Kirchengemeinde Sankt Katharina Auf Philipp Melanchthons Spuren

SWISTTAL-BUSCHHOVEN · Er war Philologe, Philosoph, Humanist, Theologe, Lehrbuchautor, Dichter und - seine bedeutendste Rolle - Reformator. Der 1497 geborene Philipp Melanchthon zählt neben Martin Luther zu den treibenden Kräften der deutschen und europäischen kirchenpolitischen Reformation.

 Zwei Reformatoren: Martin Luther (l.) und Philipp Melanchthon nach einem Doppelporträt von Lucas Cranach d .Ä. Das Ölgemälde stammt von 1543 und hängt in Florenz, Galleria degli Uffizi. Das Foto unten zeigt die in Buschhoven aufbewahrte Schrift "Bestaendige Verantwortung".

Zwei Reformatoren: Martin Luther (l.) und Philipp Melanchthon nach einem Doppelporträt von Lucas Cranach d .Ä. Das Ölgemälde stammt von 1543 und hängt in Florenz, Galleria degli Uffizi. Das Foto unten zeigt die in Buschhoven aufbewahrte Schrift "Bestaendige Verantwortung".

Foto: Henry

Er hat nicht nur in Städten wie Heidelberg, Speyer und Wittenberg seine Spuren hinterlassen, sondern auch in Swisttal-Buschhoven. So fand 1543 auf der einstigen Wasserburg zu Buschhoven ein bedeutendes Religionsgespräch statt, zu dem der Kölner Erzbischof und Kurfürst Hermann von Wied geladen hatte.

Melanchthon verfasste außerdem im selben Jahr in Buschhoven zusammen mit Martin Bucer die Reformationsschrift "Einfältiges Bedenken" - ein Reformationsentwurf für das Erzstift Köln. Diese beeinflusste Reformatoren von Hessen bis nach Ostfriesland und sogar bis nach England. Auch Buschhoven wurde evangelisch. Daraufhin wurde das Messopfer in deutscher Sprache gefeiert und der Wein beim Abendmahl auch den gewöhnlichen Gläubigen gereicht.

In Buschhoven, im Archiv der katholischen Kirchengemeinde Sankt Katharina, lagert auch ein besonderes historisches Dokument aus jener Zeit: Hermann von Wieds Schrift "Bestaendige Verantwortung" von 1545, mit der er auf die Angriffe Johannes Groppers, Priesterherr im Kölner Domkapitel, gegen den Reformationsentwurf Bucers und Melanchtons reagierte. Laut Archivar Franz Görgen wurde die Schrift restauriert und befindet sich in einem guten Zustand. Nach Reformatoren benannte Straßennamen in Buschhoven wie die Gropperstraße und der Wiedring erinnern noch heute an diese Zeit.

In der Lateinschule in Pforzheim zeigte sich bereits, dass Melanchthon eine Begabung für die lateinische und griechische Sprache hatte. Dies fiel Johannes Reuchnin auf, einem der obersten Richter des Schwäbischen Bundes, der als Kenner und Förderer der altgriechischen Sprache galt. Er gab sein Wissen an Melanchthon weiter. Mit gerade einmal zwölf Jahren kam Melanchthon an die Universität nach Heidelberg, die er 1511 mit dem akademischen Grad "baccalaureus artium" absolvierte. Ein Jahr später wechselte der baldige Reformator, der als eher schmächtig beschrieben wurde und nur 1,50 Meter groß war, an die Universität Tübingen, wo er Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie studierte.

Bereits 1514 konnte er sein Studium an der Artistenfakultät mit dem Magistertitel abschließen. Danach gehörte er nicht mehr zu den Lernenden, sondern lehrte selbst. Alsbald sollten sich seine Wege mit denen Martin Luthers kreuzen. Luther veröffentlichte 1517 seine 95 Thesen, in denen er Missbräuche beim kirchlichen Ablass und besonders den geschäftsmäßigen Handel mit Ablassbriefen anprangerte.

Die Thesen sorgten 1518 für eine Disputation, ein wissenschaftliches Streitgespräch, in der Universität Heidelberg und beeindruckten Melanchthon. So besuchte er Luther in Wittenberg, um sich Details zu den Thesen erläutern zu lassen. Es sollte jedoch eine längere Zeit in Wittenberg für Melanchthon werden, da er auf Empfehlung von Johannes Reuchnin an der dortigen Universität den Lehrstuhl für griechische Sprache besetzte.

Seine Antrittsrede in der Schlosskirche von Wittenberg stieß auf Begeisterung. Seine Rede beinhaltete bereits eine Studienreform, die ein neues Lehrsystem einschloss. Dazu zählte auch eine individuelle Betreuung von Studienanfängern und die Schulung der sprachlichen Ausdrucksfähigkeit.

"Melanchthon war der Mildere von beiden. Luther hat den Mund immer recht voll genommen", sagt Pfarrer Ernst Edelmann aus Buschhoven. 1523/24 setzte Melanchthon seine neue Studienordnung um, die zunächst für die Philosophische Fakultät galt. Insbesondere die klassisch-humanistische Bildung für evangelische Theologen hielt er für unerlässlich. Luther übte auf Melanchthon einen starken Einfluss aus. Dieser bescherte ihm auch den akademischen Grad eines "baccalaureus biblicus", der ihm ermöglichte, auch an der theologischen Universität Vorlesungen zu halten.

Unter Luther und Melanchthon stieg die Universität Wittenberg zu der bedeutendsten in Europa auf. Melanchthon heiratete auf Luthers Drängen Katharina, die Tochter des Bürgermeisters von Wittenberg, Hans Krapp. Sie bekamen zwei Töchter und zwei Söhne, von denen einer im Alter von zwei Jahren starb.

Die 1543 auf dem Landsitz des Kurfürsten in Buschhoven von Melanchthon und Brucer verfasste Bekenntnisschrift "Einfältiges Bedencken" wurde 1543 in Bonn gedruckt. Aus Furcht vor einer protestantischen Mehrheit im Kurfürstenkollegium beendete Kaiser Karl V. diesen Reformationsversuch mit einem Militärschlag.

Die beiden lutherischen Reformatoren mussten Bonn verlassen, Melanchthon kehrte nach Wittenberg zurück und Bucer ging nach England. "Dort wurde die Bonner Reformationsschrift eine der Grundlagen des anglikanischen Gebetsbuchs", so Edelmann. Melanchthon verstarb am 19. April 1506 in Wittenberg. An der Seite von Martin Luther fand er in der Schlosskirche Wittenberg seine letzte Ruhestätte.

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