Rückkehr nach Swisttal-Odendorf „Uns hier oberhalb des Bachs geht's noch gut"

Swisttal-Odendorf · Den Swisttaler Ortsteil Odendorf hat das Hochwasser hart getroffen. Der Orbach hatte gewütet: Teile von Häusern an der Orbachstraße wurden einfach weggerissen. Erst am Montag durften die Bewohner ihren Heimatort wieder betreten.

 Bewohner sichten die Schäden in ihren Häusern an der Orbachstraße.

Bewohner sichten die Schäden in ihren Häusern an der Orbachstraße.

Foto: Simun Sustic

Menschen in Odendorf äußern immer wieder ihre Dankbarkeit: Man könne dankbar sein, dass so viele Helfer vor Ort sind. Und was man immer wieder hört: Man könne dankbar sein, dass es einen nicht so schlimm getroffen hat wie andere. Das sagt auch eine Anwohnerin des Orbachs in Odendorf, deren Bauernhof mit der Rückseite zum Bach liegt. Aufgetürmter Schlamm drückte eine Wand ein. „Aber ich kann mich glücklich schätzen, wenn ich die anderen Häuser sehe. Die haben ja gar nichts mehr." Die Anwohnerin meint die östliche Uferseite des Orbachs. Die dortige Straße wurde am Dienstag wegen Einsturzgefahr gesperrt und von der Polizei bewacht. Dort reihen sich Häuser aneinander, die durch die Flut zerstört wurden.

Nach der Rückkehr beginnt das Ausräumen

Hauswände sind teils abgerissen, in manchem Gebäude klafft ein meterhohes Loch. Statiker und Gutachter bewerteten am Dienstag, ob die Häuser noch bewohnbar sind. Während der Rest des Ortes aus der Evakuierung zurückgekehrt ist, mussten Bewohner der östlichen Seite des Bachs warten, ob sie zurück nach Hause dürfen.

Edith Kringels von der westlichen Seite der Orbachstraße darf zurück. Sie bewohnt die ehemalige Schule des Ortes, die um 1700 erbaut wurde. Schlamm, Geröll und umgeworfene Möbelstücke prägen hier das Bild. „Als am Mittwoch die Flut kam, wollten mein Mann und ich raus, aber das Wasser hat uns in die obere Etage getrieben. Wir haben noch versucht, die Tür mit Bettzeug abzudichten", doch diese wurde durch die Flut aufgerissen, wie man an der zerfetzten Türzarge sieht.

Alle unteren Räume sind durchtränkt von Schlamm, Schränke liegen quer auf dem Boden. „Dieses Sideboard wiegt drei Zentner, das hat die Flut einfach so herumgeschoben", erzählt Kringels. Ihre Tochter hilft beim Aufräumen, die beiden waren bei Kringels' Schwägerin in Bornheim untergekommen. Dort war lediglich der Keller vollgelaufen, man war dort also vergleichsweise glimpflich davon gekommen. Und schon wieder: Dankbarkeit, dass es einen nicht so hart getroffen hat wie andere. Edith Kringels: „Uns hier oberhalb des Bachs geht's noch gut."

Bewohner sehen erst nach der Evakuierung die Schäden an ihren Häusern

Das Ortsbild erinnert an eine Mischung aus Wildem Westen und Nachkriegsszenen: Überall liegt Erde, die Sparkasse in der Dorfmitte scheint einen privaten Strand vor der Haustür zu haben. Vor dem Ortseingang kontrolliert die Polizei die Ankömmlinge. Seit der Rückkehr aus der Evakuierung stauen sich Fahrzeuge auf den Straßen nach Odendorf, so Thomas Albers von der Bundespolizei. Seit Donnerstag sind die Beamten hier im Einsatz.

Sie brachten unter anderem schwere Räummaschinen mit, um die Straßen frei zu schaufeln. „Der Ort war bis Montag evakuiert, seit Dienstagnachmittag ist die Orbachstraße erst wieder freigegeben. Die Bewohner sehen jetzt erst die Schäden an ihren Häusern", so Albers. Ob manche Häuser überhaupt wieder bewohnbar werden, sei ungewiss. Zur Frage, ob Tote oder Vermisste im Ort zu beklagen sind, kann sich Albers nicht äußern. Das Sekretariat der Bürgermeisterin, welches diese Frage beantworten könnte, ist nicht zu erreichen. Die Stromversorgung fehlt, auch Handy-Empfang ist kaum vorhanden.

Beim Freischaufeln half auch ein 40-köpfiges Team aus Hausmeistern. Der Hausrat, der jetzt wohl als Sperrmüll zu bezeichnen ist, wird zu Sammelstellen am Ortseingang gebracht, wo er dann durch Bagger verladen und abtransportiert wird. Dort stehen die Autos mittlerweile in einer Schlange geparkt. Zahlreiche Helfer aus der Region sind angereist.

Vor allem das Ausräumen der Häuser stehe auf der Tagesordnung, so ein Helfer. Hunderte von Menschen tragen Schaufeln auf den Schultern, sitzen auf Lkw-Ladeflächen, tragen Eimer mit Schlamm und Möbel auf die Bürgersteige. Etwa alle hundert Meter ist ein Haufen zu sehen, bestehend aus allem, was mal Interieur war: Koffer, Tische, Spielsachen, Topfpflanzen, Röhrenfernseher.

Aus Köln reisten 400 Helfer an

Daniel Domann sorgt dafür, dass die vielen Helfer und Einwohner verköstigt werden. Als Mitglied des FC-Fanclubs „Kölsche Jungs" sowie von „Art Kultur" ist der Kölner nach eigenen Angaben mitsamt 400 Vereinsmitgliedern angereist. Diverse Gastronomen, Firmen und Brauereien spenden Essen und Getränke. „Es tut gut, zu helfen", so Domann. „Wir stehen hier, damit die Leute ab spätem Nachmittag etwas zu essen haben und bei Kölscher Musik ein Bier trinken können."

Auf dem Marktplatz des Ortes haben sich Einsatzkräfte und Helfer eingefunden. Manche sind seit sechs Uhr morgens zugange, schuften immer noch im Angesicht des baldigen Sonnenuntergangs. Ein junger Mann, der verloren auf einem Mäuerchen sitzt, wird von einem Landschaftsgärtner gefragt, ob bei ihm alles okay sei. Der junge Mann winkt dankend ab.

„Die Stimmung ist bedrückend, manchmal aber auch gut. Jeder hilft jedem", so die Bauernhof-Besitzerin. Damit ist das gemischte Stimmungsbild in Odendorf gut zusammengefasst.

Wir wollen wissen, was Sie denken: Der General-Anzeiger arbeitet dazu mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Wie die repräsentativen Umfragen funktionieren und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort