei Millionen Euro geht die Anklage davon aus, dass der 27-Jährige die Tat im Zustand verminderter Schuldfähigkeit begangen hat. Möglicherweise wollte der Geiselnehmer in Selbstmordabsicht gezielt seine Erschießung durch die SEK-Beamten provozieren.

Nachdem er das Hotel betreten hatte, soll der mutmaßliche Geiselnehmer zunächst den Rezeptionsmitarbeiter mit dem Messer bedroht haben, indem er dessen Klinge auf den Bauchbereich des Opfers richtete. Nachdrücklich soll er dann nach einem Tresor und Geld gefragt haben. Der Angegriffene erwiderte allerdings offenbar wahrheitsgemäß, dass es beides in der Lobby nicht gebe. Daraufhin verlangte der Eindringling, dass der Rezeptionist den Notruf wählen und der Polizei sagen solle, dass er von einem Mann bedroht werde, der auch eine Bombe bei sich trage. Der Täter verlangte in zehn bis 15 Minuten ein Lösegeld in Höhe von zwei Millionen Euro. Wenn er dies nicht bekomme, werde er den Anrufer umbringen.

Der Angeklagte soll am Vortag einen Suizidversuch unternommen haben

Die Anklage geht davon aus, dass der Angreifer das Messer während des gesamten Anrufs am Hals des Opfers hielt. Möglicherweise aufgrund einer unbedachten Bewegung des Bedrohten kommt es dann allerdings zu einer Verletzung der Geisel: Der Angreifer bewegt seine Waffe jedenfalls unvermittelt mit einem Ruck und trifft den Angestellten am linken Ringfinger. Die Wunde muss später mit vier Stichen genäht werden. Bereits kurze Zeit nach dem Anruf trifft das SEK am Tatort ein. Nun verlangt der Geiselnehmer außer dem Lösegeld auch noch nach einem Hubschrauber zur Flucht. Andernfalls werde er seine Geisel töten und die Bombe zünden.

In einem Moment der Unaufmerksamkeit gelingt es den Beamten, das Opfer zu befreien. Der Geiselnehmer erleidet dabei einen Durchschuss im Bein. Der Angeklagte soll bereits am Vortag einen Suizidversuch unternommen haben. Da ein Gutachter offenbar davon ausgeht, dass der Täter an einer depressiven Krankheit leidet, vermuten die Ankläger, dass das wahre Motiv des Angreifers nicht das angegebene Lösegeld war. Vielmehr habe der Täter bewusst provozieren wollen, dass die Polizisten die Waffe gegen ihn richten sollten.

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