Lebenshilfe Bonn Das Aus für therapeutisches Reiten

SWISTTAL-MIEL · Die Lebenshilfe Bonn stellt das therapeutische Reiten in Miel zum 30. Juni ein. Das bestätigte der Verein am Donnerstag auf Anfrage des General-Anzeigers.

 Das Glück dieser Erde liegt auf dem Rücken der Pferde: Am 30. Juni endet das therapeutische Reitangebot der Lebenshilfe in Miel, hier ein Foto vom zehnten Geburtstag des Reitzentrums 2011.

Das Glück dieser Erde liegt auf dem Rücken der Pferde: Am 30. Juni endet das therapeutische Reitangebot der Lebenshilfe in Miel, hier ein Foto vom zehnten Geburtstag des Reitzentrums 2011.

Foto: Wolfgang Henry

Darüber wollte der Vorstandsvorsitzende Hans Günter Remig am Donnerstagabend auch die Mitglieder bei deren Versammlung informieren. Die Nutzer des Angebots hatte die Lebenshilfe Mitte April in Kenntnis gesetzt.

Im vergangenen Jahr hatte das Reit- und Begegnungszentrum am Margarethenhof in Miel seinen zehnten Geburtstag gefeiert. Angeboten werden dort Hippotherapie - Physiotherapie mit speziell ausgebildeten Pferden - heilpädagogisches Reiten und Voltigieren, Reiten als Sport für Menschen mit und ohne Behinderung sowie auch Reiterfreizeiten.

"Dieses Angebot war immer defizitär und trotz intensiver Bemühungen, Erweiterung des Angebotes, Kooperation mit Schulen und Kindergärten, vollster Auslastung sowie des Versuchs, die Anlage zu verpachten, ist es der Lebenshilfe Bonn leider nicht gelungen, die Reitanlage ohne erhebliche wirtschaftliche Verluste zu führen", teilte die Lebenshilfe mit. Eigentümer der Anlage ist Kurt Schäfer, die Lebenshilfe ist Betreiber. Schäfer erklärte, man sei "in enger Verhandlung miteinander wegen des Vertrages, der noch 15 Jahre läuft".

Die Entscheidung, das Angebot einzustellen, sei nicht leicht gefallen und stimme "ausgesprochen traurig", sei aber nicht zu vermeiden, hieß es vom Verein. Der Vorstand habe sich immer wieder sehr intensiv mit dem Thema beschäftigt und nach Möglichkeiten der Verlustminderung, aber auch nach alternativen Finanzierungsmöglichkeiten gesucht wie zum Beispiel über Stiftungen. "Von Anfang an war klar, dass die Auslastung des Angebotes nicht das Problem war, da wir mit bis zu 210 Reitern im Monat schon an der Obergrenze liegen", so der Verein.

Das therapeutische Reiten für Menschen mit Behinderung sei ein sehr personalintensives Angebot, das seit einigen Jahren von den Betroffenen ganz alleine finanziert werden müsse, ohne Beteiligung der Krankenkassen. "Als Verein müssen wir daran interessiert sein, dass unsere Angebote von allen genutzt werden können. Eine betriebswirtschaftlich notwendige Anhebung der Reittherapiestunden auf das 2,5-fache Entgelt ist deshalb nicht möglich."

Von Nutzern werden Gebühren für Gruppenstunden von 65 Euro pro Monat, für Einzelstunden 85 Euro angegeben. Wie die Mutter eines schwerstbehinderten Kindes dem General-Anzeiger sagte, habe die Lebenshilfe die Gebühren für das therapeutische Reiten "seit zig Jahren" nicht erhöht. "Man hätte doch mit uns Eltern sprechen können, wenn es ein finanzielles Problem gibt", sagte die Frau, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.

Die vielen Kinder und Erwachsenen hätten jetzt so kurzfristig keine Alternative in erreichbarer Nähe, weil andere Angebote ausgebucht seien. "Wenn Behinderte über längere Zeit kein therapeutisches Reiten wahrnehmen können, hat das negative gesundheitliche Auswirkungen. Und nicht zuletzt verlieren sie einen ganz wichtigen Teil ihrer Lebensfreude", so die Mutter. "Diese Reitanlage ist wirklich gelebte Inklusion", lobte sie.

Wie Lebenshilfe-Geschäftsführer Andreas Kimpel dem GA sagte, sei man zurzeit bemüht, eine Liste mit Alternativangeboten in der Umgebung zusammenzustellen. Der Verein teilte zudem mit, dass er allen Mitarbeitern des therapeutischen Reitens ein Angebot für eine Weiterbeschäftigung in einem anderen Bereich der Lebenshilfe machen werde.

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