Selbstständige Tagesmütter "Der Stundenlohn relativiert sich"

SWISTTAL · Neues Kinderbildungsgesetz empört selbstständige Tagesmütter. Sie dürfen zukünftig keine weiteren Kosten mehr erheben, sofern sie vom Jugendamt pro Kind eine Förderung erhalten. Die Änderungen sollen ab August in Kraft treten.

Marissa Schwarz (30) und Ingrid Contemprée (54) sind sauer. "Es soll über unser Einkommen entschieden werden, obwohl wir selbstständig sind", empört sich Marissa Schwarz aus Buschhoven.

Am 4. Juni hat der Landtag eine Reform des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) beschlossen. Vorgesehen ist unter anderem eine Deckelung bei den Tagesmüttern: Sie dürfen den Eltern keine zusätzlichen Kosten für individuelle Bedürfnisse mehr in Rechnung stellen. "Das soll verhindern, dass Eltern für die Betreuung in der Kindertagespflege höhere Beiträge leisten müssen als für die Betreuung in einer Kindertagesstätte", erklärt Stephanie Paeleke-Kuhlmann, Pressesprecherin des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport in NRW. Die Änderungen sollen ab August in Kraft treten.

Bei den Beträgen, die Tagesmütter Eltern bisher berechnen konnten, handelte es sich zum Beispiel um Pauschalen für Bastelsachen, Ausflüge oder Speisen. "In Kindertagesstätten werden auch Zusatzbeiträge für Ausflüge erhoben, da beklagt sich auch niemand", so Ingrid Contemprée. Ob neben der Pauschale von 4,50 Euro, die Tagesmütter pro Kind vom Jugendamt erhalten, zusätzlich Kosten anfallen, möchten Schwarz und Contemprée aber selbst entscheiden können.

"Wir wissen ja, was wir für Unkosten haben. Und das ist komplett individuell. Gerade deswegen sollten wir das in Absprache mit den Eltern selbst regeln können." Manche Eltern würden etwa keine Windeln oder Obst für ihre Kinder zur Betreuung mitbringen, andere hingegen schon. Ein generelles Verbot dieser zusätzlichen Pauschale empfinden Schwarz und Contemprée deshalb als nicht vertretbar.

Zudem könne man als selbstständige Tagesmutter nur mit dem Betrag von 4,50 Euro nicht die Kosten decken, die sich ergeben. "Das ist finanziell und zeitlich nicht möglich. Vor allem, wenn wir weniger als fünf Kinder zu betreuen haben. Da relativiert sich der Stundenlohn ganz schnell", sagt Contemprée. Hinzu kämen Raummieten, Versicherungen und Sozialabgaben.

"Wenn das Jugendamt wenigstens komplett die Sozialversicherung bezahlen würde, würde ich die 4,50 Euro ja noch verstehen", so Schwarz. Einen Betrag von 6,50 Euro pro Kind halten die beiden Tagesmütter im Falle der Deckelung für angemessen. Doch gegen eben diese versuchen sie sich momentan zu wehren. Schwarz und Contemprée haben sich in einem Brief an den Landrat gewandt und sind dabei, weitere Tagesmütter zu mobilisieren. "Viele von ihnen wissen noch gar nichts von der Deckelung", sagt Schwarz.

Im Bezirk des Kreisjugendamtes in Siegburg, zu dem auch Alfter und Swisttal zählen, sind 113 Tagesmütter registriert. Wie viele von ihnen die Deckelung betreffen würde, ist jedoch nicht erfasst.

Ob es bei der Pauschale von 4,50 Euro bleibt und inwiefern sich Änderungen ergeben werden, kann Katja Eschmann von der Pressestelle des Rhein-Sieg-Kreises zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. "Der neue Jugendhilfeausschuss muss zunächst über den Entwurf der Satzungsänderung entscheiden", so Eschmann.

Die Gesetzesänderung beinhalte aber in jedem Fall die Möglichkeit, dass das "Jugendamt die Zahlung eines angemessenen Entgelts für Mahlzeiten an Tagespflegepersonen zulassen könne". "Wir gehen davon aus, dass wir in Zukunft eine Essensgeldregelung haben werden", so Eschmann. Deren Höhe und ob diese gestaffelt, fix oder individuell sein werde, stehe noch nicht fest. Die Zuzahlung würde dann über die Eltern direkt an die Tagesmütter erfolgen.

Über die Zulässigkeit einer Zuzahlung hat zunächst der Jugendhilfeausschuss zu beraten. Die Sitzung ist für den 25. September geplant. Danach müssen noch der Kreisausschuss und der Kreistag die Änderungen beschließen. Marissa Schwarz und Ingrid Contemprée müssen also abwarten, ob ihre Forderungen Gehör finden.

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