Interview mit Bürgermeisterin von Swisttal „Den Schulsport nicht beeinträchtigen“

Swisttal · Seit 100 Tagen ist Petra Kalkbrenner als Bürgermeisterin von Swisttal im Amt. Sie hatte sich im September gegen ihre Mitbewerberin Gisela Hein durchgesetzt. Am 21. Oktober trat sie die Nachfolge von Eckhard Maack an. Mit ihr sprach Hans-Peter Fuß.

Swisttals Bürgermeiisterin Petra Kalkbrenner blickt auf das vergangene Jahr zurück

Swisttals Bürgermeiisterin Petra Kalkbrenner blickt auf das vergangene Jahr zurück

Foto: Axel Vogel

Was war Ihre schwierigste Entscheidung?
Petra Kalkbrenner: Die 100 Tage sind sehr schnell vorübergegangen. Besonders bewegt hat mich die Entscheidung, das Dorfhaus Morenhoven als Notunterkunft für Flüchtlinge einrichten zu müssen. Es besteht eine sehr große Hilfsbereitschaft der Bevölkerung. Gleichzeitig nimmt man den Bürgern ihren Dorfmittelpunkt.

Was ist die größte Umstellung im Vergleich zu Ihrer früheren Arbeit als Beigeordnete?
Kalkbrenner: Das sind in erster Linie die vielen repräsentativen Termine. Schön ist, dass ich dabei mit unseren Bürgerinnen und Bürgern persönlich ins Gespräch komme. Daneben führt die momentane Doppelfunktion – zurzeit ist die Beigeordnetenstelle nicht besetzt – zu einem sehr knapp getakteten Zeitmanagement.

Das Thema Flüchtlingsunterbringung überragt auch in diesem Jahr alles.
Kalkbrenner: Das ist ein Thema für die gesamte Verwaltung. In erster Linie und am meisten beschäftigt ist der Sozialbereich. Aber auch das Einwohnermeldeamt, das Bauamt, der Baubetriebshof, das Gebäudemanagement, der Finanzbereich sowie das Ordnungsamt sind hiermit befasst.

Brauchen Sie mehr Personal für diese Aufgabe?
Kalkbrenner: Der Rat hat im Haushalt 2016/2017 die Stelle eines Sozialarbeiters beschlossen. Intern haben wir dem erfahrenen Verwaltungsmitarbeiter Peter Nitschke die Aufgaben eines Flüchtlingskoordinators übertragen. Seine Stelle wurde neu besetzt. Weiterhin haben wir einen Hausmeister eingestellt. Zurzeit prüfen wir eine zusätzliche befristete Hausmeisterstelle zur Entlastung der anderen Mitarbeiter und des Baubetriebshofs einzurichten.

Wie viele Flüchtlinge leben zurzeit in Swisttal? Wie viele werden es Ende des Jahres sein?
Kalkbrenner: In unseren Unterkünften und privaten Wohnungen haben wir 340 Personen untergebracht. Wir gehen davon aus, dass wir im Laufe des Jahres etwa 400 weitere Flüchtlinge aufnehmen. Auch wenn die Anmietung von Wohnungen an erster Stelle steht, kommen wir nicht umhin, Wohncontainer aufzustellen. Für den Bau der Übergangsheime haben wir bei der Kommunalaufsicht beantragt, auf die im Haushalt bereitgestellten Investitionsgelder vor der Haushaltsgenehmigung zugreifen zu können, damit wir keine Zeit verlieren.

Müssen Sporthallen belegt werden?
Kalkbrenner: Wir mieten Wohnungen an, bringen die Menschen in vorhandenen gemeindlichen Übergangswohnheimen unter, wir bauen neue Übergangswohnheimen und errichten Wohncontainer. Mit dem Neubau eines Übergangswohnheims am Bahnhof Odendorf wollen wir so schnell wie möglich beginnen. Darüber hinaus werden in nächster Zeit Container am Dorfhaus in Straßfeld und am Rathaus in Ludendorf aufgestellt. Zudem werden auf einem gemeindeeigenen Grundstück Am Fienacker in Buschhoven sowie im angemieteten Gebäude Kölner Straße 105 in Heimerzheim Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen. Ich hoffe, dass es uns weiterhin gelingt, die Dorfhäuser nicht oder nur eingeschränkt oder vorübergehend in Anspruch zu nehmen. Es liegen Beschlüsse der Ratsgremien vor, den Schulsport nicht zu beeinträchtigen.

In Heimerzheim gibt es Bedenken gegen die Unterbringung über einem Reitstall. Wie ist es dort um die Sicherheit von Flüchtlingen, Reitern und Tieren bestellt?
Kalkbrenner: Momentan sind dort zwei Familien mit Kindern untergebracht. Wir haben die Bürger und die Reiter sowie den Inhaber des Reitstalls informiert. Bisher liegen uns keine Erkenntnisse über Schwierigkeiten zwischen den dort lebenden Familien und den Nutzern des Reitstalls vor. Vom Reitstallbesitzer wurden die Kinder mit Spielsachen beschenkt. Zur Sicherheit der Flüchtlinge und der Reitstallnutzer wird die Unterkunft regelmäßig kontrolliert.

