Renaturierungsmaßnahmen in Swisttal Die Swist bekommt ein neues Bett

Swisttal · Mit 43,6 Kilometern ist die Swist der längste Bach Europas. Mit Renaturierungsmaßnahmen soll ihr ökologischer Zustand nachhaltig verbessert und der Artenreichtum vergrößert werden.

Wenn das Projekt realisiert ist, wird Karl-Heinz Beier längst seinen Ruhestand genießen. Der 59-jährige Planungsingenieur beim Erftverband ist für den Umbau der Swist zuständig. Zu seinem Job gehören Rückbaumaßnahmen, Entfesselungen und Böschungsanrisse. Das alles zählt zur Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union. Deren Vorgaben sollen bis 2027 auch an der Swist erfüllt werden, damit Hochwasser keinen Schaden mehr anrichtet und sich der ökologische Zustand – vom NRW-Umweltministerium im Jahr 2011 als „mäßig“ bezeichnet – des mit 43,6 Kilometern längsten Baches Europas nachhaltig verbessert.

Bereits im Jahr 2000 wurde südlich der B 56 zwischen Miel und Morenhoven am Ostufer der Swist ein 5,5 Hektar großer Auenwald gepflanzt. Ab 2006 folgte die Anpflanzung am gegenüberliegenden Ufer. Dort hat der Erftverband eine etwa 75 Meter lange Verwallung abtragen lassen. So kann die Swist nach starken Regenfällen dort schneller übers Ufer treten und den Auenwald überfluten.

Hochwassergefahr für Heimerzheim gedämpft

Damit verringert sich die Hochwassergefahr für das fünf Kilometer bachabwärts liegende Heimerzheim. „Das ist ein gewünschter Dämpfungseffekt“, sagt Beier. Mit Kies aus dem Orbach-Bett sollen die Struktur des Swist-Bettes für Fische und Krebse naturnäher gestaltet und Laichhabitate geschaffen werden. Dazu trägt auch beispielsweise eine Weide bei, die man in den Bach gekippt hat. Sie soll den in der Swist lebenden Döbeln, Rotfedern, Forellen, Schmerlen und Barschen Schutz zur Eiablage bieten. Und: Holz im oder nahe am Wasser zieht Insekten an. Die dienen wiederum Fischen und Vögeln als Nahrung.

Um eine vielfältige Struktur zu erreichen, hat der Erftband am Auenwald eine Kurve in die Swist eingebaut. Der Bachlauf wurde verlegt, so entstehen neue Strömungsverhältnisse. Es gibt Stellen, an denen das Wasser nahezu ruht, anderswo entstehen Strudel, ausgangs der Kurve drückt das Wasser gegen die Böschung. So kommt es zu neuen Ausbuchtungen.

Auch die Wassertiefe ist unterschiedlich. An manchen Stellen ist der Bach nur knöcheltief, an anderen 80 Zentimeter. „So finden unterschiedliche Arten ihren geeigneten Lebensraum“, erläutert Beier. Die Bodenstruktur wurde mit dem Bagger aufgeraut, sodass das Wasser dort „anpacken“ kann. Auch Befestigungssteine, die in den 60er Jahren im Zuge der Swistbegradigung gelegt wurden, sind entfernt worden. „Wir wollen die Eintönigkeit anreichern“, sagt Beier.

600 Meter Uferweg werden entfernt

Im Herbst will der Erftverband ein 600 Meter langes Stück des Uferweges in Richtung Morenhoven entfernen, damit sich Fauna und Flora in Bachnähe ungestört entwickeln können. Der Erftverband plant noch weitere kleinere Verlegungen des Bachbettes. Ein erster Erfolg ist sichtbar. Hinter der Kurve hat sich durch die geänderten Strömungsverhältnisse eine kleine Kiesbank gebildet.

Mit dem Zustand des Auenwaldes ist Beier zufrieden: „Er reguliert sich selbst, dünnt sich aus. Unter Konkurrenz sterben schwache Bäume wie beispielsweise die Erle im Wald ab. Wenn sie aber allein am Ufer stehen, explodieren sie förmlich.“

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