Rübenernte in Swisttal Die Fahrt der süßen Knollen

SWISTTAL-MÖMERZHEIM · Die Nachmittagssonne steht schräg über den Feldern von Mömerzheim, der Landstrich wirkt ruhig und beschaulich. Und doch wird hier unter Hochdruck gearbeitet.

Die Rübenkampagne hat im September mit der Ernte der Rüben begonnen, wegen des sehr trockenen Sommers fing die Verarbeitung der Rüben zwei Wochen später als sonst an. Und dieser Tage endete die Rübenkampagne mit dem Transport der Rüben in die Fabrik.

Der Name Kampagne legt es nahe: Wie ein Feldzug sind Rübenernte und -transport bis ins Detail geplant. An sechs Tagen in der Woche, vierundzwanzig Stunden am Tag verladen Mitarbeiter im Schichtsystem Zuckerrüben und transportieren sie zur Fabrik. Organisiert wird die Kampagne seit 1997 vom Maschinenring, einem ehrenamtlich getragenen Verein.

Etwa neunzig Prozent der Swisttaler Bauern sind Mitglied. Mit dem diesjährigen Ertrag sind sie zufrieden. "Trotz der Trockenheit im Sommer war die Ernte recht gut", meint Johannes Brünker (50), Geschäftsführer und Vorstandsmitglied des Maschinenrings Euskirchen-Süd und Zülpicher Börde.

So auch bei Landwirt Bernd Flatten aus Mömerzheim. Geerntet wurden seine Rüben vor etwa sechs Wochen, seitdem liegen sie unter einer Fleeceabdeckung am Feldrand. Die Rübenmiete an Flattens Feld ist 80 bis 90 Meter lang und 3,50 Meter hoch.

Von einem Ende schiebt sich eine Landmaschine in den Rübenberg. Ein Rübenreinigungslader kommt zum Einsatz, im Fachjargon "Rübenmaus" genannt. Wer viel Fantasie hat, kann die Maus in der Maschine entdecken: Das eine Ende scheint sich in die Rübenmassen hineinzufressen, am anderen Ende befindet sich ein Arm mit einem Gegengewicht, der den Mausschwanz darstellen könnte.

Die Rüben, die der Maschine am nächsten liegen, werden von rotierenden Walzen nach oben geführt. Gleich am Anfang des Verladevorgangs erfolgt schon die erste Reinigung. Die Walzen führen die Rüben im unteren Bereich nach außen, im oberen Bereich nach innen. Dadurch entstehen Bewegung und Reibung zwischen den Rüben, die einen Teil der anhaftenden Erde entfernen.

Johannes Brünker erläutert: "Sechs bis sieben Prozent des Gewichts auf dem Fahrzeug sind jetzt Erde. Ohne die Vorreinigung wären es etwa zwanzig Prozent." Durch Förderbänder in der Maus werden die Rüben in den Laderaum eines Lkw geleitet. Alle zehn Minuten kommt ein neuer Lkw an die Verladestelle, wird beladen und fährt mit der Fracht zur Zuckerfabrik.

Hermann Weber, Landwirt aus Wachtberg, ist einer der Fahrer des Maschinenrings. Mit laufendem Motor steht er an der Aufladestelle, dann bekommt er über Funk den Auftrag zu starten. Sein Ziel: die Zuckerfabrik in Euskirchen. Als erstes fährt er auf eine Waage. 40,5 Tonnen Gewicht zeigt die Digitalanzeige an. Hermann Weber steckt den "Schlüssel", einen speziellen Datenträger, in die dafür vorgesehene Öffnung. Der Name von Bernd Flatten und der Ernteort werden der Rübenladung so zugeordnet. Mitarbeiter der Fabrik nehmen eine Probe von etwa zwanzig Rüben aus der Ladung, die im Labor auf ihren Zuckergehalt und den Anteil anderer Inhaltsstoffe wie Phosphor, Kali und Stickstoff analysiert werden.

Über eine Anzeigentafel erfährt Weber nun, wo er die Rüben entladen soll. "Nass-Entladung/Spritze" liest er auf dem Schild. "Die Firma verarbeitet die meisten Rüben just in time", erklärt Johannes Brünker. Das heißt: Die Verarbeitung beginnt sofort, nur ein kleiner Teil der Rüben wird als Puffer zwischengelagert.

Weber lenkt den Lkw an die Nass-Entladestelle und beginnt, die Rüben abzukippen. Ein Gutachter nimmt eine weitere Probe Rüben und schätzt per Augenmaß den sogenannten Erd- und Kopfanteil der Rübe ein. Neun Prozent Erde, vier Prozent Kopf steht auf dem Ausdruck, den Weber nach dem Ausliefern in den Händen hält.

Dreizehn Prozent Gesamtabzug ergibt das für Bernd Flatten. Die abgekippten Rüben werden nun mit einem starken Wasserstrahl gereinigt und gelangen über ein Förderband in eine weitere Waschstation. "Zwanzig Minuten nach unserer Ankunft werden die Rüben schon verarbeitet", erzählt Weber. Zuckerprodukte und Flüssigzucker werden hier hergestellt. Aus dem Rest der Rübe wird Tierfutter in Form von Press-Schnitzeln oder Pellets gemacht.

Als Hermann Weber wieder an Flattens Feld ankommt, ist die Miete Rüben fast verschwunden. Dreieinhalb Stunden wurde hier gearbeitet. Die letzten Rüben werfen die Männer mit Heugabeln in die Maus. Als auch die letzte Rübe verladen ist, klappt die Maus ihre Außenteile ein und fährt zum nächsten Einsatzort.

Drittbeste Ernte der Geschichte

Die Zuckerrübenkampagne im Rheinland ist seit Montag beendet. Die rheinischen Rübenanbauer konnten auch diesmal wieder eine hervorragende Ernte einfahren, es war die drittbeste Rübenernte in der Geschichte des rheinischen Zuckerrübenanbaus, teilte der Rheinische Landwirtschafts-Verband (RLV) mit. Die Rübenernte 2013 im Rheinland ist nach Angaben des RLV deutlich besser ausgefallen als zu Kampagnebeginn im September erwartet. Ursache hierfür waren die besonderen Witterungsverhältnisse des vergangenen Jahres.

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