Nach den Vorfällen in Köln und Bornheim: Was tun Sie, damit solche Übergriffe in Swisttal nicht passieren?
Kalkbrenner: Im Hinblick auf Karneval sprechen wir mit der Polizei, den Karnevalsvereinen und unserem Sicherheitsdienst. Die Mitarbeiter des Sozialamtes und die Helferkreise informieren zudem die Flüchtlinge über die Bedeutung von Karneval. Einige Helferkreise planen außerdem, sich mit den Flüchtlingen die Karnevalszüge anzusehen. Mein Dank gilt allen Helferinnen und Helfern für ihren großartigen Einsatz .

Wo und wann werden in Swisttal weitere Windräder gebaut? Wie begegnen Sie der Kritik an der Planung?
Kalkbrenner: Die im Teilflächennutzungsplan ausgewiesenen Konzentrationszonen im Bereich Ollheim, Straßfeld, Heimerzheim, Dünstekoven wurden in Dialogveranstaltungen sowie im Planverfahren den Bürgern vorgestellt. Nach der vorgezogenen Bürgerbeteiligung zum Bebauungsplanverfahren erarbeiten wir nun die Stellungnahmen zu den eingegangenen Anregungen. Danach folgt die Behandlung in den Ratsgremien zur Aufstellung des Rechtsplans. Die Unternehmen wollen die Baugenehmigung bis Ende des Jahres erhalten. Mit dem Bau der Windräder werden die Unternehmen voraussichtlich 2017 beginnen.

Im Windpark Odendorf herrscht Baustopp, weil das Grauammer-Vorkommen in der Planung nicht genügend berücksichtigt wurde. Was wollen Sie dort erreichen?
Kalkbrenner: Der von uns beauftragte Fachanwalt soll prüfen, ob ein Rückbau einzelner Anlagen oder der gesamten Anlage verlangt werden kann. Über das Ergebnis werden wir den Rat informieren und das weitere Verfahren abstimmen. Zusätzlich werden wir für die Kartierung des Vorkommens der Grauammer erneut einen Gutachter beauftragen, der dies während der Brutphase im Frühjahr untersuchen wird.

Wie wollen Sie das Erscheinungsbild des Gewerbegebietes Odendorf verbessern?
Kalkbrenner: Die Planung der Erschließungsstraßen, der Beete, Parkstreifen und Straßenbeleuchtung wurde mit den Unternehmern abgestimmt. Die Gewerbetreibenden wollen die Fertigstellung der Straße im Frühjahr feiern. Bei unseren „Stammtischen“ mit den Geschäftsleuten werden auch die Gestaltungspflichten der Grundstückseigentümer thematisiert. Für den Swisttaler Landhüpfer soll ein Haltepunkt eingerichtet werden.

Wie fördern Sie das Gewerbe?
Kalkbrenner: Für Neuansiedlungen geschieht dies durch das Vorhalten von Flächen. Die Aufgaben werden teilweise übernommen von der Projektentwicklungsgesellschaft Swisttal, der Mitarbeiterin für Wirtschaftsförderung sowie von mir selbst. Besonders wichtig ist die Kommunikation mit dem Gewerbeverein und den Unternehmern. Dafür nutzen wir die die Unternehmerfrühstücke und die Unternehmerstammtische. Hinzu kommt die Zusammenarbeit mit dem Rhein-Voreifel Unternehmernetzwerk, der IHK und dem Kreiswirtschaftsförderer.

Wann können die ersten Bewohner in die Seniorenheime in Heimerzheim und Buschhoven einziehen?
Kalkbrenner: Das liegt in den Händen der Projektentwickler und der Betreiber. Der Rat und die Ausschüsse haben Planungsrecht geschaffen. Für Heimerzheim hat der Rhein-Sieg-Kreis einen positiven Bescheid zur Bauvoranfrage erteilt, so dass der Investor das Baugenehmigungsverfahren jederzeit einleiten kann. Für Buschhoven wurden mit dem Projektentwickler und möglichen Betreibern Gespräche geführt. Der Erschließungsträger wird voraussichtlich Anfang März mit der Erschließung des Baugebiets beginnen.

Laut einer Studie verliert Swisttal bis 2030 etwa 600 Einwohner. Was tun Sie gegen diese Entwicklung?
Kalkbrenner: Es gibt unterschiedliche Studien. Festzustellen ist, dass wir eine positive Einwohnerentwicklung verzeichnen, von 18 439 Einwohnern 2013 über 18 694 Einwohner 2014 und mit Stand 31. Dezember 2015 auf nun 19 138 Einwohner. Die Baugebiete Kammerfeld in Heimerzheim, Sportplatz Morenhoven und Sportplatz Buschhoven zeigen, dass Swisttal bei Bauinteressenten sehr beliebt ist. Die Nachfrage übersteigt unsere Angebote und bezieht sich bereits auf Gebiete, die durch den neuen Flächennutzungsplan gerade als Wohnbauflächen ausgewiesen wurden.

Sind Sie mit der DSL-Versorgung in der Gemeinde zufrieden?
Kalkbrenner: Wir konnten mit den Bürgern und einem regionalen Anbieter schon sehr gute Verbesserungen erreichen. Dennoch müssen die Fördersituation und die rechtlichen Voraussetzungen für den ländlichen Raum noch erheblich verbessert werden. Große Hoffnungen setze ich auf die gemeinsame Initiative des Rhein-Sieg-Kreises und der kreisangehörigen Kommunen, einen Antrag zur Unterstützung des Breitbandausbaus zu stellen. Das gesamte Kreisgebiet soll nach der Förderung zu 94 Prozent mit 50 Mbit/s versorgt sein.

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