Pflanzen als Zeitzeugen Brei und Grütze standen in der Eisenzeit auf dem Menü

SWISTTAL-MORENHOVEN · Die Archäobotanikerin Jutta Meurers-Balke sprach im Morenhovener Kreaforum über besondere Zeitzeugen. "Pflanzen erzählen Geschichte(n)." Das ist das Credo von Jutta Meurers-Balke (64) vom Institut für Ur- und Frühgeschichte an der Universität zu Köln, zugleich war es Thema ihres Vortrags im Morenhovener Kreaforum.

Die promovierte Wissenschaftlerin leitet das Labor für Archäobotanik, ein Mischgebiet zwischen Archäologie und Botanik. "Wenn man Archäologie hört, denkt man an Pyramiden oder an Ausgrabungen von Königsgräbern. Aber auch die Auswertung von Pflanzenresten liefert wertvolle Informationen über die Vergangenheit", sagte sie.

In der Regel werden Pflanzenteile im Laufe der Zeit durch Mikroorganismen wie Bakterien oder Pilze zersetzt. Unter bestimmten Bedingungen bleiben sie aber erhalten. So wird, wenn der Luftsauerstoff fehlt, etwa in tiefen Brunnen, die Zersetzung unterbunden. Auch in Hoch- und Niedermooren finden Archäobotaniker oft jahrtausendealte Präparate. Aufschluss über die Vergangenheit können auch verkohlte Pflanzenreste geben, die laut Meurers-Balke in praktisch allen archäologischen Befunden enthalten sind. Im Rheinland finden die Wissenschaftler Pflanzenreste meist in Niedermooren. Sie machen eine Bohrung und nehmen Proben, die sie in Kästen bergen. "Wir nehmen dazu ganz normale Blumenkästen", sagte Meurers-Balke.

Welche Schlüsse lassen sich aus der Analyse von Pflanzenresten wie Pollen, Früchten oder Samen ziehen? Man könne erkennen, wie kultiviert eine Landschaft war, erläuterte die Wissenschaftlerin. Das Ackerland wird ins Verhältnis zum Wald- und Buschbestand gesetzt. Die Häufigkeit einer Pflanze in einer bestimmten Zeit ermöglicht Rückschlüsse auf den Speisezettel der vorherrschenden Kultur.

"Selbst Phänomene wie Krieg können wir erkennen", so Meurers-Balke. So könne man von einem großen Birkenbestand zu einer bestimmten Zeit darauf schließen, dass es in dieser Gegend vorher gebrannt hat. Denn die Birke ist der Baum, der sich nach einem Brand am schnellsten ausbreitet.

Meurers-Balke hat mit einer Arbeitsgruppe Proben aus einem Niedermoor bei Herzogenrath entnommen. Sie analysierten das Verhältnis der Bäume zu Kräutern und Getreide. Anhand der Ergebnisse vergleichen sie zwei aufeinanderfolgende Zeitalter: Die Eisenzeit (Beginn circa 800 vor Christus) und die darauf folgende Römerzeit (Beginn etwa um Christi Geburt). "Es wird immer gesagt, die Römer haben die Kultur gebracht", so Meurers-Balke. "Die Ergebnisse legen aber nahe, dass die Römer in blühende Landschaften kamen."

Denn die Bauern der Eisenzeit hätten bereits ein Dutzend Kulturpflanzen angebaut. Charakteristisch sei der Anbau von Hirse und Gerste. Die eisenzeitlichen Vorfahren waren vermutlich Brei- und Grützeesser. "Das stimmt mit dem archäologischen Befund überein, dass keine Backöfen aus dieser Zeit gefunden wurden", erläuterte sie. Mediterrane Unkrautreste aus der Zeit legten nahe, dass die Römer zunächst auch Lebensmittel importiert hätten. Später stellten sie diese in Landgütern, den villae rusticae, selber her. Ein Befund überraschte die etwa 20 Besucher des Vortrags besonders: "Es gab im Rheinland in der Römerzeit keinen Wein", sagte Meurers-Balke, "an der Mosel dagegen schon."

Info

Am Samstag findet von 10 bis 14 Uhr eine Übung zum Thema im Kreaforum, Eichenstraße, statt: "Pollen und Sporen unter dem Mikroskop". Eintritt: drei Euro.

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