Miel und Heimerzheim betroffen Erftverband will 21 von 40 Kläranlagen schließen

Euskirchen · Der Erftverband plant, 21 seiner 40 Kläranlagen zu schließen. Betroffen sind auch die Standorte Miel und Heimerzheim. Wie die verbleibenden Anlagen modern ausgebaut werden sollen, stellte der Verband jetzt mit seinem Jahresbericht vor.

 Bernd Bucher (links) und Heinrich Schäfer vom Erftverband haben an der Kläranlage Euskirchen-Kessenich ihre Pläne vorgestellt.

Bernd Bucher (links) und Heinrich Schäfer vom Erftverband haben an der Kläranlage Euskirchen-Kessenich ihre Pläne vorgestellt.

Foto: Juliane Hornstein

Die Hochwasserkatastrophe hat den Erftverband im vergangenen Jahr besonders beschäftigt. Deshalb spielt sie auch eine Rolle bei der Gestaltung des Jahresberichts. „Wir mussten nicht lange überlegen, was auf das Titelbild kommt“, so Bernd Bucher, Vorstand des Erftverbandes, bei der Vorstellung des Berichtes an der Kläranlage Euskirchen-Kessenich. Es zeigt eine zerstörte Bahnlinie bei Münstereifel neben der Kläranlage Kispenich. Allerdings schaut der Verband auch in die Zukunft, bei der unter anderem die Schließung von Kläranlagen in Miel und Heimerzheim ansteht.

Hochwasser betraf mehr als 100 Betriebsstätten

Zunächst stellte Bucher ein paar Zahlen vor. So sei 2021 bezogen auf die Niederschlagsmengen „nur“ ein nasses Jahr gewesen. In den meisten Monaten des Gewässerwirtschaftsjahres, das mit dem November beginnt, lagen die Niederschlagsmengen im Bereich der mittleren Monatssummen von 1991 bis 2020. Der Juli 2021 allerdings sticht weit heraus. Nicht verwunderlich, allein am 14. Juli wurden an der Station Euskirchen-Steinbach 179 Millimeter Regen gemessen. Zum Vergleich: An den bereits regnerischen Tagen zuvor fielen im Erft-Einzugsgebiet 20 und 40 Millimeter Regen. Der Bericht des Verbandes führt auf, wann welche Pegel entlang der Erft und ihrer Nebengewässer einen jeweiligen Höchststand meldeten. Wie viel Wasser genau abfloss, ist aber noch unbekannt. Denn, so der Bericht: „Bei einem derartigen extremen Abflussereignis ufern die Gewässer auch im Bereich der Messpegel aus, sodass diese seitlich umflossen werden.“ Aus den beobachteten Wasserständen lassen sich daher keine Rückschlüsse auf die tatsächlichen Abflussmengen ziehen.

Sicher ist aber, dass die Hochwasserkatastrophe bei den Anlagen des Erftverbandes zu erheblichen Schäden führte. Mehr als 100 Betriebsstellen seien betroffen gewesen, erklärte Heinrich Schäfer, Bereichsleiter Abwassertechnik im Erftverband. Umso mehr lobte er, dass die ersten Kläranlagen schon am nächsten Tag wieder in Betrieb waren. Zu tun gibt es aber weiterhin reichlich. Die Kläranlage Köttingen muss beispielsweise für 15 Millionen Euro erneuert werden, bei Gymnich bekommt die Erft auf rund fünf Kilometern einen ganz neuen, gewundenen Verlauf.

Von 41 Kläranlagen sollen 21 bleiben

Die Beseitigung der Hochwasserschäden ist die eine Aufgabe, den Erftverband in die Zukunft zu führen, die andere. Dabei gibt es vor allem bei der Anzahl der Kläranlagen eine deutliche Veränderung: Von 41 Anlagen, die der Verband 2014 noch betrieben hat, sollen am Ende 21 übrig bleiben. Stand Juni 2022 waren noch 29 Anlagen in Betrieb. Geschlossen werden beispielsweise zeitnah die Anlagen in Swisttal-Miel und Heimerzheim. Gründe für die Reduzierung gibt es einige, erklärte Bucher. Darunter Einsparungen beim Strom. Kläranlagen seien die größten Energieverbraucher im Verband, oft auch in den jeweiligen Kommunen. Außerdem stünden bei einigen Anlagen Sanierungen an, nicht nur nach dem Hochwasser.

Für die Swisttaler Anlagen bedeutet das: In Zukunft werden die Abwässer weitergeleitet zu größeren Klärwerken. Die bisher in Miel aufgelaufenen Abwässer gehen zum Gruppenklärwerk in Flerzheim, die Abwässer aus Heimerzheim nach Weilerswist. Die Planungen für den notwendigen Verbindungskanal von Miel nach Flerzheim sind laut Jahresbericht des Erftverbandes bereits abgeschlossen. Für die Verbindung von Heimerzheim nach Weilerswist sind noch einige Arbeiten erforderlich, unter anderem muss ein Verbindungskanal bei Metternich neu trassiert werden. Es sei aber beabsichtigt, noch 2022 mit dieser Baumaßnahme zu beginnen.

Ein Retentionsfilter in Rheinbach erregt Aufsehen in der Fachwelt

An die verbleibenden Kläranlagen stellt der Erftverband hohe Ansprüche – und baut dazu auch einiges um. Eine Investition sind beispielsweise weitere große Faultürme, in denen der Klärschlamm ausgefault wird. Dabei wird Klärgas gewonnen, das „praktisch wie Erdgas“ verwendet werden könne, so Bucher. Der Erftverband betreibt damit eigene Blockheizkraftwerke. Eines soll auf der Anlage Weilerswist entstehen. Werden dort die Abwässer aus Heimerzheim mitgeklärt, sei die dafür groß genug. Das Ziel: 100 Prozent des Klärschlammes energetisch zu nutzen. „Durch die hohen Energiepreise werden diese Maßnahmen rentabel“, sagte Schäfer.

Herausragend sind Anlagen in der Region auch in anderen Bereichen. So gibt es in Rheinbach eine Retentionsfilteranlage, bei der der Erftverband zusätzlich Pflanzenkohle als Filterschicht einsetzt. Damit könnten deutlich mehr Spurenstoffe wie Reste von Arzneimitteln eliminiert werden. Schäfer ist stolz: „Da Projekt hat in der Fachwelt viel Aufsehen erregt.“

Ein weiteres Leuchtturmprojekt ist das Gruppenklärwerk in Flerzheim, in dessen Ausbau unter anderem ebenfalls mit Aktivkohlefiltern und Membrantechnik rund 30 Millionen Euro fließen (der GA berichtete). Erreichen möchte der Erftverband damit, dass 2025 keine Spurenstoffe mehr aus dem Klärwerk in die Swist gelangen. Das Wasser hätte dann Badewasserqualität. Was für die Swist entscheidend ist, denn in trockenen Zeiten sei laut Schäfer der Kläranlagenablauf das einzige Wasser, dass noch in diesem Bach drin sei.

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