Ehrenamt im Rhein-Sieg-Kreis Einer trage des Anderen Last

RHEIN-SIEG-KREIS · Ohne Ehrenamt läuft garnichts, das weiß jeder Verein. Unverzichtbar ist es da, wo eine Last zu tragen ist. Dass geteiltes Leid halbes Leid ist, zeigt das Beispiel des Swisttalers Peter Schumacher, der eine effektive Selbsthilfe für Familien mit autistischen Kinder aufgebaut hat.

 Ein eingefahrenes Team: Peter Schumacher und sein autistischer Sohn Jens gehen oft gemeinsam auf Motorradtour

Ein eingefahrenes Team: Peter Schumacher und sein autistischer Sohn Jens gehen oft gemeinsam auf Motorradtour

Foto: Privat

Und dass einen das eigene Engagement für andere letztlich selbst beschenkt, davon weiß Verena Weber zu berichten. Die Familienmutter war immer schon vielfältig ehrenamtlich tätig, aber am befriedigendsten empfindet sie ihr derzeitiges Engagement im Flüchtlingshelferkreis Rheinbach. Dieser unterstützt viele der rund 150 Flüchtlinge, die der Glasstadt bisher zugewiesen wurden, mit der Koordination von Lotsendiensten, Deutschkursen und einem internationalen Begegnungscafé.

Erfahrung mit dieser Tätigkeit hatte Weber zuvor nicht: "Durch persönliche Kontakte bin ich ganz unverhofft zum Gründungsteam gestoßen. Und damit ist mir zum richtigen Zeitpunkt genau die sinnvolle Aufgabe vor die Füße gefallen, nach der ich gesucht habe", schwärmt die zweifache Mutter, die sich ganz bewusst für familiäres und gesellschaftliches Engagement statt Erwerbstätigkeit entschieden hat. "Uns geht es gut, und davon möchte ich etwas abgeben." Damit ist sie in der Flüchtlingshilfe richtig, denn die Behörden können die Menschen zwar unterbringen, nicht aber ihre Traumata und Integrationsschwierigkeiten lindern.

Dabei ist echte Anteilnahme am Schicksal des Einzelnen gefragt. "Und dann schmelzen mögliche anfängliche Berührungsängste sofort dahin. Die Geschichten der Flüchtlinge berühren und auch die Biografien der Helfer interessieren mich. Ich lerne Rheinbach besser kennen und bin selbst viel besser vernetzt", freut sich Weber auch über den eigenen "Integrations-Effekt" nach neun Jahren in Rheinbach.

Für Integration kämpft auch Peter Schumacher seit Jahren - und zwar für die seines Sohnes Jens (17) und anderer junger autistischer Menschen. Bevor der Swisttaler 2009 aus der eigenen Hilflosigkeit heraus den Hilfeverein "Leben mit Autismus Bonn/Rhein-Sieg/Eifel" gründete, gab es in der Umgebung praktisch keine Anlaufstelle für Eltern und ihre betroffenen Kinder. Der Weg zu Diagnose und Therapie war lang und beschwerlich, viele Eltern stießen an die Grenzen ihrer Kräfte. "Viele Autisten fordern ihre Angehörigen permanent. Daher ist neben gezielter Therapie auch Entlastung für die Eltern erforderlich. Und die Kinder haben ein Anrecht auf Freizeitgestaltung wie andere Kinder auch", sagt Schumacher.

Mit Hilfe eines wachsenden Kreises ehrenamtlicher Betreuer stellt der Verein inzwischen ein vielfältiges Freizeitprogramm auf die Beine: Spiel- und Sportgruppen, Reiten, Jugendtreff und sogar Ferienfreizeiten organisiert das Team. Darüber hinaus hat Schumacher 2013 sein Ziel erreicht, auch individuelle Therapie durch Fachleute anzubieten.

Inzwischen ist die Elterninitiative ein weithin anerkannter Hilfeverein mit einem Partnerverein in Basel: ein beachtliches Stück Arbeit - und das neben dem Beruf als Polizeibeamter. "Ich tue das alles für meinen Sohn, das setzt natürlich Kräfte frei. Zu erleben, dass er inzwischen Dinge kann, die Autisten angeblich nie lernen, ist wunderbar", sagt Schumacher über die gelungene Herkulesaufgabe, die vielen zugutekommt. "Als ich die Elterninitiative gründete, wurde mir erst bewusst, wie groß der Leidensruck auch bei vielen anderen ist. Die Selbsthilfe hat uns aufgefangen und uns neue Hoffnung gegeben. Endlich konnte ich wieder eine Perspektive für unsere Zukunft sehen - und zwar nicht trotz, sondern mit der Behinderung", beschreibt Schumacher das befreiende Gefühl, das er nun anderen Familien vermittelt.

Kostenfreie Informationsveranstaltung zum Welt-Autismus-Tag am Samstag, 30. Mai, ab 9 Uhr in der Johannes-Schule Bonn.

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