Gespräch am Wochenende: Kai Imsande „Es kommt oft zu rührenden Szenen“

Swisttal · Sport im Allgemeinen und Fußball im Besonderen leisten einen aktiven Beitrag zur Integration von Flüchtlingen. Das sagt Trainer Kai Imsande, Abteilungsleiter Fußball beim TuS Odendorf.

 Kai Imsande (l.) trainiert die Flüchtlingsmannschaft beim TuS Odendorf, einer seiner besten Spiele ist der Somali Amin Mahmud Hassan.

Kai Imsande (l.) trainiert die Flüchtlingsmannschaft beim TuS Odendorf, einer seiner besten Spiele ist der Somali Amin Mahmud Hassan.

Foto: Axel Vogel

Kai Imsande: Nein, in erster Linie geht es darum, dass wir das finanzielle Fundament unseres Vereins neben dem Pfingstturnier noch auf eine zweite Einnahmequelle stellen wollen. So bin ich auf die Idee zu der Sportwoche gekommen, die auch als Saisonvorbereitung für die Vereine in der Umgebung dienen soll. Die Flüchtlingsmannschaft ist nur eine von rund 40 Mannschaften, die aus der Kreisliga D ebenso kommen wie aus der Mittelrheinliga.

Welche Chancen bieten sich Ihrer Mannschaft bei der Sportwoche?

Imsande: (lacht) Für die Jungs ist es eine erstklassige Vorbereitung auf ihre erste Saison. Schließlich gehen wir jetzt mit einer der ersten Flüchtlingsmannschaften in der Region in der Kreisliga D an den Start. Natürlich haben sie noch nicht das Format wie manch andere Mannschaft, die an dem Turniert teilnimmt. Trotzdem spielen sie schon richtig gut Fußball, wenn man überlegt, woher sie kommen, und welche geringen Möglichkeiten sie dazu in ihrer einstigen Heimat hatten. Sehen Sie zum Beispiel Amin Mahmud Hassan: Bolzplätze in Somalia gibt es praktische keine. Doch der 21-Jährige war schon recht gut, als er vor 13 Monaten zu uns kam. Aber jetzt hat er sich auf seiner Position in der Abwehr beziehungsweise im Mittelfeld nochmals deutlich verbessert. So gibt es einige Beispiele. Dazu muss man sagen, dass sich die Jungs auch als Team verstehen, auch wenn die 30 Spieler aus über zehn Nationen kommen und nicht jeder jeden versteht.

Herr Hassan, wie wichtig ist Fußball für Sie?

Amin Mahmud Hassan: Ich bin seit 13 Monaten in Deutschland und inzwischen ist Fußball sehr wichtig für mich. Eigentlich war eher Laufen meine Sportart, das mache ich jetzt auch noch, aber vor allem, damit ich besser im Fußball werde. Das macht mir nicht nur Spaß, sondern das Training drei Mal in der Woche ist auch eine Abwechslung im Alltag, Schließlich muss ich noch immer auf eine Entscheidung des Bamf (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) warten.

Herr Imsande, auch andere Flüchtlinge betreiben viel Aufwand, um bei Ihnen mitspielen zu können.

Imsande: Ja, es kommen mit unserem eigens eingerichteten Fahrdienst Spieler aus Heimerzheim, dazu noch weitere über ehrenamtliche Fahrer aus Rheinbach sowie in Eigeninitiative aus Mechernich. Auch vier junge Afghanen aus dem Kinderheim in Kommern werden hierher gebracht. Ein Junge davon kommt fast jeden Tag, er ist ein echtes Talent.

Macht das Training mit Ihren Flüchtlingen tatsächlich immer nur Spaß?

Imsande: Ganz überwiegend ja, weil alle toll mitziehen, motiviert sind, und auch das machen, was ich ihnen sage. Meine Spieler achten zudem untereinander darauf, dass sich jeder benimmt, auch weil sie möglicherweise Angst vor Sanktionen haben. Einen Spieler habe ich auch schon mal für zwei Wochen aus disziplinarischen Gründen vom Training ausgeschlossen. Das einzige was mich nervt, ist die Unpünktlichkeit. Wenn man sagt, um 20 Uhr beginnt das Training, weiß ich, dass ich vor 20.30 Uhr gar nicht erst anfangen muss.

Offiziell sind Sie Trainer, aber auch Lebensberater für Ihre Kicker, oder?

Imsande: Ja, das ist so. So gehe ich auch mit den Spielern Klamotten kaufen, wenn sie nichts anzuziehen haben, etwa Sportschuhe. Da kommt es oft zu rührenden Szenen. Ein Spieler von mir aus Eritrea, Filimon, trug Schuhgröße 41 (es stellte sich im Geschäft heraus, dass er eigentlich 44 brauchte). Ihm habe ich ein neues Paar gekauft. Filimon sagte: Ich habe kein Geld, um sie zu kaufen. Ich habe dann erwidert, dass ich sie bezahle. Und zwar aus Spenden, die wir eigens dafür gesammelt haben. Für den Mann so unfassbar, dass er vor der Tür geweint hat. Und natürlich nimmt man auch ganz viel Anteil: Ein 16 Jahre alter Afghane, der bei mir gespielt hat, und mutterseelenallein die Tausende Kilometer lange Flucht aus seiner Heimat geschafft hatte, ist hier vor kurzer Zeit bei einem Unfall aus dem Fenster gefallen und seitdem querschnittsgelähmt. Das berührt einen ungemein.

Entsteht so etwas wie Freundschaft zu den Spielern?

Imsande: Zu einigen wie Amin sicherlich. Das ist der hilfsbereiteste Mensch, den ich kenne.

Spielen wird die Flüchtlingsmannschaft anlässlich der 1. Swisttaler Sportwoche am Dienstag, 26. Juli, um 18.30 Uhr gegen die zweite Mannschaft des VFL Rheinbach. Weitere Infos zu der Sportwoche und die täglich stattfindenden Spiele unterfacebook.com/tusodendorf.

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