"Schlachtplatte 2014" im Kreaforum Ein Festmahl für Charlie

SWISTTAL-MORENHOVEN · Mit der "Schlachtplatte 2014" servierte das Kreaforum einen deftigen satirischen Jahresrückblick vor ausverkauftem Haus.

 Servieren Satire: (von links) Markus Riedinger und Matthias Reuter, Robert Griess, Adrian Engels und Jens Neutag im Kreaforum.

Servieren Satire: (von links) Markus Riedinger und Matthias Reuter, Robert Griess, Adrian Engels und Jens Neutag im Kreaforum.

Foto: Roland Kohls

Rechts der Bühne des Kreaforums - angeheftet an den dunklen Samtvorhang - hängt ein weißes Blatt, bedruckt mit nur einem einzigen Satz: "Nous sommes tous Charlie." Man muss kein Französisch sprechen, um ihn zu verstehen; als Zeichen der Trauer um die Opfer des Anschlags auf die Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" in Paris und als Ausdruck der Solidarität mit allen, die auch weiterhin für ihre Meinung einstehen werden.

So wie Robert Griess, Jens Neutag, Matthias Reuter, Adrian Engels und Markus Riedinger vom Comedy-Duo "Onkel Fisch" es verstehen: um selbst ja nichts zurückzunehmen oder gar zu entschärfen, was bei der Premiere ihrer "Schlachtplatte 2014" Mitte Dezember im Bonner Pantheon schon zu sehen und zu hören war. Nun also auch in Morenhoven, wo die satirische Jahresendabrechnung seit 2011 traditionell Anfang Januar serviert wird: zum Teil durchaus recht deftige Kost, wie es der Name des Programms auch verspricht.

Der eine oder andere im ausverkauften Theatersaal mag für einen Augenblick zusammengezuckt sein, als sie frank und frei all diejenigen besungen haben, die sich dieser Tage endgültig von Freiheit und Menschenrechten verabschieden, um ihren ganz persönlichen Beitrag zum islamistischen Terror in der Welt zu leisten. Und die, die aus der berechtigten Angst ihrer Mitmenschen Kapital schlagen - für ihr eigenes, nicht minder verzerrtes Weltbild. Aber das gerade zu Ende gegangene Jahr bestand eben nicht nur aus Helene Fischers knappem WM-T-Shirt auf der Fanmeile in Berlin.

Denn damit das schon mal klar ist: Die Schlachtplatte 2014 wird nicht im Wirtshaus serviert, sondern im Schützengraben - 100 Jahre nach dem Ersten Weltkrieg. Und die fünf bekommen es regelmäßig mit geistigen Tieffliegern von rechts zu tun. Die Zeit dazwischen nutzen sie, um mit Genuss zu karikieren, was ihnen gehörig gegen den Strich gegangen ist. Sich herausputzen für UvdL, das ginge ja noch. Bitte wer? Ursula von der Leyen, die mit der maroden Ausstattung ihrer Bundeswehr mehr oder weniger freiwillig doch mal einen echten Beitrag zum Weltfrieden leistet. Oder "Titipp", das "Freiheitsabkommen", dessen Name an Ohrstäbchen erinnert und das unsereins nun zwar keine "Chorhühnchen" aber dafür volle unternehmerische Freiheit beim Thema Kündigungsschutz verheißt. Spätestens dann sollte der Appetit auf den US-Broiler vergangen sein.

Dann doch lieber gut gewürzt: Die Suche nach der passenden Parole für die AfD ist ein Stück Ensemblekabarett in bester Tradition: Tempo, Biss und Treffsicherheit - alles passt. Und da das hier ein Theater ist, macht das Gegenwartsdrama "eines zu Recht unbekannt gebliebenen Autors" den Abend komplett. Und alle mischen mit, die 2014 was zu sagen hatten oder das zumindest glaubten.

Was sich aber nach 120 Minuten auf jeden Fall sagen lässt: Dieses Ensemble trifft mit derselben traumwandlerischen Sicherheit ins Schwarze wie seinerzeit Jogis Elf gegen Brasilien. Und nach der Schlachtplatte ist bekanntlich vor der Schlachtplatte: On y va!

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