Klimaschützer fordern Bürgermeisterkandidaten Die größte Bedrohung aller Zeiten
SWISTTAL · Die Initiative Fridays for Future stellt die beiden Swisttaler Bürgermeisterkandidaten Petra Kalkbrenner und Christian Böse auf den Prüfstand.
„Die Klimakrise stellt die größte Bedrohung aller Zeiten dar.“ Kurz und prägnant brachte Niklas Hart auf den Punkt, um was es geht beim Klimaschutz. Um alles. Der junge Heimerzheimer engagiert sich bei Fridays for Future und arbeitet mit den Parents for Future Bornheim/Swisttal/Weilerswist (PfF) zusammen. Diese Gemeinschaft aus rund 40 Erwachsenen hatte zum „Klima-Dialog 2.0“ auf den Gottfried-Velten-Platz in Heimerzheim eingeladen. Vor rund 65 Interessierten stellten sich die beiden Kandidaten für die Bürgermeisterwahl in Swisttal, Amtsinhaberin Petra Kalkbrenner und Herausforderer Christian Böse, den Fragen rund um das Thema Klimaschutz.
Jede Entscheidung des Gemeinderates müsse unter Nachhaltigkeitsaspekten betrachtet werden, machten Hart und die Sprecherin der PfF-Gruppe, Angela Austermann, klar. Noch seien rund acht Jahre Zeit, die größten der drohenden Klimakatastrophen abzuwenden. In Bezug zum neu zu wählenden Rat bedeute das: „Er ist der letzte, der noch etwas abwenden kann.“ Deshalb wollen die PfF nach den Kommunalwahlen nicht locker lassen und die Räte der drei Kommunen Bornheim, Swisttal und Weilerswist in die Pflicht nehmen. „Wir werden in den drei Räten alle 100 Tage nachfragen, sei es in den Bürgerfragestunden oder schriftlich, was sie in dieser Zeit für den Klimaschutz getan haben“, kündigte Austermann an. Ziele sei nicht „zu missionieren“, sondern ein Bewusstsein schaffen und ins Gespräch zu kommen und nicht zuletzt mitzuarbeiten, Sachverstand und Wissen einbringen.
Die drängenden Fragen des Klimaschutzes gelte es gemeinsam anzugehen. Deshalb wollen die PfF auch in Zusammenarbeit mit dem interkommunalen Klimaschutzmanager der sechs linksrheinischen Kommunen zusammenarbeiten und auf einer Internet-Plattform ihr Fachwissen teilen und den Bürgern zugänglich machen.
Ausgangspunkt der Fragen an Kalkbrenner und Böse zum Klimaschutz war die sogenannte Bodenzeitung. „Das ist eine von mehreren unserer Ideen, was wir vor der Wahl machen können, um auf die drängenden Probleme aufmerksam zu machen“, sagte Austermann. Auf den verschiedenen vorgezeichneten Feldern hatten die Kandidaten mit Holzklötzchen in den Ampelfarben grün, gelb und rot ihre Einstellung oder Ansicht zur jeweiligen Fragestellung zu markieren. In der ersten Runde ging es um persönliche Einstellungen, etwa zu „Mein Fleischkonsum wird weniger“, „Ich achte bei Lebensmitteln auf regionale und saisonale Herkunft“, „Wir nutzen zuhause grünen Strom“ oder „Ich kaufe Klamotten bewusst aus nachhaltiger Herkunft beziehungsweise recycelt“.
Dass die Verwaltung eine Vorbildfunktion auch bei Klimaschutzmaßnahmen hat und entsprechend „vorlegen“ muss, bestätigten beide Kandidaten. Sie waren sie sich einig, dass die Gemeindeverwaltung schon bis 2025 klimaneutral sein werde. Bei der Frage nach dem Wie verwies Kalkbrenner auf eine Reihe von umgesetzten Maßnahmen wie die energetische Sanierung der Schulen, die Umstellung der Dienstwagenflotte auf elektrischen Antrieb, die Beheizung der Grundschule Odendorf über eine Fernwärmeleitung von der Biogasanlage aus oder des Rathauses über eine Hackschnitzelanlage vom Baubetriebshof aus. Allerdings sei es angesichts von mehr als 70 Gebäuden im Eigentum der Gemeinde auch eine große finanzielle Herausforderung.
Böse ist wichtig, die Nutzung erneuerbarer Energien weiter auszubauen. Man könne Solarthermie ausweiten oder eine Genossenschaft für Bürgersolar gründen. E-Autos seien zwar eine Alternative, aber „ein wenig eine Mogelpackung“, wenn sie nicht aus grünem Strom gespeist werden. Auch Wasserstoff-Fahrzeuge seien eine Alternative, wenn man grünen Wasserstoff verwende. Ein Zukunftsmodell könnte nach dem Vorschlag von Austermann die Klimaneutralität beim Neubau oder Anbau der Georg-von-Boeselager-Schule in Heimerzheim sein. Das fand auch Böses Zustimmung: „Man kann eine solche Schule zum Vorzeigeprojekt machen, man muss da innovativ rangehen.“
Und wann wird die Gemeinde komplett klimaneutral? Während Kalkbrenner ihren grünen Baustein auf das Jahr 2035 platzierte, war Böse optimistischer und platzierte sein „grünes Klötzchen“ im Feld für 2030. In fast zweistündiger Diskussion ging es unter anderem um weitere Klimaschutzaspekte wie die Verringerung des motorisierten Individualverkehrs durch Ausbau des Radwegenetzes, streckenbasierte Tickets im ÖPNV, Carsharing oder Jobtickets. Wichtig sei auf jeden Fall eine interaktive gestaltete Plattform, wo Bürger sich informieren, ihr Wissen einbringen und sich austauschen können. Die PfF bemängelten, dass der interkommunale Klimaschutzmanager der sechs linksrheinischen Kommunen zwar in einem Austausch mit den sechs Gemeindeverwaltungen und Bürgermeistern stehe, aber gegenüber den PdF mit Verweis auf die Genehmigung durch Vorgesetzte Zurückhaltung gezeigt habe. Das müsse sich ändern, denn man wolle zusammenarbeiten.